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Heimatgeschichte: Die Geschichte der Villa Musik und Kunst

Seit über sechs Jahren recherchiert der Frankfurter Eckhard Vogel über seine Zerbster Vorfahren.

Von Emily Engels 23.01.2017, 05:41

Zerbst l Es ist ein sonniger Nachmittag im Juli 2016. Eine große Gruppe von Menschen hat sich vor der Jeverschen Straße 42 zusammengefunden. Dass all diese Menschen an diesem Tag zusammengekommen sind, haben sie nicht zuletzt Eckhard Vogel zu verdanken. Der Frankfurter begann vor sechs Jahren, über seine Vorfahren in Zerbst zu recherchieren (Volksstimme berichtete). Dabei fand er nicht nur spannende Geschichten über Zerbst und die Gebäude der Stadt heraus, sondern kam auch in Kontakt mit weiteren Nachfahren von Ernst Pfannenberg, der das unter den Zerbstern als „Villa Musik und Kunst“ bekannte Gebäude einst gebaut hat.

Das Datum der Fertigstellung 1889 könnte man heute auf einem Stein oben auf der Nordseite der Villa-Außenwand lesen. Während seiner Recherchen, die ihn bereits 20 Mal innerhalb von sechs Jahren nach Zerbst zurückgeführt haben, hat Eckhard Vogel nach und nach Details über seine Familiengeschichte – und über Zerbst – herausgefunden.

„Eigentlich ist es eine tragische Geschichte von einem reichen Mann, der sich nach einer großen Familie gesehnt hat, jedoch noch vor der Geburt seines zweiten Kindes durch ein Unglück verstorben ist“, fasst der Nachfahre von Ernst Pfannenberg das zusammen, was er gleich ausführlich erzählen wird.

„Ernst Pfannenberg war seit 1876 zusammen mit seinem Bruder Herrmann Eigentümer der größten Zerbster Brauerei ‚Lorenz Pfannenberg Söhne‘ in der Innenstadt“, erzählt er weiter. Noch heute erinnert eine Gedenktafel des Heimatvereins an der Breiten Straße daran.

Das Grundstück in der Jeverschen Straße 42, der damaligen Bahnhofstraße 66, hat Ernst Pfannenberg 1987 gekauft und die Villa darauf bauen lassen, die als „Villa Musik und Kunst“ bekannt geworden ist.

„Der Bau der herrschaftlichen Villa war Ausdruck seiner Freude darüber, dass seine Frau, die Müllertochter Antonie Born, nach elfjähriger Ehe mit dem ersten Kind schwanger war.

Doch Frau und Kind starben 1887 bei der Geburt, bevor die Villa fertig gebaut war.

Zwei Jahre später heiratete Ernst Pfannenberg erneut: die Bankierstochter Antonie Gerisch. Er hatte mit ihr zwei Kinder. Am 30. Dezember, sechs Monate vor der Geburt seines zweiten Kindes, verunglückte Ernst Pfannenberg tödlich auf dem Brauereigelände und starb im Alter von 39 Jahren.

„Das zweite Kind, das Ernst Pfannenberg nie zu Gesicht bekam, war meine Großmutter Elsbeth Pfannenberg“, beschreibt Eckhard Vogel. Sie wuchs in der Villa auf und verließ sie erst 1910, als sie den herzoglichen Wasserbauinspektor Friedrich Vogel heiratete und mit ihm nach Dessau zog, fand Eckhard Vogel bei seinen Recherchen über die Familie heraus.

Das ältere Kind war Hans Pfannenberg. Er wurde Offizier und verstarb im Alter von 28. Jahren im 1. Weltkrieg in Frankreich.

Die Witwe Antonie Pfannenberg starb 1927 mit 64 Jahren. Nach ihrem Tod verkaufte ihre Tochter, die Großmutter von Eckhard Vogel, 1929 die Villa an den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. Johannes Meier. Dieser verkaufte die Villa 1941 an die Junkers Flugzeug- und Motorenwerke Ag in Dessau.

Die Junkers-Werke wurden nach dem Krieg enteignet. „Die ehemalige Pfannenberg-Villa wurde 1946 Eigentum des ‚Volkes‘ und zum Zerbster ‚Kreml‘ – und nach der Wende zur Villa Musik und Kunst“, beschreibt Eckhard Vogel weiter, was er über die Villa herausgefunden hat.

Ein Familientreffen der Nachfahren von Ernst Pfannenberg, wie es im Juli 2016 vor der Villa Musik und Kunst passierte, organisiert Eckhard Vogel immer mal wieder.

Da gibt es zum Beispiel die Tharans und Richters, die von der Familie Vogel abstammen und die Hädickes, die von den Pfannenbergs abstammen.

Wie er mit seinen Familienmitgliedern in Kontakt gekommen ist, sei jedes Mal eine Geschichte für sich. Diese Geschichten seien zwar nicht geheim, würden aber den Rahmen springen, so Eckhard Vogel.

Dass die Villa Musik und Kunst verkauft werden soll, findet Eckhard Vogel nicht weiter schlimm. „Sie steht ja schließlich unter Denkmalschutz“, sagt Vogel beruhigt.

Und egal, in wessen Hände die Villa gerät, die Geschichte, die er über die Villa und die Menschen, die in ihr gelebt haben, herausgefunden hat, kann ihm niemand mehr nehmen.