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DHB-Wart wird terrorisiert

Von Daniel Hübner 28.07.2014, 10:38

Halberstadt l Vor allem den zweiten Anschlag auf sein Auto wird Peter Rauchfuß "nie verzeihen". In der Nacht zum 13. Juli war sein direkt vor dem Halberstädter Tagungshotel "Spiegelsberge" geparkter Wagen angezündet worden, es war nur der Geistesgegenwart des Pförtners zu verdanken, dass das Feuer nicht aufs Hotel übergreifen konnte und Menschen zu Schaden kamen. Einen Reisebus mit 50 Senioren, "die im Hotel genächtigt haben", hatte Rauchfuß unter anderem ausgemacht. Nach dem Einsatz von zwei Löschfahrzeugen der Feuerwehr war sein Auto sogar fahrbereit - mit angesengten Reifen, wie sich später in der Werkstatt herausstellte.

Peter Rauchfuß ist Chemnitzer, er ist der Schiedsrichterwart des Deutschen Handballbundes (DHB), und er ist am Wochenende zurückgekehrt nach Halberstadt, wo er in diesem Jahr zweimal terrorisiert wurde. Schon im Januar hatten der oder die Täter die Reifen seines Autos zerstochen und einen Drohbrief an die Windschutzscheibe geklebt, der mit "Deine Schiedsrichter" unterschrieben wurde. Die Indizien dieses Vorfalls werden von der Staatsanwaltschaft Halberstadt und durch das Landeskriminalamt Magdeburg untersucht, zum Brandanschlag "sind wir am Anfang der Ermittlungen, wir warten auf die Analyse der Sachlage, müssen Zeugen vernehmen, auch den Geschädigten", sagte Uwe Becker, der Sprecher des Polizeireviers Harz, am Sonnabendmittag der Volksstimme. Noch am Abend wurden die Ermittlungen vorangetrieben: "Ich wurde um 17.50 Uhr von zwei Kriminalbeamten vernommen", teilte Rauchfuß am Sonntagmorgen der Volksstimme mit.

Rauchfuß hat in Halberstadt auch zum Zeitpunkt der Anschläge das gemacht, was er dort seit mehr als zehn Jahren mehrfach in der Saison erledigt: Er hat Schiedsrichter ausgebildet. "Ich werde meine Schiedsrichter nicht im Stich lassen, sie stehen auch absolut zu mir", betonte der 69-Jährige. Er wird im August wieder zum Lehrgang in den Vorharz einladen. "Darauf werden wir vorbereitet sein", deutete Polizeisprecher Becker Maßnahmen seiner Behörde an.

Viele Referees sind durch die Rauchfuß-Schule gegangen, nicht jeder hat den Sprung aufs große Parkett geschafft. Rauchfuß sagte nach den Anschlägen: "Ein gewisses Misstrauen geht damit einher, man wird vorsichtiger." Der hinterlassene Drohbrief offenbart nämlich ein konkretes Wissen, weshalb die Spur derzeit ins eigene Lager führt.

Rauchfuß, der in seiner Karriere unter anderem 326 Länderspiele leitete, wird in dem Brief vorgeworfen, Talente "vergrätzt zu haben", wie er es nannte. "Aber jeder Schiedsrichter muss mal Schimpf und Schande über sich ergehen lassen, wer das nicht kann, hat in der Spitze nichts zu suchen." Rauchfuß wird zudem zum Rücktritt vom Amt, in das er bis 2017 gewählt ist, aufgefordert. "Ich habe nie an Aufgabe gedacht", wiegelte er ab.

Und ihm wird nicht zuletzt die Mitschuld am Tod der Schiedsrichter-Zwillinge Methe gegeben: "Das kann ich nicht nachvollziehen. Diese Schuld werde ich nie auf mich laden."

Bernd und Reiner Methe sind am 11. November 2011 bei einem Autounfall tödlich verunglückt, sie waren auf dem Weg zum Bundesliga-Spiel der HSG Balingen-Weilstetten gegen den SC Magdeburg, das "sie auf eigenen Wunsch pfeifen wollten", erinnert sich Rauchfuß.

Die Methes hatten bei Mercedes gearbeitet in Stuttgart, knapp 70 Kilometer von Balingen entfernt. Am Tag nach dem Spiel wollten sie weiter nach Frankfurt/Main, um 16 Uhr sollten sie mit dem Flieger zum internationalen Einsatz nach Ljubljana (Slowenien) aufbrechen. "Damals war gerade die Diskussion um die Terminhatz zwischen DHB und EHF entbrannt", erinnert sich Rauchfuß, später in der Saison sollte auch Bennet Wiegert vom SCM die Belastung als "Raubbau am Körper" bezeichnen. Rauchfuß: "Es ist seitdem noch schlimmer geworden."

Deshalb wünscht sich Rauchfuß für seine Referees mehr Rücksicht durch den Europäischen Verband (EHF), eine bessere Absprache mit dem DHB bei der Gestaltung des Saisonplans. Aber noch mehr wünscht er sich derzeit, "dass der Täter so schnell wie möglich gefasst wird".