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Urteil: Abschiebehäftlinge dürfen nicht ins Gefängnis

17.07.2014, 15:39

Luxemburg/Berlin - Abschiebehäftlinge dürfen bis zu ihrer Ausreise aus Deutschland nicht in Gefängnissen untergebracht werden, sondern nur in speziell dafür vorgesehenen Einrichtungen. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschieden.

Sollte ein Bundesland nicht über derartige Einrichtungen verfügen, müssten die Betroffenen in eine solche in einem anderen Land gebracht werden. Die Praxis mehrerer Länder, die Menschen in diesem Fall in einem Gefängnis mit Straftätern unterzubringen, verstoße gegen EU-Richtlinien, urteilten die Richter.

Konkret ging es um drei in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen anhängige Fälle (Rechtssachen C-473/13, C-514/13, C-474/13). Der Bundesgerichtshof und das Landgericht München I ersuchten den EuGH um Prüfung. Der betonte nun, das Gebot der Trennung "illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger" von gewöhnlichen Strafgefangenen gelte ohne Ausnahme und garantiere die Wahrung der Rechte der Ausländer.

Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl sowie die Diakonie forderten nach dem Urteil einen sofortigen Stopp der Flüchtlingsunterbringung in Strafhaft, die in etwa der Hälfte der Bundesländer üblich ist. Wie die Verbände verlangten auch Linke und Grüne, das Instrument der Abschiebehaft grundlegend auf den Prüfstand zu stellen. "Flüchtlinge sind keine Verbrecher und dürfen auch nicht so behandelt werden", erklärte die Grünen-Vorsitzende Simone Peter.

Aus den Ländern hieß es, das Urteil werde geprüft. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) kündigte an, Kooperationen mit anderen Bundesländern auszuloten. Hamburgs Innenbehörde erklärte: "Wir werden eine Lösung finden, die dem Urteil gerecht wird." Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) sagte, es sei gut, dass in dieser wichtigen Rechtsfrage jetzt Klarheit herrsche.

In Deutschland ist der Vollzug der Abschiebehaft Ländersache. Nach Angaben von Pro Asyl gibt es in acht Bundesländern spezielle Einrichtungen für die Unterbringung. In Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen würden Abschiebehäftlinge hingegen in normalen Justizvollzugsanstalten untergebracht, Sachsen bringe Betroffene in andere Länder. Bayern hat seit Ende 2013 eine eigene Einrichtung.

In Abschiebehaft kommen Menschen, die etwa nach illegaler Einreise oder abgelehnten Asylanträgen zur Ausreise verpflichtet sind. Ihre Zahl war zuletzt rückläufig. Nach Angaben der Bundesregierung waren es 2008 rund 8800, 2010 etwa 7500 und 2011 gut 6400 Ausländer. Aktuellere bundesweite Zahlen gibt es laut Pro Asyl nicht.