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Merkel will mit geringerem Rentenbeitrag Konjunktur ankurbeln

04.11.2014, 06:15

Berlin - Mit sinkenden Rentenbeiträgen, mehr Geld für die Infrastruktur und möglichst wenig Gängelungen der Wirtschaft will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die schwache Konjunktur stützen. Den Ruf der Arbeitgeber nach einer Streichung weiterer Regulierungspläne lehnte Merkel aber ab.

Auf dem Arbeitgebertag wies sie Forderungen zurück, etwa den Plan für eine Frauenquote in Aufsichtsräten fallenzulassen. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer verlangte: "Wir brauchen für den Rest dieser Legislaturperiode ein Belastungsmoratorium."

Wie bereits Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kündigte nun auch Merkel an: "Wir werden die Spielräume, die wir jetzt wahrscheinlich haben in der Rentenversicherung, nutzen, um den Beitrag zu senken." Derzeit beträgt er 18,9 Prozent. Seit Wochen spekulieren Beobachter über eine Senkung um 0,2 oder 0,3 Punkte. Merkel meinte, so ein Schritt sei wichtig für die Konjunktur.

Bei den von der Koalition geplanten flexibleren Renten-Übergängen wandte sich Merkel gegen eine Teilrente ab 60. "Das sehe ich nicht." Die Kanzlerin versicherte auch, "dass ich einer Anti-Stress-Verordnung sehr skeptisch bis ablehnend gegenüberstehe". Betriebliche Lösungen müssten greifen.

Merkel kündigte an, sich für mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur als bereits geplant einsetzen zu wollen. Aber: "Die Investitionen () sollten nicht auf Pump erfolgen." Über die bis 2017 geplanten sieben Milliarden Euro Staatsgeld hinaus seien private Investitionen nötig. Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wandte sich gegen Konjunkturprogramme über Schulden.

Deutschlands Arbeitgeber forderten die Streichung sämtlicher Reformpläne, die die Wirtschaft belasten. "Das gäbe wieder einen Schub für Investitionen und Wachstum in unserem Land", sagte Kramer. Die Abschwächung der Konjunktur - die Prognosen wurden im Herbst drastisch gesenkt - habe neben den globalen Krisen und der schleppenden Wirtschaftsentwicklung in der EU auch etwa die Rente mit 63 oder den Mindestlohn als Ursache.

Während Merkel darauf nicht einging, wies Gabriel die Kritik zurück. Er machte den Arbeitgebern deutlich, "dass wir nicht nach einem Kurswechsel in der Sozialpolitik rufen müssen". Deutschland sei auf Wachstumskurs. Er sorge sich, "dass zu schnell das Rezessionsgerede beginnt". Merkel sagte: "Wir haben eine gute Aussicht, erstmals an die Grenze von 43 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland heranzukommen."

Konkret wies Merkel Forderungen zur Frauenquote und Werkverträgen zurück. Der Entwurf für mehr Frauen in Aufsichtsräten werde kommen, sagte Merkel. In Jahren der Selbstverpflichtung sei die Wirtschaft hier nur bedächtig vorangekommen.

Zugleich kündigte sie an, dass Werkverträge für die Beauftragung von Fremdfirmen zwar wichtig blieben, es aber "Präzisierungen" brauche. Informationsrechte für Betriebsräte müssten gestärkt werden. Merkel versprach zugleich: "Wir werden über das, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, nicht hinausgehen."

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte, Sparen und Investieren müssten Hand in Hand gehen. "Stabilitätspolitik erlaubt beides." Er bekräftigte, es solle eine Entlastung der Steuerzahler bei der kalten Progression geben.

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger warf der Bundesregierung vor, zur Eintrübung der wirtschaftlichen Stimmung etwa mit ihrem Rentenpaket beigetragen zu haben. Der für digitale Wirtschaft zuständige Kommissar forderte Deutschland und Europa zur digitalen Aufholjagd gegenüber Kalifornien und Japan auf und warf Deutschland eine "Stillstandskultur" vor.

Beim Thema Tarifeinheit herrschte Einigkeit: Angesichts der Streiks der Lokführer zeigte sich Arbeitgeberpräsident Kramer erleichtert über die Regierungspläne. Merkel kündigte an, dass sich das Kabinett bald mit dem Thema befassen werde.