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Trotz Rückgangs droht neuer Anstieg Weniger Pleiten in Sachsen-Anhalt

Die robuste Konjunktur hat zu einem Rückgang der Firmen-Insolvenzen in Sachsen-Anhalt geführt. Doch wegen der Ukraine-Krise und dem Mindestlohn droht eine neue Pleitewelle.

21.03.2015, 01:24

Magdeburg l Die Amtsgerichte in Sachsen-Anhalt haben dem Statistischen Bundesamt im vergangenen Jahr deutlich weniger Firmen-Insolvenzen gemeldet. Die Zahl sank um 19,1 Prozent auf 573 und damit auf den niedrigsten Stand seit mehr als 15 Jahren. "Der Hauptgrund dafür ist die gute wirtschaftliche Entwicklung", erklärte Robin Baake, Sprecher des Wirtschaftsministeriums, auf Volksstimme-Anfrage.

Bäckereien kämpfen ums Überleben

Der Rückgang ist im Bundesvergleich sogar am größten ausgefallen, deutschlandweit registrierten die Statistiker nur ein Minus von 7,3 Prozent. Ein Stück weit ist das aber auch ein ausgleichender Effekt, da die Firmen-Insolvenzen in Sachsen-Anhalt 2013 überdurchschnittlich stark und entgegen dem Bundestrend um 7,8 Prozent gestiegen waren.

Für 2015 rechnen Experten bereits wieder mit mehr Firmen-Pleiten. Einer von ihnen ist Lucas Flöther. Der Insolvenzverwalter aus Halle hatte im vergangenen Jahr unter anderem das Verfahren bei den Mitteldeutschen Fahrradwerken in Sangerhausen geleitet und mit dem Verkauf des Unternehmens rund 600 Jobs gerettet. "Die positiven Zahlen sind nur eine Momentaufnahme", warnt Flöther. In diesem Jahr könnten deutlich mehr Firmen pleite gehen.

Ein Grund sei die Einführung des Mindestlohns. "Die Lohnuntergrenze trifft einige Branchen in Sachsen-Anhalt hart, Großbäckereien und Metzgereien etwa kämpfen ums Überleben", so Flöther. Oftmals würde es den Unternehmen nicht gelingen, höhere Lohnkosten über Preissteigerungen auszugleichen. "Die Unternehmen fahren dann Verluste ein, bis sie ihre finanziellen Rücklagen aufgebraucht haben."

Die Bundesagentur für Arbeit hat zwar seit der Einführung des Mindestlohns im Januar keinen überdurchschnittlich starken Anstieg der Arbeitslosigkeit registriert, doch das könnte sich ändern, warnt der Insolvenz-Experte. "Die Unternehmen melden nicht alle auf einmal Insolvenz an, sondern versuchen, irgendwie doch noch über die Runden zu kommen", erklärt Flöther. Deshalb sei erst nach und nach mit mindestlohnbedingten Pleiten zu rechnen.

Absatzmärkte im Osten brechen weg

Neben der umstrittenen Lohn- untergrenze könnte sich zudem die Ukraine-Krise negativ auswirken. "Es gibt einige Unternehmen in Sachsen-Anhalt, die massiv zu kämpfen haben, weil sie ihre Produkte wegen der Sanktionen und dem schwachen Rubel-Kurs nicht mehr exportieren können." Und kurzfristig neue Absatzmärkte zu erschließen, sei schwer, betont Flöther. "Im Zweifelsfall müssen neue Maschinen angeschafft und neue Aufträge auch erst einmal an Land gezogen werden - das kostet viel Geld und das haben angeschlagene Firmen häufig nicht."

Weniger Insolvenzen bei Privatpersonen

Flöther betont, dass eine Insolvenz nicht gleich das Ende für ein Unternehmen bedeuten muss. "Wer frühzeitig ein Schutzschirmverfahren einleitet, kann seine Firma auch retten." Insbesondere kleine Firmen würden aber noch zu selten die Möglichkeiten im Insolvenzrecht nutzen. "Viele ziehen die Reißleine erst, wenn sie Löhne nicht mehr auszahlen können - da ist es dann meist zu spät."

Neben den Firmen-Pleiten ist auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen in Sachsen-Anhalt gesunken. Sie sank um 20 Prozent auf 2794. Auch Selbstständige sind im vergangenen Jahr nicht mehr so oft in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Zahl der gemeldeten Insolvenzen sank hier - wenn auch nur leicht - um 8,6 Prozent auf 581.