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Organspende Wenn Herz, Leber oder Nieren versagen

Es kann jeden Bürger zu jeder Zeit treffen. Eine schwere Infektion und das Herz, die Leber oder ein anderes Organ versagt. Langfristig helfen können dann nur noch Spenderorgane.

Von Uwe Seidenfaden 06.06.2015, 03:23

Magdeburg l Herz, Lunge, Leber, Bauchspeicheldrüse, Dünndarm und Nieren sind die Organe, die für lebenswichtige Organtransplantationen benötigt werden. Voraussetzung für die Transplanation ist der Hirntod und die Einwilligung des Organspenders bzw. seiner Angehörigen.

Mit Ausnahme der Niere und der Leber können alle anderen, lebenswichtigen Organe und Gewebe nur nach dem Tod eines Menschen übertragen werden. Medizinische Voraussetzung dafür ist, dass die Zell-Zerfallsprozesse noch nicht weit fortgeschritten sind. Sie beginnen mit dem Hirntod.

Strengere Richtlinie für Hirntod-Diagnostik

Im Unterschied zum Hirntod sind bei einer Bewußtlosigkeit (Koma) nur Teile des Gehirns betroffen. Der Unterschied ist von Laien leider kaum zu bemerken. Menschen, die Abschied von einem hirntoten Angehörigen nehmen, empfinden mutmaßliche Lebenszeichen wie Atmung, Körperwärme und unwillkürliche Bewegungen von Fingern und Händen meist irritierend.

"Ob ein Patient in einem prinzipiell noch reversiblen Koma liegt oder alle Hirnaktivitäten erloschen sind, lässt sich medizinisch sehr zuverlässig diagnostizieren", sagt Dr. Stefan Zacharias, Transplantationsbeauftragter des Magdeburger Uniklinikums. Festgestellt wird der Hirntod derzeit von zwei Ärzten mit intensivmedizinischer Erfahrung. Sie untersuchen unabhängig voneinander den Patienten und sind auch nicht an der Organtransplantation beteiligt.

Die überarbeitete Richtlinie der Bundesärztekammer sieht zukünftig vor, dass mindestens einer der an der Hirntod-Diagnostik beteiligten Mediziner ein Facharzt für Neurologie oder Neurochirurgie sein muss. Bei Kindern im Alter bis zu 14 Jahren muss mindestens ein Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin an der Hirntod-Diagnostik teilnehmen.

Narkose nach Hirntod ist unnötig

Mit dem Hirntod erlischt auch die Fähigkeit, Schmerzen wahrzunehmen. Deshalb werden während der Organentnahme an Hirntoten keine Schmerzmittel, aber Medikamente zur Entspannung der Muskeln und Regulierung der Herzfrequenz sowie des Blutdrucks verabreicht. Diese Reaktionen haben ihren Ursprung in nervlichen Aktivitäten des Rückenmarks und sind nicht mit Erleben durch den Hirntoten verbunden.

Viele Neurologen halten deshalb eine Narkose nach Hirntod-Feststellung für unnötig. "Dennoch können Organspender den Wunsch nach einer Betäubung im Fall des körperlichen Eingriffs auf dem Organspendeausweis vermerken", so Dr. Susanne Venhaus von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) in Frankfurt. Ungeachtet dessen ist bei der Organentnahme immer ein Anästhesist dabei, der vegetative Kreislauf-Reaktionen bis zur Organ-Entnahme überwacht.

Da bislang nur relativ wenige Bundesbürger zu Lebzeiten eine schriftlich dokumentierte Entscheidung zur Organspende getroffen haben, werden in vielen Fällen die Angehörigen um eine Entscheidung nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen gebeten.

Wenig Zeit, um über Organspende zu entscheiden

"Für alle Beteiligten ist das eine schwierige und emotional belastende Situation", so Dr. Zacharias. Einerseits sollten die Angehörigen sich für die Entscheidung ausreichend Zeit zum Nachdenken lassen. Andererseits werden nach der Hirntod-Feststellung nur noch Behandlungen durchgeführt, die dem Erhalt der Organe bis zur Spende dienen. Den Hinterbliebenen bleibt nach Feststellung des Hirntodes nur ein kurzes Zeitfenster, um über die Organspende zu entscheiden.

Deshalb sollte jeder Bürger auf einem Organspendeausweis vermerken, ob man nach dem Tod als Spender zur Verfügung steht. Wer dem uneingeschränkt zustimmt, willigt damit auch in die Entnahme von Geweben ein.

Das betrifft u. a. die Augenhornhäute, die Gehörknöchelchen und Herzklappen, die äußere Eihülle der mütterlichen Plazenta (Amnion), Haut, Sehnen und Knochen. Im Unterschied zur Organspende wird die Gewebespende nicht zentral durch die DSO (Eurotransplant) koordiniert, sondern vielmehr durch verschiedene Gewebebanken. Gewebespenden sind noch bis zu drei Tagen nach der Todesfeststellung verwendbar. Die vorherige Diagnose des Hirntodes ist nicht erforderlich. Kommerzieller Handel darf mit den Geweben nicht betrieben werden. Davon ausgenommen sind Arzneimittel, die aus Geweben hergestellt wurden.

Der Organspendeausweis sollte immer bei den persönlichen Papieren mitgeführt werden. Das Dokument dient Ärzten als wichtiger Hinweis auf den Willen eines hirntoten Patienten. "Er steht auch nicht im Widerspruch zu einer Patientenverfügung", sagt der Anästhesist Dr. med. Zacharias, denn die Patientenverfügung bezieht sich auf Wünsche zu lebenserhaltenden Intensivmaßnahmen am Ende des Lebens und nicht nach der Feststellung des Todes.

Wer privat versichert ist, hat keine Vorteile

Falls man selbst ein Spenderorgan oder -gewebe benötigt, spielt es für die Aufnahme in die Warteliste übrigens keine Rolle, ob derjenige privat oder gesetzlich krankenversichert ist. Die Organvergabe erfolgt nach medizinischer Dringlichkeit. Den Organspendeausweis kann man bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Köln bestellen (Maarweg 149-161, 50825 Köln) oder im Internet herunterladen. Der Inhaber kann seine Meinung auch später noch ändern. Montags bis freitags, zwischen 9 und 18 Uhr, erteilen DSO-Berater weitere Auskünfte unter (0800) 90 40 400.

Mehr Informationen gibt es hier.