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Rechtsruck AfD verliert scharenweise Mitglieder

Sachsen-Anhalts Landeschef Poggenburg nennt Abgang von Parteigründer Lucke einen Gewinn: "Er war nicht bereit für eine Alternative".

11.07.2015, 01:04

Berlin (dpa/he) | Die Alternative für Deutschland hat seit der Wahl ihres neuen Vorstands zehn Prozent ihrer 21000 Mitglieder verloren. Weitere Austritte in den nächsten Tagen seien zu erwarten, teilte die neue AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry am Freitag in Berlin mit. Sie sagte: "Wir haben von Anfang an damit gerechnet, dass wir 20 Prozent der Mitglieder verlieren könnten." Der Parteitag am vergangenen Wochenende in Essen sei trotz des Mitgliederschwunds "ein Befreiungsschlag" gewesen.

In Sachsen-Anhalt gibt es nach Angaben von Landeschef André Poggenburg 320 Mitglieder. Lediglich elf hätten sich seit dem Parteitag verabschiedet, sechs seien eingetreten.

Petry trat erneut der Darstellung entgegen, die Partei sei mit der in Essen gewählten neuen Führungsmannschaft stärker nach rechts gerückt. Auf die Frage, ob sie für alle Angehörigen des neuen Bundesvorstandes ihre Hand ins Feuer legen würde, sagte sie: "Der Bundesvorstand wird sich als Team noch zusammenraufen müssen." An den politischen Leitlinien der Partei von 2013 habe sich aber nichts geändert.

Lediglich in der Frage, wie sich die Europäische Union entwickeln solle, habe der neue Vorstand etwas andere Vorstellungen als die alte Parteiführung. Die AfD sei in Sachen EU-Reform näher an der britischen Regierung als an der Bundesregierung. Zu den Spekulationen über die Neugründung einer Partei durch den ausgetretenen AfD-Gründer Bernd Lucke und andere Mitglieder des Vereins "Weckruf 2015" sagte sie, dann "sind wir das Original und die Weckruf-Partei ist die Kopie".

Sachsen-Anhalts Landeschef Poggenburg, der auch dem neuen Bundesvorstand angehört, nannte den Austritt von Lucke unter dem Strich einen Gewinn. "Er war nicht wirklich bereit für eine Alternative." Der neue Bundesvorstand sei keineswegs gleichgeschaltet, er teile aber einen gemeinsamen Grundkonsens.

Lucke und seine Mitstreiter haben noch nicht entschieden, ob sie eine neue Partei gründen wollen. Lucke sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Sollte es dazu kommen, dann hätten wir schon einige Zusagen, um zum Beispiel Wahlkämpfe in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zu finanzieren." Die Stimmung unter den ausgeschiedenen AfD-Mitgliedern sei hervorragend. "Das hätte ich gar nicht erwartet", sagte Lucke. Er persönlich sei bedrückt über die fremdenfeindlichen Töne, die von der AfD inzwischen angeschlagen würden, fügte er hinzu. Und: "Ich fühle mich schon ein bisschen verantwortlich für das, was ich in Gang gesetzt habe, aber ich habe zumindest bis zuletzt versucht, dagegen anzukämpfen."

Auf dem Mitgliederparteitag hatte Petry rund 60 Prozent der Stimmen erhalten und damit ihren liberal-konservativen Rivalen Lucke aus dem Feld geschlagen. Unter den AfD-Mitgliedern, die seither ihren Austritt angekündigt oder schon vollzogen haben, sind mehrere Landtags-, Stadtrats- und Kreistagsabgeordnete sowie fünf Abgeordnete des Europäischen Parlaments. Sie alle wollen zunächst als Parteilose weitermachen.