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Wie das Treffen mit Kims Berliner Statthalter zustande kam

06.02.2014, 01:18

Mitte Januar reiste Ri Si-Hong zu einer Botschafterkonferenz von Berlin nach Pjöngjang. Es ist unklar geblieben, ob Nordkorea seine Diplomaten seinerzeit alle nach Hause beorderte, um die Säuberungen auch unter ihnen fortzusetzen. Denn im Dezember des vergangenen Jahres war der Onkel des derzeitigen Machthabers Kim Jong-un, Jang Song-Thaek, hingerichtet worden - mitsamt etlicher "Komplizen" und angeblich auch seiner kompletten Familie.

Ri aber kehrte wohlbehalten zurück nach Berlin, mit einem ungewöhnlichen Auftrag im Gepäck. Er sollte ein Interview geben. Für die "Entspannungsinitiative" des "Nationalen Verteidigungskomitees" und gegen die bevorstehenden südkoreanisch-amerikanischen Frühjahrsmanöver.

Ri Si-Hong wurde damit Teil einer "Charmeoffensive", die freilich nach Einschätzung von Beobachtern womöglich nur als Vorwand für umso schärfere militärische Drohgebärden herhalten muss, falls das Manöver trotzdem stattfindet. Auch die nordkoreanischen Botschafter in London und Peking gaben letzte Woche schon Interviews.

Ri Si-Hong suchte nun von sich aus zum ersten Mal den Kontakt zur deutschen Presse. Nur einmal war bisher über ihn berichtet worden - als er in Berlin an der Havel ohne Angelschein angelte und dabei erwischt wurde. Aktuelle Fotos von ihm gab es nicht.

Das Wort "Diktatur" durfte nicht vorkommen

Die Botschaft machte in den Vorgesprächen zur Bedingung, dass nur Fragen zum Vorstoß des Verteidigungskomitees gestellt werden dürften und dass Worte wie "Diktatur" oder "isoliertes Land" nicht vorkommen dürften. Außerdem seien die Fragen vorher schriftlich einzureichen.

Allerdings war der Gesprächsverlauf dann viel freier und der Botschafter gab sich entspannt. Sein sehr gut deutsch sprechender Stellvertreter übersetzte - korrekt, wie ein externer Dolmetscher anhand des Tonbands hinterher feststellte. Auf eine Prüfung des aufgeschriebenen Interviews verzichtete Ri. Er vertraue der Presse.

Das Treffen fand in der Botschaft im Berliner Stadtzentrum statt. Zu DDR-Zeiten arbeiteten hier mehr als 100 Diplomaten, jetzt nur noch 15. Einen Teil des Komplexes hat Nordkorea an ein stark frequentiertes Hotel für Rucksacktouristen vermietet.

An den Wänden des Empfangszimmers der Mission hängen Bilder des "großen Führers" Kim Il-Sung und des "geliebten Führers" Kim Jong-Il, Großvater und Vater des jetzigen Machthabers.

Der Botschafter und sein Stellvertreter trugen diese Köpfe auch als Anstecker an ihren Revers. Kim Jong-un, so war zu erfahren, hat diese Art des Personenkults für sich verboten. Noch. (wk/vet)