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Staatsfinanzen Spanien wird das nächste Sorgenkind Europas

08.02.2010, 05:19

Z: Magdeburg ZS: MD PZ: Magdeburg PZS: MD Prio: höchste Priorität IssueDate: 07.02.2010 23:00:00


Von Hubert Kahl

Spanien ist dabei, nach Griechenland das nächste Sorgenkind in der Europäischen Union zu werden. Namhafte Experten meinen gar, von der Krise der spanischen Wirtschaft und Finanzen gehe eine viel größere Gefahr für die Stabilität der Euro-Zone aus als von Griechenland. "Der eigentliche Brandherd ist nicht Griechenland, sondern Spanien", betonte der Ökonomie-Nobelpreisträger Paul Krugman in seinem Blog für die "New York Times". Die Wirtschaftszeitung "Financial Times" sieht dies ähnlich: "In Spanien bahnt sich ein potenziell viel größeres Drama an."

Zwar hat die spanische Staatsverschuldung – anders als die griechische – noch nicht ein solches Ausmaß erreicht, dass die Madrider Finanzen unter EU-Aufsicht gestellt werden müssten. Aber die potenziellen Gefahren sind größer, weil die spanische Wirtschaft viereinhalbmal so groß ist wie die griechische. Spanien wird nach den Prognosen des Weltwährungsfonds (IWF) als einziges größeres Land in der EU 2010 kein Wachstum erzielen. Die Arbeitslosenzahl stieg auf eine historische Rekordhöhe von über vier Millionen.

Besonders bitter für die sozialistische Regierung von José Luis Rodríguez Zapatero ist, dass sogar der EU-Währungskommissar Joaquín Almunia – ein Parteigenosse des spanischen Ministerpräsidenten – Spanien praktisch auf eine Stufe stellte mit Sorgenkindern wie Portugal oder Griechenland. "Diese Länder haben trotz unterschiedlicher Ausgangsbedingungen ähnliche Probleme", sagte Almunia. "Ihre Volkswirtschaften verlieren seit Beginn der Währungsunion permanent an Wettbewerbsfähigkeit. Außerdem weisen diese Staaten ein beträchtliches Haushaltsdefizit auf."

Die spanische Wirtschafts- und Finanzministerin Elena Salgado hielt den EU-Kommissar verärgert entgegen, seine Äußerungen seien "unbedacht". Die Lage in Spanien habe nichts mit der in Griechenland zu tun.

Reformplan wurde zur Blamage

Um die Skeptiker in der EU zu beschwichtigen, hatte die Zapatero-Regierung in Brüssel einen Spar- und Reformplan vorgelegt. Damit will Madrid bis 2013 rund 50 Milliarden Euro einsparen und das Haushaltsdefizit von zuletzt 11,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf die zulässige Obergrenze von 3,0 Prozent zurückschrauben.

Das Vorhaben geriet jedoch zu einer Blamage. Die Regierung musste ihren Sparplan wenige Stunden nach der Vorlage in Brüssel korrigieren. In dem Papier waren Kürzungen bei den Renten angekündigt, die bei den Spaniern einen Sturm der Entrüstung auslösten. Daraufhin ließ Madrid die entsprechende Passage wieder rasch aus dem Plan streichen.

Das Hin und Her fügte dem Image der Regierung schweren Schaden zu. "Wir haben es hier mit einem unglaublichen Pfuschwerk zu tun", schrieb die Zeitung "El Mundo". "Spaniens Ansehen sinkt von Tag zu Tag." Das Wirtschaftsblatt "Cinco Días" ergänzte: "Die Regierung improvisiert mit Plänen herum, an die sie selbst nicht glaubt." Die Opposition der konservativen Volkspartei (PP) erwägt einen Misstrauensantrag im Parlament. In den Gewerkschaften werden an der Basis Rufe nach einem Generalstreik als Protest gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung lauter. Zapateros konservativer Vorgänger José María Aznar legte seinem Nachfolger zur Last: "Nie zuvor hat jemand dem Land in so kurzer Zeit so viel Schaden zugefügt." (dpa)