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Jährlich 12000 Einsätze im Jerichower Land / Neue Standorte entstehen in Möckern und Möser, Loburg wird aufgelöst Rettungsdienst bleibt bis 2022 beim DRK

Von Falk Heidel 16.07.2014, 03:17

Mit Blaulicht und Sirene: Wenn bei einem Unfall der Rettungswagen kommt, trägt der Transporter nach wie vor die drei großen Buchstaben - DRK. Das Deutsche Rote Kreuz hat die Konzession für weitere acht Jahre erhalten.

Burg/Genthin/Möckern l Obwohl der Anbieter derselbe bleibt, ändern sich viele Details im Rettungswesen des Jerichower Landes. Die Volksstimme hat alle wichtigen Antworten zusammengetragen.

1 Gibt es außer dem DRK weitere Anbieter, die sich um den Rettungsdienst im Jerichower Land beworben haben?

Ja. Angebote abgegeben hatten eine Bietergemeinschaft aus Magdeburg. Das ist ein Zusammenschluss von Johanniter, Malteser und Arbeiter Samariter Bund. Ein weiteres Angebot kam von einem privaten Anbieter aus Dänemark namens Falck. Seit knapp drei Wochen hat das DRK den Zuschlag, die 14-tägige Einspruchsfrist ist damit abgelaufen. DRK-Geschäftsführer Frank-Michael Ruth: "Das Abwarten bis der Zuschlag endlich kam, war eine Zitterpartie. Jetzt beginnt für uns eine neue Zeit mit vielen Herausforderungen."

2Konzession klingt neu. Früher handelte es sich um Ausschreibungen, warum die Änderung?

Grundlage ist das neue Rettungsdienstgesetz in Sachsen-Anhalt, das vom Landtag im Dezember 2012 beschlossen wurde. An dessen Erarbeitung beteiligt war der Burger CDU-Abgeordnete Markus Kurze. Der sagte zur Volksstimme: "Mit dem neuen Gesetz geht es nicht mehr darum, den billigsten Anbieter auszuwählen, sondern den mit dem besten Gesamtpaket." Und: "Mit dem neuen Gesetz gibt es endlich rechtssichere Verträge."

3Wie lange gilt die Konzession für das Deutsche Rote Kreuz?

Das DRK kann für die kommenden acht Jahre planen, die Konzession gilt vom 1. Januar 2015 bis Ende 2022. Danach hat der Kreistag die Entscheidungshoheit. Markus Kurze: "Der Kreistag kann danach eine neue Ausschreibung auf den Weg bringen, muss es aber nicht."

4 Ist das neue Rettungsdienstgesetz unumstritten?

Im Gegenteil. Es gibt eine Klage des Anbieters Falck gegen dieses Gesetz beim Verwaltungsgericht Magdeburg. Dabei hat das Unternehmen exemplarisch die Vergabe im Jerichower Land als Gegenstand der Klage ausgewählt. Grund: Das Jerichower Land gehört mit Wittenberg zu den ersten in Sachsen-Anhalt, die mit solchen Konzessionen arbeiten. Markus Kurze verteidigt das Gesetz: "Es ging uns auch darum, Lohndumping zu vermeiden." Falck ist eine in Skandinavien ansässige Organisation mit Aktivitäten in den meisten Teilen Europas sowie auf vier anderen Kontinenten. Das Unternehmen ist eigenen Angaben zufolge der größte private Rettungsdienstleister Europas, mit Diensten auch in den Vereinigten Staaten sowie Lateinamerika. Falck betreibt in derzeit 14 Ländern Unfall- und Rettungsdienste. Reden wollte das Unternehmen gestern nicht. Firmen-Sprecher Christoph Lippay zur Volksstimme: "Es handelt sich um ein schwebendes Verfahren, zu dem wir uns momentan nicht äußern möchten." CDU-Mann Kurze sagt zum Thema Klage: "Ich sehe das gelassen. Zumal uns die EU-Kommission in einer Stellungnahme bestätigt hat."

5 Zurück ins Jerichower Land. Welchen finanziellen Wert hat der Rettungsdienst im Landkreis?

Laut DRK-Geschäftsführer Ruth entstehen mit allem Drum und Dran innerhalb von zwölf Monaten Kosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro. Dabei ist das Rote Kreuz der Leistungserbringer, abgerechnet wird unter anderem mit dem Landkreis, den Krankenkassen (Rettungsdienst) und der Kassenärztlichen Vereinigung (Notarzteinsätze). Für den Rettungsdienst des DRK sind derzeit 65 Mitarbeiter beschäftigt. Insgesamt investiert das Rote Kreuz mit der neuen Konzession mehr als 700000 Euro. Unter anderem in ein neues Fahrzeug für den sogenannten qualifizierten Krankentransport. Hier ist im Gegensatz zum herkömmlichen Rettungswagen ein Sanitäter und ein Rettungsassistent an Bord. Im Schnitt hat ein solches Auto täglich fünf, sechs Einsatzfahrten für komplizierte Fälle.

6 Wie viele Rettungsdiensteinsätze entstehen pro Jahr?

Im vergangenen Jahr waren es Ruth zufolge etwa 12000 Einsätze mit den Rettungswagen und teilweise mit Notarzt. Pro Einsatz mit der kompletten Ausstattung entstehen durchschnittlich Kosten in Höhe von 500 Euro. Wobei natürlich die Entfernung vom Einsatzstandort eine Rolle spielt. Nach wie vor gilt, dass der Rettungswagen innerhalb von zwölf Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort sein muss.

7 Aktuell gibt es fünf Rettungsdienst-Standorte in Burg, Genthin, Loburg, Hohenseeden und Gommern. Was ändert sich?

Eine ganze Menge! Der Loburger Standort wird zum Jahreswechsel nach Möckern verlegt. Ein sechster Standort entsteht gleichzeitig in Möser. Dort wird für etwa 240000 Euro ein Container-Fertigbau entstehen. Rettungsdienst-Einsatzleiter Jörg Stumph sagt: "Der neue Standort an der Gemeindeverwaltung mit Medikamentenraum, Garage und Ruheraum wird allen heutigen Anforderungen gerecht." Der neue Standort in Möckern entsteht auf einem Betriebsgelände im Gewerbegebiet. Geschäftsführer Ruth: "Wir mieten diese Räume an, haben extra darauf geachtet, dass wir uns mit den nächtlichen Sirenen nicht im Wohngebiet ansiedeln." Der Wechsel von Loburg nach Möckern wird in der Silvesternacht vollzogen. Das Gebäude des Loburger Standorts ist gemietet, der Vertrag läuft zum Jahresende aus.

8Ist die Aufteilung der Rettungsdienst-Standorte im Landkreis ab nächstem Jahr optimal?

"Aus meiner Sicht sind die Änderungen ein Schritt in die richtige Richtung, aber ideal ist die Aufteilung noch nicht", meint Frank-Michael Ruth. Aus seiner Sicht müsste der Hohenseedener Standort in Richtung Parey/Jerichow verlegt werden. Und ein siebter Standort müsste in Theeßen/Drewitz entstehen.

9 Warum wollen die lokalen Größen hier im Landkreis einen privaten Anbieter verhindern?

Kurze und Ruth begründen dies mit dem Katastrophenschutz, der unter anderem beim Hochwasser zum Tragen kam. Dieser Katastrophenschutz ist nämlich nicht Bestandteil der Konzession, wird im Jerichower Land vom Roten Kreuz auf ehrenamtlicher Basis organisiert. Würde ein privater Anbieter wie Falck den Zuschlag vom Landkreis bekommen, würden für den Katastrophenschutz nicht unerhebliche Zusatzkosten entstehen.