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Müllentsorgung Aus für 63 Grünschnittplätze?

Der Landkreis will die Anzahl der Grünschnittplätze reduzieren. Von
derzeit 71 Stück im Jerichower Land sollen acht übrig bleiben.

Von Falk Heidel 03.07.2015, 12:24

Burg/Genthin l Unterzeichnet von Vorstand Bernd Girke hat jeder Bürgermeister der acht Einheitsgemeinden vom Landkreis ein Schreiben erhalten. Darin befindet sich die Info, dass es ab 1. Januar 2016 nur noch acht Grünschnittplätze im Jerichower Land gibt. Geschlossen sollen werden die 63 Plätze in zwei Stufen. Die ersten Schließungen sollen bis Ende Juli über die Bühne gehen, der Rest bis Ende des Jahres.

In diesem Schreiben bittet Girke um Benennung eines Ansprechpartners aus der jeweiligen Gemeinde, mit dem "Maßnahmen koordiniert werden, die ein zukünftiges Ablagern von Abfällen auf diesen Flächen verhindern."

Erste Proteste gab es nach Bekanntwerden dieser Info aus dem Ortschaftsrat in Bergzow. "Das ist eine Sauerei. Diese Plätze sind entstanden, weil uns die Gartenfeuer verboten wurden", sagte Ortsbürgermeisterin Antje Wascher. Innerhalb Elbe-Pareys sollen in der ersten Schließungswelle auch die Plätze in Derben, Neuderben und Zerben versperrt werden.

Am Werderberg zwischen Parey und Bergzow gibt es einen von vier Wertstoffhöfen des Landkreises. Drei weitere gibt es in Genthin, Burg und Ziepel. Diese Höfe sind (zumindest vorerst) nicht von der Schließung betroffen. Laut Konzept des Landkreises soll außer diesen vier Wertstoffhöfen pro Einheitsgemeinde ein Grünschnitt-Sammelplatz geöffnet bleiben.

AJL dagegen

Zu den Gegnern der Schließungen gehört Dr. Henning Gehm. Der Geschäftsführer des Entsorgers AJL sagte auf Volksstimme-Nachfrage: "Diese Plätze sollten unbedingt erhalten bleiben, sie sind bürgerfreundlich und ökologisch sinnvoll." Sein Unternehmen sammelt den Grünschnitt ein und verarbeitet ihn auf speziellen Anlagen in Parey, Burg, Gommern und Ziepel zu Kompost, der dann verkauft wird. Seiner Meinung nach bringt die Schließung einiger Sammelplätze keinen Einspareffekt: "Die Fahrzeuge sammeln den Grünschnitt über Rundfahrten als feste Touren ein. Da spielt es keine Rolle, ob es einige Plätze mehr oder weniger sind."

Hintergrund ist eine komplette Neuausrichtung der (sehr teuren) Abfallentsorgung im Jerichower Land. 2017 soll nach einer europaweiten Ausschreibung das Mülleinsammeln auf ein Ident-System umgestellt werden. Die Vorlage für ein entsprechendes Konzept lieferte eine Berliner Kanzlei, die deutschlandweit auf Abfallentsorgung spezialisiert ist.

Als Sprecher der Kanzlei sagte Thomas Kügler kürzlich im Umweltausschuss des Kreistages: "Diese Grünschnittplätze sorgen für exorbitant hohe Kosten. Zudem sorgen sie für eine Gebührenungerechtigkeit, weil viele Menschen dafür mitbezahlen, obwohl bei ihnen gar kein Grünschnitt anfällt." Kügler teilt auch nicht die Befürchtung, dass bei Abschaffung dieser Plätze der Abfall illegal entsorgt wird: "Egal, welches Müllsystem deutschlandweit angewendet wird, die Menge des Grünschnitts in den Wäldern ist bei allen Systemen annähernd identisch."

Aus Sicht von Wolfgang Bernicke (Die Linke) handelt es sich beim Grünschnitt nicht um Abfall, sondern "um einen wertvollen Rohstoff". Er könnte sich Container an gewissen Stellen als Ausgleich für geschlossene Grünschnittplätze vorstellen. Christian Kunz vom BUND bringt die Agrarbetriebe in den Dörfern ins Spiel: "Wäre es nicht möglich, dass dort der Grünschnitt gesammelt wird?"

Anders sieht es Landrat Steffen Burchhardt (SPD): "Wer für seinen Grünschnitt ohnehin einen Anhänger benötigt, kann das Fahrzeug auch bis zum nächsten Wertstoffhof steuern. In anderen Landkreisen ist dies doch auch möglich. Kleinere Mengen können durchaus in der Biotonne entsorgt werden."

Bei der Umstellung auf das neue Abfallentsorgungssystem ist der Grünschnitt für Dr. Peter Sanftenberg (CDU) lediglich einen Nebenschauplatz. "Wir sollten prüfen, ob die Kommunen die Grünschnittplätze betreuen könnten." Sanftenberg favorisiert ein neues Abfallsystem für unseren Landkreis nach dem Vorbild aus dem bayerischen Landkreis Kitzingen (bei Würzburg). Nach Volksstimme-Recherchen können die Familien dort die Größe ihrer braunen Biotonne frei wählen. Zur Auswahl stehen 60, 120 oder 240 Liter. Jeder Verbraucher kann im Sommer seine Biotonne wöchentlich leeren lassen.