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  7. Grippeschutz-Impfung geht auch ohne Spritze - doch das zahlen die Kassen nicht

Kinder können neuerdings auch mit Spray geschützt werden / Kommt starke Influenza-Welle? Grippeschutz-Impfung geht auch ohne Spritze - doch das zahlen die Kassen nicht

Von Falk Heidel 25.10.2012, 03:12

Experten prognostizieren eine starke Grippewelle in den kommenden Monaten. Der Zerbster Amtsarzt Dr. Norbert Preden sagt: "Die Welle wird stärker sein als in den beiden Vorjahren." Auf dem Markt gibt es bereits Alternativen zur herkömmlichen Impfung mit der Spritze - aber (noch) nicht für alle.

Burg/Genthin l Amtsarzt Dr. Preden sagte kürzlich zur Volksstimme: "Empfohlen wird eine Grippeschutzimpfung zwischen Oktober und Januar. Der Impfstoff ist in diesem Jahr besonders gut für ältere Menschen verträglich, aber bis jetzt noch nicht in ausreichendem Maß verfügbar."

Unterdessen gibt es für Kinder und Jugendliche einen neuen Grippeschutzimpfstoff. Er wird ohne Spritze einem Nasenspray gleich verabreicht. Laut einigen Medizinern schützt diese Variante deutlich besser vor einer Erkrankung. Jedoch: In Sachsen-Anhalt ist er gesetzlich Versicherten nicht zugänglich. Es sei denn, sie zahlen drauf.

Der Magdeburger Kinderarzt Dr. Gunther Gosch gehört dem Arbeitskreis Impfen der Landesvereinigung Gesundheit an. Er sagt: "Ich halte es für einen Skandal, dass in Sachsen-Anhalt privatversicherte Kinder von besserverdienenden Eltern mit einem hochwirksamen Impfstoff schmerzlos vor der Grippe geschützt werden können, jedoch der großen Zahl der kassenversicherten Kinder und Jugendliche dieser medizinische Fortschritt vorenthalten wird."

In Sachsen-Anhalt wird sich wohl in dieser Grippesaison nichts ändern. Grund sind die von den Krankenkassen jeweils pro Bundesland abgeschlossenen Rabattverträge für die Belieferung mit Impfstoffen. Sie schreiben den Ärzten den Einsatz bestimmter Impfstoffe vor. In Sachsen-Anhalt darf der nachweislich wirksamste Grippeschutzimpfstoff namens Fluenz für Kinder und Jugendliche nicht als Kassenleistung verabreicht werden - im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesländern.

Dazu erklärte kürzlich der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Holger Paech: "Wir appellierten an die Kassen, in den aktuellen Ausschreibungen alle zugelassenen Impfstoffe zu berücksichtigen. Und dazu gehört eben auch der Impfstoff Fluenz, der als Spray verabreicht wird."

Der Amtsarzt des Jerichower Landes, Dr. Henning Preisler, meint: "Dieser Impfstoff in Sprayform ist so neu nicht. In den USA kommt diese Impfstoffapplikation bereits seit dem Jahr 2003 zur Anwendung. Er hat seine Wirksamkeit im Vergleich zu den injizierten Impfstoffen in uneingeschränkter Form unter Beweis gestellt. Darüber hinaus ist er für Kinder und Jugendliche eine sehr gute Alternative, weil hier die Angst vor einer Spritze keine Rolle spielt."

Etwas differenzierter beurteilt dies Dr. Gerlinde Hellwig. Die Genthiner Kardiologin sagt: "Die konventionelle Grippeschutzimpfung kann bezüglich Immunantwort und Antikörper-Bildung eigentlich nicht schlechter sein. Ich verlasse mich bei der Beurteilung eher auf große Studien, bin eher abwartend bei neuen Dingen. Ich habe schon zu viele Auf und Ab erlebt in meiner Dienstzeit."

Auf Volksstimme-Nachfrage erklärt der kassenärztliche Sprecher Dr. Jörg Schulze aus Mützel: "Für unsere Kassenmedizin gilt WANZ - wirtschaftlich, ausreichend, notwendig, zweckmäßig. Das wird mit der bisherigen Impfung sicher erreicht. Ich bin kein Impfstoffexperte, doch gerade bei Kindern und Vorsorgeimpfungen wäre ich mit neuen Substanzen sehr skeptisch."

Aus Sicht der beiden Kinderärzte im Burger Krankenhaus, Dr. Edelgard Holleck und Dr. Ulrich Schubert, wäre es besser gewesen, wenn die privaten und gesetzlichen Krankenkassen mit der Erstattung der nasalen Grippeschutzimpfung gleichzeitig begonnen hätten: "Allerdings kann man auch die Argumente des Gesundheitsministeriums nicht von der Hand weisen. Die Ausschreibungen für den Impfstoff waren für dieses Jahr schon erfolgt. Es wäre pure Verschwendung, den bereits bestellten Impfstoff nicht zu verwenden. Die Impfung mit Spray und die bisherige Impfung per Injektion sind gleichermaßen wirksam und sicher. Eltern können sich eine private Zuzahlung für die nasale Impfung deshalb ersparen. Das Wichtigste ist, dass sie mit ihren Kindern überhaupt zur Grippeschutzimpfung gehen. Außer dem kleinen Piks haben ihre Schützlinge von der Impfung per Injektion keine Nachteile. Die meisten Kinder ertragen das tapfer."