1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Gardelegen
  6. >
  7. "Seine Meinung sagen ist okay"

Picknick und Aktionstag in Letzlingen "Seine Meinung sagen ist okay"

Von Anke Kohl 29.07.2013, 03:20

Dass die Schmierereien in ihrem Wohnort nichts mit der Ausübung von Demonstrationsrecht zu tun haben, stellten Einwohner am Sonnabend in einer Gegenkundgebung klar. Die Begegnung beider Demonstrationsparteien drohte kurzzeitig zu eskalieren.

Letzlingen l "So geht es nicht!", hatten sich Rebekka Prochorowsky und Annkathrin Neels gesagt, nachdem in ihrem Wohnort Letzlingen und der Umgebung immer mehr Schmierereien auf Straßen, Schildern oder sogar dem Kriegerdenkmal in Wannefeld aufgetaucht waren. Zuzuordnen seien diese Sachbeschädigungen den Teilnehmern des Protestcamps "War starts here", die ihr Lager zwischen Potzehne und Parleib aufgeschlagen hatten, wie die Polizei bestätigte. Markenzeichen war dabei rosa Farbe.

Am Donnerstag meldeten die beiden Letzlingerinnen eine Gegendemonstration unter dem Motto "Letzlingen sagt Nein zu Gewalt und Sachbeschädigungen" an. Für 14 Uhr hatten die beiden Aktiven zu einem Picknick an den Heinrich-Heine-Weg eingeladen. "Es ist okay, wenn hier jemand herkommt und seine Meinung sagt", betonte Annkathrin Neels. "Aber wir finden es nicht in Ordnung, was hier abläuft. Nichts anderes wollen wir hier klar machen", erklärte Rebekka Prochorowsky. Es gehe bei ihrem demonstrativen Picknick nicht um die Haltung zur Bundeswehr oder zum GÜZ. Sondern einzig und allein darum, dass die Campteilnehmer keineswegs friedlich demonstrieren, sondern sich laufend mit Sachbeschädigungen in und um Letzlingen herum strafbar machen. "Mein Kind hat in Potzehne, wo heute Nacht mutmaßlich von den Campteilnehmern eingebrochen wurde, schwimmen gelernt. Der Zaun wurde dort kaputt gemacht und bis in die frühen Morgenstunden gebadet. Das sind unnötige Kosten, die dort verursacht werden. Und weshalb muss das Kriegerdenkmal in Wannefeld mit einem Farbbeutel beworfen werden?", fragte sie.

Wenige Meter weiter, gleich um die Ecke, befand sich der Demonstrationsplatz der Militärgegner an der Salchauer Straße. Kurz nach Eröffnung des Picknicks besuchten Aktionstagteilnehmer von der Salchauer Straße die Letzlinger Bürger, um ins Gespräch zu kommen. Doch den jeweils dargelegten Gründen und Argumenten folgten recht schnell Anklagen und Unterstellungen - auf beiden Seiten. "Woher wollt ihr denn wissen, dass wir diese Schmierereien gemacht haben?", lautete eine Frage. Die Antwort eines Letzlingers: "Ihr kommt mit dem Camp. Die Schmierereien beginnen. Ihr geht nach einer Woche, und es hört auf. Aber eure Hinterlassenschaften bleiben uns erhalten." "Ihr seid doch für das GÜZ", hieß es bald, obwohl die Organisatorinnen klar verständlich gemacht hatten, was ihr Anliegen sei. "Hast Du denn überhaupt schon mal gearbeitet?", flog im Laufe der sich aufschaukelnden Diskussion aus der Reihe der Letzlinger einer jungen Frau auf der anderen Seite entgegen.

Die Situation drohte zu eskalieren, als bei einem der Letzlinger Ordner ein T-Shirt mit einer Aufschrift, die der rechtsradikalen Szene zuzuordnen ist, entdeckt wurde. "Mit Faschos und Nazis werden wir nicht diskutieren", lautete die Antwort. Die Stimmung Einzelner wurde merklich aggressiver. Stefan Klumpp vom Kommunikationsteam der Polizei musste in die Situation eingreifen, beschwichtigen und beruhigen. Zwischenzeitlich hatte sich bereits ein Transporter der Polizei dem Diskussionsort genähert.

Gardelegens Bürgermeister Konrad Fuchs, der beide Demonstrationsorte sowie den Sommermarkt in Letzlingen besuchte, versuchte ebenfalls als Mediator zu wirken und bot allen Umstehenden die Quarkbällchen vom Picknickmenü an. Schließlich wurde die Begegnung durch die Polizeibeamten aufgelöst.