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"Kein Anlass für Kontrollen"

Von Cornelia Ahlfeld 25.06.2015, 21:39

Der Finanzausschuss hat sich in seiner Sitzung am Mittwochabend für die Weiterführung des Renaturierungsprojektes Kasa Mieste und damit auch für die Mehrkosten von 740000 Euro ausgesprochen. Zuvor gab es eine ausführliche Erläuterung über Ursachen und Hintergründe.

Gardelegen/Mieste l Wochenlang sorgte das Thema Mehrkosten beim Abriss der Miester Kartoffelschäl- und Abpackanlage (Kasa) für heftige Diskussionen in der Kommunalpolitik. Die endeten damit, dass der Stadtrat vor drei Wochen die Klärung von Verantwortlichkeiten forderte.

Im Finanzausschuss am Dienstagabend ging dann aber alles ganz schnell. Wirtschaftsförderin Mandy Zepig, von Beruf Anwältin, hatte pointiert Ursachen und Verantwortlichkeiten vorgetragen. Der Finanzausschuss bestätigte dann in der Abstimmung die überplanmäßigen Mehrausgaben von 740000 Euro - bei einer Enthaltung von Linke-Stadtrat Reinhard Hapke.

Zur Vorgeschichte: Bei der Kasa Mieste handelt es sich um den Abbruch der alten Industriebrache und anschließende Renaturierung der Fläche zur grünen Wiese. Ursprünglich veranschlagt waren 706000 Euro. 80 Prozent der Summe (536000 Euro) hatte das Land aus dem Programm für Altlastensanierung und Bodenschutz finanziert. Der Eigenanteil der Stadt belief sich auf 170000 Euro. Aufgrund von unvorhergesehen Problemen wird das Renaturierungsprojekt quasi doppelt so teuer wie geplant. Nunmehr werden es 1,44 Millionen Euro werden. Teil II der Maßnahme soll ebenfalls zu 80 Prozent (576000 Euro) gefördert werden. Die Stadt müsste weitere 164000 Euro dazuzahlen.

"Ziemliche Frechheit seitens der Verwaltung."

SPD-Stadtrat Jörg Marten

Als Gründe für die Mehrkosten hatte die Verwaltung unter anderem eine Asbestbelastung in Größenordnung, Chemikalien, unvorhergesehene Handarbeit beim Sortieren der Gefahrstoffe und beim Abriss und höhere Entsorgungskosten aufgrund von Asbestanhaftungen bei Beton aufgeführt.

Der Stadtrat forderte in seiner Sitzung am 1. Juni Regressforderungen zu prüfen. Die Verwaltung zog überraschend die Beschlussvorlage zurück und sicherte Aufklärung zu.

Und die gab es kurz vor Beginn der jetzigen Beratungsschiene der Fachausschüsse des Stadtrates in Form eines dreiseitigen Berichtes der zuständigen Planungsfirma (ifu - Privates Institut für Umweltüberwachung GmbH Stendal).

Im Finanzausschuss bezeichnete SPD-Stadtrat Jörg Marten die Erklärung als eine "ziemliche Frechheit seitens der Verwaltung". Es habe klare Festlegungen gegeben, welche Fragen im Zusammenhang mit den Mehrkosten zu klären seien. Die Erklärung beantworte keine der Fragen, sondern enthalte vielmehr "uninteressanten Krams". Markant seien lediglich zwei Sätze: "Detailuntersuchungen an der Gebäudesubstanz und den Freiflächen hinsichtlich der Deklaration der Abbruchmaterialien waren gemäß den Festlegungen der Förderstelle nicht Gegenstand der Förderung" und Bauzustandsuntersuchungen seien "nicht Gegenstand der beauftragten Planung" gewesen.

"War das Absicht?", fragte Marten. Denn möglicherweise hätte der Stadtrat anders entschieden, wenn von vornherein bekannt gewesen wäre, dass die Renaturierung zur grünen Wiese 1,4 Millionen Euro kosten würde.

"Hat das Bauamt Fehler gemacht oder das Planungsbüro" - die Prüfung sei in zwei Richtungen erfolgt, erläuterte Mandy Zepig. Der Hauptausschuss habe am 26. März 2014 den Auftrag an die ifu erteilt aufgrund der guten Zusammenarbeit bei anderen Renaturierungsprojekten, wie das ACZ am Burgwall (Bürgerpark). Unterlagen über das Kasa-Gelände habe es so gut wie keine mehr gegeben.

"Keinen Eintrag im Altlastenkataster."

Wirtschaftsförderin Mandy Zepig

"Im Altlastenkataster des Kreises gab es keinen Eintrag", so Zepig. Vom Ortschaftsrat Mieste, der zum Projekt angehört worden sei, habe es auch keine Einwände oder Hinweise gegeben. Ein Verdacht auf Altlasten habe nicht bestanden. So sei auch keine vorherige Kontrolle nötig gewesen. "Das Grundstück ist 40000 Quadratmeter groß. Wir hätten eine Vielzahl von Bohrungen machen müssen und vielleicht dennoch nicht das gefunden, was letztlich gefunden worden ist", so Zepig. Als der Bauausschuss das Objekt am 7. April besichtigt hatte, sei noch alles in Ordnung gewesen. Das böse Erwachen sei dann im Mai gekommen, quasi beim letzten Abrissprojekt. Mauscheleien zwischen Planungsfirma und Abrissfirma seien auszuschließen. Beide kannten sich nicht. Es gebe auch keine Mehrmengen bei der Entsorgung, sondern nur eine Verschiebung der Belastung. "Die Stadt hatte keinen Anlass, zu kontrollieren", so Zepig. Sämtliche Wiege- und Kontrollscheine könnten im Bauamt eingesehen werden. Zepig bot bei Interesse auch Akteneinsicht an.

Die Baustelle könne allerdings auf keinen Fall so liegenbleiben. Das Projekt müsse fortgesetzt werden, um den Förderzweck zu erfüllen, so Zepig weiter. Anderenfalls müsse die Stadt bereits erhaltenes Fördergeld zurückzahlen. Das Land habe darauf schon schriftlich hingewiesen. Für die Stadt würde dann ein immenser Schaden eintreten. Zepig erinnerte in diesem Zusammenhang an die Haftungspflicht von Stadträten.

"Das lassen wir mal so im Raum stehen", reagierte Marten auf die Erklärung, machte aber erneut sein Unverständnis dazu deutlich.

Am Montag, 29. Juni, tagt der Bauausschuss, am Dienstag, 30. Juni, der Hauptausschuss und am 6. Juli abschließend der Stadtrat. Sitzungsbeginn ist um 19 Uhr im Gardeleger Rathaussaal.