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Philatelistentreff in zwangloser Runde: Gustav Ritschel: "Das ist schon eine Wissenschaft für sich"

03.02.2011, 04:25

Gardelegen (ca). "Ich zeig‘ dir mal meine Briefmarkensammlung" – ein Schelm, der Böses dabei denkt. Die Herren, die sich ab sofort jeden ersten Mittwoch im Monat in lockerer Runde treffen, wollen zwar ihre Briefmarkensammlungen oder Teile ihre Sammlungen gern zeigen, aber da geht es ganz seriös zu. Initiator ist Detlev Kraudelt aus Estedt. Der 65-Jährige möchte mit Gleichgesinnten in einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch treten, Briefmarken tauschen und über Sammlereigenheiten reden. Und er möchte andere dazu animieren, sich ein neues Hobby zuzulegen als sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Und er hofft dabei nicht nur auf die ältere Generation, sondern auch auf junge Menschen. "Es gibt viele Vereine, in denen sich junge Menschen betätigen können. Philatelistenvereinigungen gibt es hier noch nicht", sagte Kraudelt.

Allerdings möchte er auf jeglichen bürokratischen Aufwand verzichten. Eine Vereinsgründung sei nicht geplant. "Wir wollen keine Beiträge kassieren, wir wollen nur fachsimpeln, tauschen und die Alben anderer Briefmarkensammler ansehen. Das soll alles völlig zwanglos laufen", betonte Kraudelt.

Am Montagnachmittag fand das erste Treffen statt. Gestern folgte gleich die zweite Runde. Zum ersten Treffen konnte Kraudelt sechs Gleichgesinnte begrüßen. Allerdings zunächst nur Herren. Der Jüngste im Bunde der Briefmarkenfreunde war mit 41 Jahren René Feind aus Estedt. Der älteste Sammler war der 91-jährige Gustav Ritschel aus Gardelegen. Zu den Teilnehmern gehörten außerdem Harald Teitge (71), Fritz Posmyk (68), Josef Leukert (82) und Horst Lang (70) aus Gardelegen.

Kraudelt selbst sammelt seit 1960 Briefmarken. "Mit mehr oder weniger Glück", sagte Kraudelt augenzwinkernd. In den letzten Jahren sei er aktiver geworden. "Das ist mein Winterhobby. Im Sommer geht es in den Garten", erzählte der 65-Jährige. Ein ganz aktiver Sammler ist auch der rüstige Senior Ritschel. "Briefmarken und Kreuzworträtsel, die halten mich geistig fit", betonte der 91-Jährige und packte seine Alben mit der Aufschrift Elite auf den Tisch. "Das sind meine guten Marken", sagte Ritschel stolz, wobei er seine "ganz guten" allerdings zu Hause gelassen hatte. Trotzdem waren es Schätze mit nicht unerheblichem Wert, die er den Teilnehmern des ersten Treffens präsentierte. Darunter war beispielsweise ein kompletter Satz der Reihe Deutsches Reich. "Das sind besondere Marken, die es in verschiedenen Varianten gibt. Die sind heute 500 Euro wert", sagte Ritschel.

In seiner Sammlung finden sich noch viele andere Raritäten, wie Thälmann-Marken, die allerdings keine Zähne haben. "Das ist ein Fehldruck durch den Hersteller. Die Marken haben heute einen großen Wert, weil es die nicht oft gibt", erläuterte Ritschel. Durch das Sammeln von Briefmarken hat Ritschel noch ein weiteres großes Hobby für sich entdeckt: die deutsche Geschichte, vor allem die Zeit von 1872 an. "1872 gab es die ersten Briefmarken, 1874 sind die ersten Marken verklebt worden", erzählte Ritschel, der viel Zeit in seine Sammlung steckt. "Es muss alles gehegt und gepflegt werden. Die Marke muss gute Zähne haben, einen erkennbaren Stempel mit Ort, Datum und Postamt. Erst dann wird die Marke wertvoll", erläuterte Ritschel, der beruflich als stellvertretender Landrat für Landwirtschaft gearbeitet hat. Seit 1985 ist er Rentner. Somit hat er viel Zeit, sich seinem Hobby zu widmen. "Das ist schon eine Wissenschaft für sich", sagte Ritschel, in die man viel Geld und Zeit investieren kann. "Ich habe nicht geraucht, nicht getrunken und nicht mit Frauen rumgemacht. Mein ganzes Geld habe ich in die Briefmarken gesteckt", sagte der 91-Jährige schmunzelnd.

Wer sich der lustigen Philatelistenrunde anschließen möchte, kann sich jeden ersten Mittwoch im Monat ab 14 Uhr in der Volkssolidaritätsbegegnungsstätte in der Nicolaistraße 2 einfinden. Das nächste Treffen findet am Mittwoch, 2. März, statt.