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Schullandheim Gardelegen musste Vormittagsprojekte für Schulen streichen Rusch: "Ich weiß mir keinen Rat mehr"

Von Donald Lyko 26.01.2012, 05:23

Das Schullandheim muss Projekte für Schulen streichen, nachdem der Altmarkkreis Salzwedel die Zuschüsse gekürzt hat. Nun hofft die Einrichtung auf Hilfe von der Stadt.

Gardelegen l Verkehrserziehung und Fahrradprüfung, die Waldolympiade, Tier- und Umweltprojekte, Interessantes über die Sinne - Diese und viele andere Angebote des Schullandheimes sind bei den Schulen sehr beliebt. Oder besser gesagt: waren sehr beliebt. Denn derzeit kann die Einrichtung in Trägerschaft des VHS-Bildungswerkes Sachsen-Anhalt diese Projekte in den Vormittagsstunden nicht mehr anbieten. Während einer Versammlung am 30. Januar sollen die Schulen darüber informiert werden. Viele Lehrer und Schulleiter wissen es aber schon. Denn vereinbarte Termine mussten abgesagt werden.

"Bei den Schulen gibt es ein großes Interesse, aber wir können die Projekte nicht durchführen", berichtete Dagmar Rusch vom VHS-Bildungswerk am Dienstagabend im Sozialausschuss. Die bildungsbezogenen Projekte seien von allen Schulformen sehr gern genutzt worden. Rusch: "Sie waren immer ein fester Teil unserer Angebote."

Und sie berichtete auch, warum die Vormittagsangebote gestrichen werden mussten. Bisher hatte es über Jahre hinweg vom Altmarkkreis Salzwedel außer dem Geld für die Kinder- und Jugendarbeit in deren Freizeit auch 15000 Euro pro Jahr als Personalkostenzuschuss gegeben für die Projekte in den Vormittagsstunden. Weil es sich dabei aber um eine Kann-Förderung handelt, hat der Altmarkkreis im Zuge von Einsparungen hier den Rotstift angesetzt. Das Hauptaugenmerk wird auf die Nachmittagsangebote mit Arbeitsgemeinschaften gerichtet - und die laufen wie bisher weiter. Sicher würden auch die Schulprojekte weiter angeboten werden können - dann allerdings gegen Bezahlung.

Mitte vergangenen Jahres haben Mitarbeiter des Bildungswerkes und des Schullandheimes im Kultusministerium die prekäre Lage dargestellt. "Aber danach gab es keine Reaktion mehr", sagte Dagmar Rusch. Jetzt sei der Stand so, dass von den 16 beim Land eingereichten Projekten für neun Schulen nur eines ausgewählt werden kann. "Aber vermutlich erst im April bekommen wir Bescheid, ob das Projekt überhaupt umgesetzt werden kann", sagte die VHS-Mitarbeiterin. Wie angespannt die Lage ist, zeigten am Dienstag Dagmar Ruschs Worte: "Ich weiß mir keinen Rat mehr." Und Schullandheimleiterin Heidi Adolph ergänzte: "Wir benötigen Ihre Hilfe."

Die Hoffnung des Schullandheimes ruht nun auf der Stadt Gardelegen. Die Hoffnung auf rund 15000 Euro zur Finanzierung einer Halbtagsstelle. Während der Sozialausschusssitzung gab es von allen Mitgliedern lobende Worte für die Arbeit der Einrichtung und auch das Bekenntnis zur Hilfe. Mit Geld für diese freiwillige Aufgabe sieht es aber schlecht aus.

"Wir sind uns alle einig, dass das Schullandheim eine tolle Einrichtung ist, dass dort über Jahrzehnte eine tolle Arbeit geleistet wird", sagte Bürgermeister Konrad Fuchs. Man müsse aber die Ursache für die jetzige Situation betrachten: Der Kreis zieht sich mit 15000 Euro zurück und sagt, die Vormittagsangebote sind Bildungsarbeit und damit Aufgabe des Landes. Das Land aber sagt: Für die Bildungsarbeit am Vormittag bezahlen wir die Lehrer. "Es gibt also Kompetenzgerangel, und die Probleme werden nach unten durchgetreten", kommentierte Fuchs die Lage. Und das man "unten" nach einer Lösung suchen soll, "ist mir zu billig", sagte er. Zudem bringe sich die Stadt schon ein, denn ihr gehöre das Schullandheim-Gebäude.

Im vergangenen Jahr gab es 101 Projekte an Vormittagen, an denen 2312 Schüler teilgenommen haben, darunter 1859 Schüler allein aus Gardeleger Schulen. Heidi Adolph: "Wenn die Projekte wegfallen, dann fällt ein außerschulischer Lernort weg."

Das bestätigten fast alle Mitglieder des Sozialausschusses. "Dort wird hervorragende Arbeit geleistet", lobte Horst Hartmann, als berufener Bürger der SPD-Fraktion im Ausschuss. Er ist auch Mitglied im Rotary-Club Gardelegen, der die Einrichtung regelmäßig unterstützt. Monique Schuboth, für die Linke-Fraktion berufene Bürgerin, sprach über ihre beruflichen Erfahrungen. Denn als Schulsozialarbeiterin der Karl-Marx-Schule war sie mehrfach dort. "Für die Kinder sind die Projekte eine erlebnisreiche, tolle Sache", sagte sie. Stadtrat Andreas Brendtner (CDU-Fraktion) und Doris Hoiczyk (berufene Bürgerin für die Freie Liste) berichteten als Eltern darüber, wie gut die Angebote bei ihren Kindern ankommen. Und Stadtrat Andreas Finger (CDU-Fraktion) beschrieb die Arbeit der Schullandheimmitarbeiter so: "Was sie machen, ist qualifizierte Unterstützung des Unterrichtes."

Auch wenn die Stadt selbst kein Geld geben kann, dann sollte sie aber "Amtshilfe" leisten und Gespräche mit dem Kreis und dem Land vermitteln und begleiten, schlug Horst Hartmann vor. "Wir können es versuchen", sagte Konrad Fuchs. Der Vorsitzende des Sozialausschusses, Walter Thürer (SPD-Fraktion), unterstützte die Idee, sich noch einmal ans Land zu wenden. Denn im Schullandheim werde das "hervorragend praktiziert", was der Bildungskonvent für Sachsen-Anhalt fordert - dass Schüler in der Praxis Erfahrungen sammeln.