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Streit im Kreistag um die Schließung in Loburg im Sommer Müssen wir die Schule im Dorf lassen?

Von Falk Heidel 05.06.2015, 03:24

Mit einem Erlass veranlasst das Magdeburger Schulamt die Schließung der Schule in Loburg. Bedeutet: Sämtliche Loburger Schüler fahren nach Möckern, vermutlich schon im August. Doch im Kreistag formiert sich Widerstand. Derzeit läuft eine Klage des Landkreises gegen einen früheren Erlass.

Burg/Loburg/Möckern l Das war keine Debatte, das war ein handfester Streit am Mittwoch im Kreisausschuss. Sollen die Türen der Loburger Schule im Juli für immer geschlossen werden? Ja, sagt unter anderem Hartmut Dehne von der CDU. Er begründet einen solchen Schritt mit "der Wirtschaftlichkeit und insbesondere aus pädagogischer Sicht". Das ist der falsche Weg, sagt Andreas Fischer (Wählergemeinschaft): "Die Kreisverwaltung hat Möckern schöngerechnet." Im Kreisausschuss sitzen die einflussreichsten Lokalpolitiker des Jerichower Landes. Die Volksstimme skizziert eine politische Debatte.

"Ein jetzt modifizierter Bescheid vom Landesschulamt zieht einen Schlussstrich. Er macht den Weg frei, das Geld in Möckern zu investieren. Damit können dann alle Schüler aus Möckern und Loburg künftig in Möckern unterrichtet werden. Finanzielle und pädagogische Beweggründe wären ein logischer Schritt, unsere Klage gegen das Land zurückzunehmen, die ohnehin wenig Aussicht auf Erfolg hat. Das ist jedenfalls die Einschätzung unserer Juristen aus dem Rechtsamt."

"Ich bin alles andere als begeistert. Vor dem Kreistag im September hatte ich vergeblich beantragt, den Halbsatz zu streichen, der die Schule offen hält - sofern es die Schülerzahlen erfordern. Jetzt wird deutlich, dass es ein Fehler war, diesen Halbsatz nicht zu streichen. Nach meinen Informationen hieß es, in Möckern kommen nicht alle Schüler unter. Von der Verwaltung gibt es alle paar Wochen andere Zahlen zur Berechnung der Kosten für den Schulbetrieb. Bei den Baukosten wird Möckern eindeutig schöngerechnet. Zudem gibt es Berechnungen der Fahrtkosten, die kein Mensch nachvollziehen kann. Mich ärgert ein offensichtliches Scheuklappendenken der Verwaltung. Denn die nackten Zahlen sprechen für Loburg als Außenstelle. Diese Variante würde dem Landkreis 300000 Euro kosten. Eine Investition in Möckern kostet 1,5 Millionen. Innerhalb der Klage gegen das Land muss formuliert werden, dass die Kosten für Möckern im Gegensatz zu Loburg exorbitant höher sind."

"Den Vorwurf der falschen Zahlen weise ich zurück. Die Schulleitung in Möckern hat uns bestätigt, dass sie alle Schüler aufnehmen kann, wenn die Räume der alten Grundschule mitgenutzt werden. Unser Job ist es, einen Erlass des Schulamtes in Zahlen umzuwandeln, um die Kosten gegenüberstellen zu können. Mir persönlich ist es wurscht, wer wo zur Schule geht."

"Traurig, dass es mal wieder ums Geld geht. Anscheinend interessiert sich niemand für die pädagogischen Auswirkungen. Das System Schule mit Außenstelle funktioniert in Zerbst seit vielen Jahren. Wir sollten die Schule im Dorf lassen! Wir wissen, dass das Geld vorhanden ist, aber es wird mal wieder falsch verteilt. Wenn der Kreistag jetzt die Schulschließung bestätigt, ist das nichts anderes als vorauseilender Gehorsam."

"Man vergisst, dass das Schulamt bestimmt, wie lange eine Schule offen bleibt. Wenn man die Emotionen weglässt, stellen wir fest, dass wir einen Prozess höchstens verlängern, aber nicht stoppen können. Im Interesse der Schüler sollten wir erlassgerechten Unterricht garantieren. Dies ist in Möckern für alle Schüler sehr viel besser möglich. Laut meinen Informationen können alle Schüler sofort in Möckern unterrichtet werden. Im Gegensatz zu Herrn Fischer, der in dieser Region wohnt, kann ich meine Entscheidung frei von Emotionen fällen."

"Dieses Schulsystem wird uns von Bund und Land aufgezwungen. Da hilft auch kein Streit zwischen Kreistagsmitgliedern und der Verwaltung. Es tut weh zu sehen, wie Schulkinder morgens um 6 Uhr durch die Gegend gekutscht werden. Doch dieses Problem können wir im Kreistag nicht aus der Welt schaffen."

"In diesem Zusammenhang wird oft ein Fall aus Sachsen zitiert, wo eine Klage gegen eine Schulschließung erfolgreich war. Allerdings galten dort ganz andere Voraussetzungen. Es ging um eine Grundschule, Träger ist die Gemeinde, nicht wie in unserem Fall der Landkreis. Fakt ist, der Betrieb an nur einem Standort ist für den Kreishaushalt kostengünstiger. Man muss sich fragen, ob der augenblickliche Schwebezustand für die Beteiligten so günstig ist, anstatt jetzt einen Standort zu ertüchtigen. Ich denke, dass ist für die Schüler günstiger."

"Es mag ja sein, dass ein Standort kostengünstiger ist als eine zusätzliche Außenstelle. Aber wir dürfen nicht vergessen, was eine Schule für eine Gemeinde bedeutet. Eine Schule ist ein wichtiger Standortfaktor, der ein Dorf oder eine Region zu mehr Attraktivität verhilft. Jetzt stehen wir vor einem Dilemma, das Schulamt hat etwas beschlossen, und wir müssen uns im Kreistag entscheiden, ob wir uns dem beugen wollen."

"Wir sitzen hier vor einer Beschlussvorlage, die etwas anderes aussagt als das, was wir seit Monaten diskutieren. Im Prinzip ist es die Wahl zwischen Pest und Cholera. Dennoch wird von uns ein klares Bekenntnis verlangt, denn ein erlassgerechter Unterricht ist derzeit gefährdet. Man kann es sich auch einfach machen und auf Bund und Land schimpfen, dann sind wir alle fein raus. Aber es hilft niemanden. Wenn die Loburger Schule erhalten bleiben soll, müssen wir auch sagen, wie das passieren soll. Ansonsten gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich den Standort Loburg zu schließen."

"Beide Schulleitungen haben uns bestätigt, dass sie ein Ende des derzeitigen Schwebezustandes wünschen. Zur Diskussion um die Fahrtkosten muss erklärt werden, dass auch jetzt schon viele Loburger Schüler durch die Gegend gefahren werden."