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An Außenstelle des Konzentrationslagers Sachsenhausen/Ravensbrück in Genthin-Wald wird weiter nur eine Info-Säule erinnern Klaus Börner gibt seine ehrenamtliche Forschung auf

20.09.2012, 03:21

Der Genthiner Diplom-Historiker Klaus Börner schließt mit diesem Beitrag seine umfangreiche Forschungsarbeit zum KZ-Außenlager in Genthin-Wald ab.

Genthin l Auf Grund der Diskussion zu meiner Erforschung des Genthiner KZ-Außenlagers Ravensbrück/Sachsenhausen melde ich mich noch einmal zu Wort und erkläre, dass ich diese aufwändige und langjährige Tätigkeit als ehemaliger Leiter des Genthiner Kreismuseums und Historiker sowie beauftragter Bodendenkmalspfleger nicht als Hobby oder Freizeitbeschäftigung betrieben habe. Im Gegenteil: Es geschah im überzeugten Wissen über die mir erst jetzt bekannt gewordenen 716 ehemaligen KZ-Häftlinge aus fünf ost- und westeuropäischen Ländern, die 1943 bis 1945 in den ehemaligen Silva-Munitionswerken unter militärischem Zwang Munition gegen ihr eigenes Volk herstellen mussten. Und das zu einer Zeit, als für Deutschland der Zweite Weltkrieg nachweislich längst verloren war.

Auch den Kindern und Enkelkindern ehemaliger KZ-Häftlinge, die nicht einmal wussten, wohin am Ende des Krieges ihre Eltern und Großeltern von der deutschen SS verschleppt worden waren (Aussage KZ-Häftling Maria Zhuk, Ukraine, 2011), sind meine Forschungen gewidmet.

Ein weiterer Grund war, die ständige Befragung von Besuchern während meiner Arbeit vor Ort in Genthin-Wald, insbesondere durch auswärtige Besucher (Benutzer der B 107) des KZ-Ehrenmals nach dem ehemaligen KZ-Lager und den KZ-Häftlingen, wofür die übergroße Bronzestatue überhaupt steht.

Fakt und Tatsache ist, dass in Genthin-Wald ein KZ-Ehrenmal steht, das ohne eine Erklärung und anschauliche Beziehung zum einstigen KZ-Lager ist. Nur diese Tatsache sollte im Interesse der Besucher mit meinen Forschungsergebnissen (Freilegung des Eingangsbereiches des KZ-Lagers) realisiert werden.

Dazu gehörte auch die seit Juni 2005 unter Denkmalschutz stehende Torschwelle sowie der 10 Meter lange Eingangsbereich, der als Gedenkweg erhalten bleiben sollte.

Doch diese Schaumaßnahme ist mit Erhaltungskosten verbunden und müsste wieder unsichtbar zugeschüttet werden, da diese Sachzeugen ohnehin unter Denkmalschutz stehen und nach der Denkmalsschutzordnung standortmäßig nicht verändert werden dürfen.

Und nicht zum Schluss habe ich mich bei meinen Forschungsarbeiten von dem am Ehrenmal mit großen Buchstaben gestalteten Leitsatz "Erfüllt ihr Vermächtnis" leiten lassen, obgleich ich nicht weiß, ob diese Aufforderung zum Handeln heute noch Bedeutung hat.

Was den mir persönlich gemachten Vorwurf betrifft: "Warum ich nicht schon zu DDR-Zeiten als ehemaliger Leiter des Genthiner Kreismuseums die Erschließung des KZ-Lagers vorgenommen habe?", kann ich nur sagen, dass ich mich mit einer Stellungnahme in der Volksstimme vom 26. April dieses Jahres dazu geäußert habe.

Fest steht auch, dass mir persönlich die erst jetzt erfolgte Erforschung des Genthiner KZ-Lagers nicht angelastet werden kann. Für die Erforschung und Dokumentation des KZ-Außenlagers sind in der Regel die KZ-Stammlager, denen die KZ-Außenkommandos unterstanden, verantwortlich. Das waren und sind die nach 1945 geschaffenen zentralen KZ-Gedenkstätten, wie zum Beispiel Ravensbrück und Sachsenhausen (heute Brandenburgische Gedenkstättenstiftung, Oranienburg).

Leider hat die für das Genthiner Außenlager zuständige Gedenkstättenstiftung erst nach der politischen Wende 1989/90, als die westdeutschen Archive für ostdeutsche Historiker zugänglich waren, mit der Aufarbeitung (Einsatz von Projektgruppen) ihrer KZ-Nebenlager begonnen.

Für Genthin war damals die wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Erika Schwarz, Rehfelde, von der Stiftung eingesetzt, der ich mich auf Grund ihrer Bitte 2008 angeschlossen hatte. Das war zu einem Zeitpunkt, als alle Spuren vom ehemaligen KZ-Außenlager durch Wiederaufforstung verschwunden waren.

Über unsere Forschungsarbeiten zum Genthiner KZ-Lager und über die überregionale Bedeutung der ehemaligen Silva-Munitionswerke im Verlauf des Zweiten Weltkrieges habe ich laufend den interessierten und heute noch amtierenden Bürgermeister der Stadt, Wolfgang Bernicke, informiert und ihm den Vorschlag zur Einrichtung einer Erinnerungsstätte an ein schreckliches Kapitel der Stadtgeschichte (Faschismus-Krieg-Völkermord), das mit authentischen Sachzeugen vor Ort anschaulich zu belegen ist, gemacht.

Der Bürgermeister hat nachweislich den Stadtrat über meine Vorschläge unterrichtet, der im März 2005 den Beschluss zur Einrichtung einer Erinnerungsstätte am KZ-Ehrenmal gefasst hatte, allerdings nicht in dem Umfang, wie ursprünglich vorgesehen war, sondern nur mit einer Info-Säule, auf der 2005 noch nicht der von mir 2009 erst ermittelte KZ-Lagerplan bei der Gestaltung einfließen konnte. Um die Aufstellung dieses Planes, der auch der Gedenkstättenstiftung bekannt war, geht es, der auch eine gesonderte Aufstellung am jetzt ermittelten Lager-Eingangstor finden könnte.

Inzwischen ist das KZ-Ehrenmal mit seiner entwickelten Erinnerungsstätte durch zentrale Hinweise bundesweit bekannt und animiert Besucher der B 107 fast täglich zum Anhalten und zur Besichtigung des KZ-Ehrenmals. Insofern ist Genthin als ehemaliger faschistischer Terror-Ort über seine Stadtgrenzen hinaus bekannt.

An dieser Stelle möchte ich mich als Stadthistoriker noch einmal bei Wolfgang Bernicke und seinem Stadtrat für die teilweise realisierte Umsetzung meiner Vorschläge bei der Schaffung einer Erinnerungsstätte zu einem der grausamsten Kapitel der Genthiner Stadtgeschichte bedanken.

Mein Dank gilt auch den Vertretern des Fördervereins "Genthiner Stadtgeschichte", die sich für die Erschließung des KZ-Lagers eingesetzt haben und die Erinnerungsstätte mit Vorort-Veranstaltungen als gesellschaftlichen Auftrag zur Aufklärung über den verbrecherischen nationalsozialistischen Faschismus nutzen.

Hiermit erklärte ich auch, dass ich meine Forschungsarbeit sowie die der Stadt vorgelegten zeichnerischen Vorschläge zur Lösung von Aufgaben an die Erinnerungsstätte ehrenamtlich und ohne Bezahlung gemacht habe.

Meine Forschungsergebnisse zum KZ-Lager stehen allen fachlich interessierten Bürgern der Stadt zur Einsichtnahme zur Verfügung.

Auch wenn durch den Genthiner Stadtrat, aus welchen Gründen auch immer, die Vorschläge des Stiftungsdirektors, Dr. Kai Lange, mit einem klaren "Nein" beantwortet werden sollten, so bleibt die Erforschung des Genthiner KZ-Außenlagers ein wichtiger Baustein für die Anfertigung einer umfangreichen fachwissenschaftlichen Arbeit durch die Gedenkstättenstiftung und für die Genthiner Stadtgeschichte.