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Feuerwehreinsatz endet vor Gericht

Von Dennis Lotzmann 16.06.2015, 19:35

Ein heute 62 Jahre alter Blankenburger muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht Wernigerode verantworten. Ihm wird vorgeworfen, am Rande eines Einsatzes einen Feuerwehrmann körperlich attackiert und angefahren zu haben.

Heimburg/Wernigerode l Feuerwehrleute leben gefährlich. Sie agieren bei Bränden und Katastrophen oft an vorderster Linie und riskieren viel. Mitunter kommen sie aber auch in ganz anderen und eigentlich eher banalen Momenten in heikle Situationen. Einem Feuerwehrmann aus Blankenburg ist genau das nach eigener Darstellung am Rande eines tödlichen Unfalls auf der B 6 passiert. Der heute 29 Jahre alte Benjamin D. soll am 30. März 2014 mit einem Audifahrer nicht nur in einen heftigen verbalen Disput geraten sein, sondern von diesem Fahrer auch körperlich attackiert worden sein. Frank Horst G. muss sich dafür seit Dienstag vor dem Amtsgericht Wernigerode verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 62 Jahre alten Angeklagten nicht nur gefährliche Körperverletzung vor, wie die zuständige Staatsanwältin beim Verlesen der Anklage sagte. Die Anklägerin stellt mit Blick auf den Vorwurf, dass G. den Feuerwehrmann mit seinem Auto angefahren habe, auch dessen generelle Eignung zum Führen von Fahrzeugen in Zweifel. G., so der Vorwurf, habe sein Fahrzeug als gefährliches Werkzeug genutzt.

Angeklagter ist sich keiner Schuld bewusst

Ein Vorwurf, den G. in der Verhandlung zurückwies: Was ihm vorgeworfen werde, sei letztlich wohl alles ein Missverständnis. "Ich bin mir keiner Schuld bewusst", erklärte Frank Horst G. der Richterin. Daher sehe er keinen Grund, sich bei Benjamin D. zu entschuldigen. Und deshalb habe er auch das Angebot der Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen Auflagen einzustellen, abgelehnt, so der Angeklagte.

Nach Recherchen der Volksstimme hatte die Staatsanwaltschaft dem Bezieher von Arbeitslosengeld II wohl angeboten, das Verfahren bei Zahlung von 300 Euro an die Feuerwehr einzustellen. Eine Brücke, die G. nach eigenen Worten nicht beschreiten wollte.

So fand er sich am Dienstag vor der Strafkammer auf der Anklagebank wieder. Allein, denn sein Anwalt habe, wie es im Saal hieß, sein Mandat niedergelegt.

Der Vorfall an jenem 30. März ist bis zu einem bestimmten Punkt unstrittig. Benjamin D. war gegen 13.15 Uhr zusammen mit seinen Kameraden zu einem schweren Unfall auf der B 6 bei Heimburg gerufen worden. Vor Ort wurden die freiwilligen Feuerwehrleute mit schockierenden Bildern konfrontiert - ein älteres Ehepaar war in seinem Wagen verbrannt.

Nach längerem Einsatz beim Löschen des Wracks und den körperlich anstrengenden Bergungsarbeiten bat D. seine Vorgesetzen um einen anderweitigen Einsatz. Er wechselte, wie er vor Gericht sagte, zu einem wenige Meter neben der B 6 liegenden Feldweg. Den sollte er absperren, um Schaulustige beim Bergen der Brandopfer fernzuhalten.

Dabei, so D., sei es zu jenem Zwischenfall gekommen. "Auf dem Feldweg kamen mir zwei Autos entgegen, ich gab ihnen mit Handzeichen zu verstehen, dass sie halten sollen." Im vorderen Fahrzeug saß der Schwiegersohn von G., im hinteren G. selbst. Sie wollten wohl zu ihrer in der Nähe gelegenen Pferdekoppel. Er habe dem Fahrer des vorderen Autos erklärt, dass sie hier wegen eines Unfalls nicht weiterfahren könnten und umdrehen müssten, so D.

Das bestätigte der Schwiegersohn von G. vor Gericht. Mehr noch: Er sprach von einem höflichen Auftreten des Feuerwehrmannes. Plötzlich habe er mitbekommen, wie sein Schwiegervater neben ihm vorbeigefahren sei. Da sei der Feuerwehrmann vor das Auto gesprungen und habe mit der Hand auf die Motorhaube geschlagen, so der Schwiegersohn.

Augenzeugin ist nicht zur Verhandlung geladen

Während der Schwiegersohn das Fahrmanöver ebenso wie der Angeklagte mit einem Ausweichen beschrieb, um wenden zu können, sprach der Feuerwehrmann von "Vollgas", "durchdrehenden Reifen und einer "Vollbremsung". Das Resultat: Benjamin D. wurde nach eigener Darstellung vom Auto angefahren, kippte vornüber und prallte mit den Händen auf die Motorhaube. Dann sei er gestürzt. Anschließend habe G. ihn beschimpft und ihm eine "Backpfeife" verpasst. Dem widersprach der Angeklagte.

Der genaue Hergang blieb in der Verhandlung strittig, da es offenbar nur eine Augenzeugin gibt. Diese war jedoch nicht geladen. Sowohl Polizeibeamte, die den Unfall später aufnahmen, als auch weitere Feuerwehrkameraden, die D. zu Hilfe eilten, konnten als Zeugen zum genauen Hergang nichts sagen. Nur eines wurde klar: Hätte G., den schließlich drei Wehrmitglieder vereint zu Boden brachten, sich sofort entschuldigt, wäre es womöglich nie zum Verfahren gekommen.

Benjamin D. erlitt vor allem Verletzungen am Handgelenk. Er war, wie er vor Gericht sagte, mehrere Wochen krank, musste operiert werden und hat bis heute körperliche Einschränkungen.

Die Verhandlung wird am 1. Juli fortgesetzt.