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Ausstellung zum Grundschulprojekt des Hospizvereins Kinder trauern anders, sie brauchen vor allem Informationen

Von Dieter Kunze 11.08.2011, 04:26

Wie erklärt man Kindern den Tod und das Sterben? Eine Frage, bei denen viele Familien hilflos sind. Der Hospizverein "Regenbogen" geht in Grundschulen, um dort mit Kindern und Lehrern über dieses Thema zu reden. Dabei geht es auch fröhlich zu und die Kinder sind mit großem Eifer dabei. Einen kleinen Eindruck davon vermittelt eine Ausstellung, die zurzeit im Krankenhaus zu sehen ist.

Halberstadt. Die bisherigen Ergebnisse des Projekts "Hospiz macht Schule" sind in den nächsten sechs Wochen im Foyer des Halberstädter Ameos-Klinikums zu sehen. Trauerbegleitung für Kinder ist ein neues Betätigungsfeld für die Ehrenamtlichen im Halberstädter Hospizverein "Regenbogen". "In den vergangenen drei Jahren waren wir damit bereits in acht Grundschulen und bekamen anschließend immer ein freundliches Schulterklopfen", sagt Kordula Schippan, Koordinatorin des Hospizvereins Halberstadt. Wohl auch, weil es zu Beginn oft viele Bedenken von seiten der Erwachsenen gibt.

"Eltern tun Kindern keinen Gefallen, wenn sie das Ereignis tabuisieren"

Je nach Altersstufe gehen Kinder sehr unterschiedlich mit dem Verlust von nahen Verwandten um. "Eltern tun den Kindern keinen Gefallen, wenn sie das Ereignis tabuisieren", weiß die Expertin. "Kinder trauern anders." Es sei wichtig, sich ihrer Gefühle anzunehmen, ihnen mit Worten beizustehen und ihnen zu helfen.

Erwachsene seien aber bei Todesfällen in der Familie oft hilflos und mit sich beschäftigt. Kinder würden meist von Beisetzungen ausgeschlossen, bleiben so ihren eigenen Vorstellungen überlassen, leben deshalb mit Ängsten. "Das Nichtreden über das Sterben ändert an dem Problem nichts, verlängert aber die innere Verarbeitung. Kinder brauchen vor allem Informationen", so Schippan.

Deshalb habe der Verein das Schulprojekt zur Trauerarbeit entwickelt. Grundlage war eine vom Bundesministerium für Familie geförderte Ausbildung ehrenamtlicher Hospiz-Mitarbeiter. In der Projektwoche "Hospiz macht Schule" wird über das Werden und Vergehen in der Natur, über Krankheit und Tod, über Rituale in den verschiedenen Religionen und Jenseitsvorstellungen informiert sowie mit Trostspendern wie Kuscheltieren, Briefen oder dem Malen gearbeitet. Gesprochen werde über schwere Krankheiten und eigene Erlebnisse. Die Kinder erfahren altersgerecht, wie das Leben und der Tod ablaufen.

Schließlich gehe es um das Trostspenden, aber auch um fröhliche Zwischenspiele. Die beteiligten Kinder und viele Eltern seien dankbar für diese gefühlvolle Auseinandersetzung mit ihren Ängsten.

Anfangs habe es natürlich bei Eltern Vorbehalte und Unsicherheiten gegenüber solch einem Projekt gegeben, doch beim Auswertungsgespräch sei davon keine Rede mehr gewesen. "Die Teilnahme ist für alle Schüler und Eltern freiwillig", betont Schippan.

"Mitgefühl und Toleranz zu wecken, ist eine wichtige Aufgabe"

Die Ausstellung ist nach den fünf Projekttagen strukturiert, fasst wichtige Anliegen zusammen und zieht mithilfe von Fotos sowie von Schülern erstellten Plakaten eine erste Bilanz. Die Vereinsmitglieder haben lange an der Auswahl gearbeitet. Dank einiger Spenden konnten vor allem Fotos in den Diakonie-Werkstätten aufgezogen werden. Bereits beim Aufbau der Ausstellung, direkt an den Sitzplätzen im Krankenhaus-Foyer, meldeten sich erste Interessierte.

Kordula Schippan ist seit 1985 Krankenschwester im Bereich Intensivtherapie. Sie kennt die Probleme aus der täglich Arbeit, weiß aber auch, wie wichtig das Gespräch ist. "Wir sind oft Moderator zwischen den Angehörigen und einem Sterbenden." Ihre ehrenamtliche Tätigkeit könne dazu beitragen, dass die Betroffenen ruhiger werden, statt gegen das Sterben anzukämpfen.

"Mitgefühl und Toleranz bei den Kindern zu wecken, ist eine wichtige Aufgabe", sagt Vereinsvorstand Heinke Sierig, die im Krankenhaus als Apothekerin tätig ist. Auf die Seele wirke die Arbeit der Vereinsmitglieder positiv, sagt sie.

Über 50 Mitglieder hat der Verein, sie sind zwischen 24 und 84 Jahre alt. Um Betroffenen Beistand zu geben, werden weitere freiwillige Helfer gesucht. Bevor sie für den Ehrenamtsdienst eingesetzt werden, gibt es eine Schulung. Dabei geht es auch um profane Dinge: Angehörige von Sterbenden müssen einkaufen oder andere Wege erledigen, auf konfessionelle Wünsche wird auch geachtet. Im November beginnt in Halberstadt ein neuer Zertifizierungslehrgang der Bundes-Hospiz-Akademie. Dazu haben sich auch auswärtige Interessierte angemeldet.