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Alvenslebensche Familienbibliothek bietet unter anderem einmalige Chancen für Ahnenforscher Hundisburg im Fokus der Wissenschaft

Von André Ziegenmeyer 02.02.2013, 02:23

Die Alvenslebensche Familienbibliothek rückt Schloss Hundisburg in den Mittelpunkt der Forschung. Neben Anfragen seitens der Universität Halle nutzt auch Ahnenforscherin Gudrun Krause die jahrhundertealten Bücher zur biographischen Spurensuche.

Hundisburg l "Schon als Kind hat es mich fasziniert, wenn Verwandte von vergangenen Zeiten gesprochen haben", sagt Gudrun Krause. Seit 14 Jahren beschäftigt sich die Irxleberin mit Ahnen- und Familienforschung. "Zuerst habe ich die Historie meiner eigenen Familie untersucht", so Gudrun Krause. Mittlerweile nimmt sie Aufträge aus ganz Deutschland an.

Ein aktueller Fall hat die Ahnenforscherin nach Schloss Hundisburg geführt. Umgeben von den jahrhundertealten Bänden der Alvenslebenschen Familienbibliothek sucht sie nach Spuren eines Amtmanns aus dem 18. Jahrhundert. "Vor allem interessiere ich mich für seine Herkunft", erläutert Gudrun Krause.

Dafür untersucht sie nicht zuletzt so genannte "Leichenpredigten". Hinter diesem Begriff verbergen sich Bücher, die nach dem Ableben bekannter Persönlichkeiten erstellt wurden. Neben dem Text der eigentlichen Bestattungspredigt enthalten sie unter anderem einen Überblick über das Leben des Verstorbenen - für heutige Biographen eine Schatzgrube.

Die Alvenslebensche Bibliothek bietet in dieser Hinsicht ein besonderes Potential. "Solche Leichenpredigten wurden zwischen verschiedenen Familien getauscht. Auf diese Weise haben wir hier vermutlich Bücher vieler verschiedener Adelshäuser", erklärt Dr. Harald Blanke, Leiter der Schloss- und Gartenverwaltung Hundisburg. Das ist vor allem deshalb bedeutsam, weil deutschlandweit oft nur ein oder zwei Exemplare solcher Bücher erhalten seien.

Generell biete die Alvenslebensche Familienbibliothek einzigartige Chancen: "Es gibt niemanden, der genau weiß, was alles darin steckt", so Harald Blanke. Zwar gebe es mittlerweile eine Übersicht aller Buchtitel. "Aber niemand hat alle Werke gelesen." Zahlreiche Bücher enthalten an den Rändern handschriftliche Ergänzungen - für Wissenschaftler einmaliges Quellenmaterial.

Mehrere Bände sind mittlerweile zur Digitalisierung an die Uni-Bibliothek Halle gegangen. Ein solches digitales Abbild einer Leichenpredigt wurde bereits aus den USA angefordert. Auch ein eigener Arbeitskreis hat sich zur Alvenslebenschen Bibliothek gebildet. "Wir arbeiten unter anderem daran, einen Katalog des ursprünglichen Bestandes zu erstellen", erläutert Harald Blanke. Durch die bewegte Geschichte der Bi- bliothek ist das allerdings keine leichte Aufgabe.

Die Alvenslebensche Familienbibliothek gilt als eine der bedeutendsten Privatsammlungen der Renaissance. Sie geht in wesentlichen Teilen auf die Bücherei des Humanisten und Reformators Joachim I. von Alvensleben zurück, der in Hundisburg geboren wurde.

Ursprünglich befand sich die Bibliothek im Schloss Erxleben, überstand den dreißigjährigen Krieg in Stendal und gelangte 1709 nach Hundisburg. Im 19. Jahrhundert ging sie zurück nach Erxleben. Im Juni 1945 konnten zahlreiche Bände kurz vor der Besetzung durch die Rote Armee nach Niedersachsen in Sicherheit gebracht werden.

Der heutige Bestand umfasst rund 6000 Bände und ist seit September 2012 auf Schloss Hundisburg untergebracht. Wissenschaftler haben vor Ort die Möglichkeit, in den Werken zu lesen. Fachlich und wissenschaftlich betreut wird die Bibliothek von der Universitäts- und Landesbibliothek Halle. Die öffentliche Nutzung wird über die Stadtbibliothek Haldensleben gewährleistet. Besucher können die Bibliothek natürlich im Rahmen von Schlossbesichtigungen betrachten.

Um die Bibliothek bekannter zu machen, wird es laut Harald Blanke künftig jährliche Veranstaltungen geben. Sie sollen jeweils einen bestimmten Aspekt der Sammlung näher beleuchten. Der Auftakt der Reihe findet im Mai statt.