Umfrage: Braucht Haldensleben ein Kino?

Die Volksstimme-Leserbefragung bietet Ihnen die Chance, Ihre Meinung zum Geschehen in Ihrer Umgebung zu sagen. Heute geht es um das Thema Kino. Denn Haldensleben hat in dieser Hinsicht eine reiche Geschichte, derzeit aber kein eigenes Lichtspielhaus.

Haldensleben l Die alte Leuchtreklame bröckelt, die Tür ist mit Plakaten zugeklebt und an den Wänden prangen schlechte Graffiti. Die Roland-Lichtspiele am Jungfernstieg bieten derzeit einen traurigen Anblick. Dabei sind sie Haldens- lebens traditionsreichstes Kino. Fast 80 Jahre lang bestaunte das Publikum hier die neuesten Kunstwerke aus den Traum- fabriken - sei es Babelsberg oder Hollywood.

Zu DDR-Zeiten existierten drei Kinos in Haldensleben

Denn Kinovorführungen haben in Haldensleben eine lange Geschichte. Kaum dass die Bilder laufen lernten, sorgten sie auch hier für Faszination. Für den 4. Oktober 1911 verkündet eine Zeitungsanzeige die "Eröffnung des Ersten Welt-Kinos" am Marktplatz. Es handele sich dabei um ein "Lichtbild-Theater ersten Ranges". Zum Programm der Eröffnungswoche zählten Titel wie "Ein Duell in der Luft" und "Spiritismus im Dienste der Liebe". Nur wenig später eröffnete ein weiteres "Welt-Kino" in der Holzmarktstraße. Dieses versprach seinem Publikum ein "erstklassiges, wenig gelaufenes Großstadt-Schlager-Programm, kein Riesen- und Meilenprogramm zweifelhafter Güte und Alters". Schon zuvor dürfte es einzelne Vorführungen in Gasthäusern und auf Jahrmärkten gegeben haben. Zweifelsfrei nachweisbar ist dies jedoch nicht.

Die Geschichte der Roland-Lichtspiele ist eng verbunden mit dem Gasthof "Fürst Bismarck", der 1876 erbaut wurde. Laut Katrin Jobke vom Kreis- und Stadtarchiv Haldensleben erhielt der Saal des Gasthauses 1914 einen Anbau für gelegentliche Kinovorführungen. Daneben gab es auch Konzerte. Später wurde auch das Außengelände für Freilicht-Kino-Vorführungen hergerichtet.

1946 wurden die Roland-Lichtspiele enteignet. "Zu DDR-Zeiten gab es in Haldensleben drei Kinos", weiß Katrin Jobke zu berichten. Dazu gehörten neben den Roland-Lichtspielen die Post-Lichtspiele in Althaldensleben und die Gambrinus-Lichtspiele an der Bornschen Straße. Letztere gingen ebenfalls aus einem Gasthof hervor, hießen später Volkslichtspiele wurden aber zu Beginn des Jahres 1965 geschlossen. Die Roland-Lichtspiele wurden dagegen umfangreiche renoviert.

Fabrikkino als ein lebendiges Stück Lichtspiel-Tradition

Nach der Wende waren sie nach bisherigem Kenntnisstand das letzte Kino in Haldensleben. 1991 gingen die Roland-Lichtspiele in den Besitz der UFA über. Doch diese Episode war kurz. Am 1. Februar 1992 folgte die Schließung, kurz darauf die Wiedereröffnung unter einem neuen Pächter. Doch schon damals haperte es mit den Besucherzahlen. Am 4. Februar 1997 fiel der letzte Vorhang. Als Grund wird in einem Zeitungsartikel die Konkurrenz zur den Großkinos in Magdeburg genannt. In einem Volksstimme-Interview mit dem letzten Betreiber heißt es dazu: "Wir müssten zwischen 2800 und 3000 Besucher im Monat haben, damit die Rechnung aufgeht. Wir liegen weit unter 1000." In der letzten Woche habe man lediglich 47 Gäste gezählt. Ein Stück lebendige Lichtspiel-Tradition bietet dagegen das Fabrikkino. Es findet seit zweieinhalb Jahren einmal im Monat in der Kulturfabrik statt. Davor trug die Veranstaltungsreihe den Namen "Kinothek". Gezeigt werden jedoch keine großen Blockbuster. "Wir verstehen uns eher als Programmkino", erklärt Janina Otto, die Leiterin des Alsteinklubs. Per Filmwunschbox können die Gäste Vorschläge abgeben. Ob sich ein reguläres Kino heute in Haldensleben halten könnte, sieht Janina Otto kritisch: "Es müssten schon mehrere Filme pro Tag gezeigt werden. Dafür ist die Nachfrage in Haldens- leben vermutlich zu klein."

Weitere Beiträge zum Thema "Kino in Haldensleben" veröffentlicht die Volksstimme in den nächsten Tagen. Schon jetzt können Sie aber an der Leserbefragung teilnehmen. Hinweise dazu finden Sie im nebenstehenden Coupon.