1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. Auf der Suche nach Sicherheit

Syrische Asylbewerber in Weferlingen Auf der Suche nach Sicherheit

Syrier aus dem Weferlinger Asylantenheim und Schüler des
Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums haben gemeinsam eine Ausstellung über
Syrien erarbeitet. Ziel ist das Kennenlernen der Kultur und der Versuch,
Gründe für die Flucht aus der Heimat darzustellen.

Von Marita Bullmann 23.04.2015, 03:24

Weferlingen l "Sie haben alle von der Tragödie gehört, die sich in den letzten Tagen im Mittelmeer ereignet hat", wandte sich Bassam Kodmani an die zahlreichen Gäste, die sich in der Alten Turnhalle des Weferlinger Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums eingestellt hatten. Ein Teil der Menschen, die dabei starben, seien Syrer gewesen, die sich ein neues Leben erhofften. Diese aktuellen Ereignisse konnten nicht mehr in der Ausstellung, die an diesem Abend präsentiert wurde, berücksichtigt werden, versicherte Bassam Kodmani und bat alle, für die ertrunkenen Flüchtlinge eine Gedenkminute einzulegen.

40 syrische Flüchtlinge leben in der Asylbewerberunterkunft in Weferlingen. Sie wollten sich in Weferlingen vorstellen. "Wir sind nicht nach Deutschland gekommen, weil wir Geld brauchen. Wir suchen Sicherheit", erklärte Bassam Kodmani im Gespräch. "Und wir danken den Menschen in Deutschland und in den Nachbarländern von Syrien, die uns helfen."

Elke Kalmbach, Lehrerin im Ruhestand, die den Asylbewerbern Deutschunterricht gibt, hatte den Wunsch der Syrer mitbekommen und sich an Karl Spenn, den Schülersprecher des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums, gewandt. Der 17-Jährige hatte Mitschüler angesprochen und so war eine Projektgruppe von Gymnasiasten aus den 9. und 11. Klassen und Syrern entstanden, die gemeinsam Fotos für die Ausstellung ausgewählt und daraus Informationstafeln gestaltet haben. Dabei haben sie vorrangig auf das Internet zurückgegriffen.

"Wir wollen, dass Sie uns als Menschen kennenlernen", wandte sich Samih Alzaem an die Gäste. "Wir wollen nicht nur die Geschichte des Landes präsentieren, auf die wir stolz sind, sondern auch die bittere Realität des Alltags heute." Dabei gehe es auch um Schicksale, wie sie viele hier anwesende Familien erlebt haben auf der Flucht und der Suche nach Sicherheit. Oft auch mit Angst vor dem Tod von Angehörigen, die noch in den Kriegsgebieten leben.

Karl Spenn zeigte per Laptop zusätzlich zur Ausstellung Bilder aus Syrien und spielte außerdem einen Ausschnitt aus einem Sinfoniekonzert mit syrischer Musik ein.

Schulleiterin Kornelie Wahner-Willems würdigte das Engagement der Gymnasiasten und Syrer, die das Projekt ohne Zutun der Schulleitung umgesetzt hatten. Sie würdigte die Initiative als Beitrag zur Völkerverständigung. Hier gehe es um freundschaftliche nachbarschaftliche Kontakte, um den Aufbau von gegenseitigem Verständnis und Akzeptanz, um das Öffnen von Türen für Heimatlose. Menschen, die es hierher verschlagen hat, mögen teilhaben am Leben, ergänzte Ortsbürgermeister Hans-Werner Kraul. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei seine Mutter als traumatisiertes junges Mädchen, das seine Mutter auf der Flucht verloren hatte, nach Weferlingen gekommen, führte er seine eigene Familiengeschichte als Beispiel an. Sie habe Zuspruch gefunden, aber auch Ablehnung. Und sie sei geblieben.

Jetzt wird noch nach Möglichkeiten gesucht, die Ausstellung auch im Ort zu zeigen. Und an diesem Abend wurde schon eine neue Idee besprochen. Die Syrer möchten in Weferlingen gern Bäume pflanzen, sie wollen hier Wurzeln schlagen. SPD-Bundestagsabgeordnete Waltraud Wolf, die extra zu dieser Ausstellung aus Berlin gekommen war, sagte bei dem Vorhaben Hilfe zu.

Und auch den Verein "ZusammenLeben Weferlingen", der am 6. Mai um 19 Uhr im Haus der Generationen und Vereine gegründet werden soll, will sie unterstützen. Dieser Verein soll den Flüchtlingen bei ihrem Ankommen zur Seite stehen, über das Leben in Weferlingen und in Sachsen-Anhalt informieren und Begegnungsorte und -anlässe schaffen. Außerdem will der Verein Vorurteile und Ängste abbauen und zu einem guten Zusammenleben beitragen.