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Kennenlernrunde noch nicht vorbei

Von Carina Bosse 10.08.2015, 20:42

Die 100 Tage "Schonfrist" für den neuen Verbandsgemeindebürgermeister Mathias Weiß sind heute vorbei. Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen.

Volksstimme: Seit Anfang Mai sind Sie nun im Amt als Verbandsgemeindebürgermeister. Welchen Eindruck haben Sie nach 100 Tagen in Ihrer neuen Tätigkeit?

Mathias Weiß: Sie ist fordernd, sie ist anstrengend, sie macht viel Spaß und ist genau das, was ich erwartet habe.

Von Shanghai und Kaliningrad nach Flechtingen. Wie empfinden Sie den beruflichen Wechsel von der Großstadt in die Provinz?

Für mich ist der Wechsel nichts Ungewöhnliches. Ich komme ja hier aus der Region, weshalb der Wechsel in eine Großstadt wie Berlin oder Shanghai mit größeren Umstellungen und Gewöhnungseffekten für mich verbunden war. Aber schon vor vier Jahren mit dem Wechsel von der Millionenmetropole Shanghai ins wesentlich kleinere Kaliningrad habe ich gemerkt, wie familiärer es in kleineren Städten zugehen kann.

Das hatte ich - auf einem Dorf groß geworden - ein bisschen vermisst. Unter diesem Aspekt empfinde ich den beruflichen Wechsel nach Flechtingen als sehr angenehm, da er auch im Privatbereich Annehmlichkeiten mit sich brachte. Es ist für mich ein großer Luxus, gute ärztliche Versorgung zu haben oder im Supermarkt einkaufen gehen zu können, ohne dass es Versorgungsengpässe wie auf dem letzten Posten gibt. Ich hoffe, dass ich diese Denkart möglichst lange bewahren kann.

Sie haben in der Verwaltung der Verbandsgemeinde ein engagiertes Team kennengelernt. Dennoch gibt es schon am Anfang Ihrer Tätigkeit eine Reihe von internen Veränderungen. Warum haben Sie sich dazu entschlossen?

Das engagierte Team kann nur dann als ein solches arbeiten, wenn die Hürden für eine bessere Zusammenarbeit genommen sind. Als Verwaltungsleiter wird von mir erwartet, die wirtschaftlichen Mittel der Verbandsgemeinde so effizient wie möglich einzusetzen.

In meinen bisherigen Tätigkeitsfeldern bin ich häufig damit konfrontiert worden, mit den vorhandenen Mitteln das bestmöglichste für das jeweilige Generalkonsulat herauszuholen.

Durch Aufgabenanalyse und Reorganisation war es mir und meinem Team in Kaliningrad gelungen, nicht nur etwa 25 000 Kunden jährlich zu bedienen, sondern über 41 000. Das hat sich positiv im Gastland in der Öffentlichkeit niedergeschlagen - und mich sehr geprägt.

Ich habe für die Verbandsgemeinde Flechtingen festgestellt, dass es innerhalb des Verwaltungshauses noch Möglichkeiten zur Optimierung gibt. Aus diesem Grunde veranlasste ich einige Veränderungen, um Verwaltungsabläufe straffer zu gestalten und Synergien zu schaffen.

Wie bewerten Sie (als Neuling in der VG-Führung) nach den ersten 100 Tagen die personelle und Ämterverteilung auf die drei Standorte in Calvörde, Erxleben und Flechtingen?

Ich habe festgestellt, dass ich sehr viel Zeit auf der Landstraße zwischen den Dienstorten und den Einrichtungen, für die die Verbandsgemeinde zuständig ist, verbringe. Diese Zeit muss ich im Büro nacharbeiten. Wenn ich einmal hochrechne, dass mehrere Kollegen täglich zwischen den Standorten pendeln (zum Beispiel für Post- und Aktenaustausch), dann ist es auf das Jahr gerechnet schon ein größerer Kostenfaktor, den sich die Verbandsgemeinde leistet. Mit Blick auf die enger werdenden finanziellen Spielräume der Mitgliedsgemeinden und den Klagen aus den Gemeinderäten, wie die Umlagen weiter finanziert werden können, müssen die dortigen Gremien darüber nachdenken, wie wir künftig weiter verfahren wollen. Meine Aufgabe sehe ich darin, Vorschläge für die Entscheidungsträger zu erarbeiten.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit in der kommenden Zeit?

Wie bereits in den vergangenen drei Monaten werde ich weiterhin die Dörfer, die Einrichtungen der Verbandsgemeinde und die Einwohner noch intensiver kennenlernen. Darüber hinaus muss ich tiefer in die Fachämter eintauchen, um dort zusammen mit den Mitarbeitern Optimierungsstrategien zu erarbeiten oder zur Lösung rechtlicher Fragen beitragen.

Angenommen, Sie hätten drei Wünsche frei, welche wären das?

Erstens: Einen Blick in die Zukunft werfen zu können, um daraus passende Entscheidungen in der Gegenwart zu treffen.

Zweitens: Nicht noch mehr werdende graue Haare (lacht).

Drittens: Die Fähigkeit, mich teilen zu können. In den vergangenen drei Monaten gab es viele Veranstaltungen über das ganze Verbandsgemeindegebiet, manchmal bis zu vier parallel laufend. Ich konnte daher leider nicht jeder Einladung persönlich folgen und habe um Verständnis geworben. Es nützt mir und den Veranstaltern wenig, wenn ich nur fünf Minuten bei ihnen sein kann, um dann gleich zur nächsten Veranstaltung zu hetzen.