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Auslandsaufenthalt Ein lehrreiches Jahr in der Fremde

Von Constanze Arendt-Nowak 14.08.2015, 20:31

Fast ein Jahr Amerika liegt hinter dem 17-jährigen Jonathan Schmidt aus Niederndodeleben. Es hat ihm reichlich neue Erfahrungen gebracht.

Niederndodeleben l Als eine einmalige Chance, die er sehr gut genutzt und auch genossen hat, sieht Jonathan Schmidt aus Niederndodeleben seinen Auslandsaufenthalt in den Vereinigten Staaten von Amerika. "Ich habe mich auch mit Dingen auseinandergesetzt, die man sonst gar nicht sieht, weil man sie einfach gewohnt ist", hebt der 17-Jährige rückblickend hervor.

Kontakte zu Jugendlichen aus aller Welt geknüpft

Besonders fruchtbringend sei es auch gewesen, dass er über Treffen und Reisen, die die Austauschorganisation organisiert hat, während des Aufenthaltes nicht nur Freundschaften zu Amerikanern, sondern auch zu vielen jungen Menschen aus anderen Ländern knüpfen konnte. So sind ihm auch Freunde aus Italien, Japan, Frankreich und Chile geblieben, mit denen er auch über einen Monat nach seiner Rückkehr Kontakt hält. Die Kommunikation ist dabei kein Problem, die läuft auf Englisch und das beherrscht nicht nur Jonathan Schmidt jetzt fließend.

"Ich war voll drin in der anderen Sprache und habe nach zwei bis drei Monaten auch in Englisch geträumt", erzählt er. Und genau das war bei der Rückreise dann auch lustig. So sehr sich die Austauschschüler auch Mühe gaben, ihre eigene Muttersprache wollte noch nicht so richtig durchdringen. "Wir haben dann zwei Sprachen ineinander gesprochen", fügt er hinzu. Auch die ersten drei Tage zu Hause in Niederndodeleben konnte er sich überhaupt nicht in Deutsch verständigen. An den folgenden Tagen wurden seine Sätze stets noch mit englischen Wörtern aufgefüllt. Das sorgte natürlich auch für Belustigung bei seinen Klassenkameraden im Wolmirstedter Kurfürst-Joachim-Friedrich-Gymnasium, die er gleich nach seiner Rückkehr wenige Tage vor dem Ferienbeginn besuchte. Jonathan: "Als ich zurückkam, war ich 26 Stunden am Stück wach und habe vielen erstmal Hallo gesagt."

Zu seinen Kenntnissen in der englischen Sprache vor Antritt seines Austauschjahres sagt Jonathan Schmidt, dass er mündlich schon ein gutes Verständnis hatte. Die zehn Monate in Amerika haben ihm geholfen, dass er sein Englisch heute als fließend bezeichnet.

Zugute kam ihm dabei sicher auch, dass er - nicht zuletzt wegen des Zeitunterschieds von acht Stunden - wenig Kontakt nach Deutschland hatte. "Ich habe auch meinen deutschen Facebook-Account für ein halbes Jahr lahmgelegt, so dass ich für deutsche Freunde nicht erreichbar war. Mit meinen Eltern hatte ich vielleicht einmal in der Woche Kontakt", erinnert sich der 17-Jährige.

Dafür fiel dem Niederndodeleber die Kontaktaufnahme in Amerika anfangs recht leicht. "Die Deutschen sind verschlossener im Gegensatz zu den Amerikanern, die den Smalltalk lieben. Das habe ich gleich von Anfang an genossen", erinnert er sich.

Seinen Schulalltag verlebte er als Zwölftklässler, der seinen Stundenplan selbst zusammenstellen konnte. Täglich hatte er fünf Stunden. Wie er selbst sagt, gaben ihm die 15 Kurse in den drei Semestern, die er für sich wählen konnte, sehr viel Möglichkeiten, sich auszuprobieren. Unter den Kursen seien auch einige gewesen, die es an deutschen Gymnasien wohl nie geben würde. So habe er im Kurs "3D-Modellieren" beispielsweise dreidimensionale Autoteile hergestellt. Einen wichtigen Teil des Schultages habe aber auch der Sport eingenommen. "Bis 14.30 Uhr war Schule und anschließend war Training in den von der Schule organisierten Sportarten", berichtet Jonathan Schmidt, der das Laufen zu seinem großen Hobby gemacht hat und sich dadurch auch eine gute Orientierung in der 18 000-Einwohner-Stadt Trenton im Umland von Detroit (Michigan) aneignen konnte.

Trenton war für die zehn Monate seine Heimat. Hier lebte er in einer Gastfamilie. Gastvater Mathew und Gastmutter Laura hatte drei Kinder - den 15-jährigen Wilson, die 13-jährige Emma und die elfjährige Jane. Der Gastbruder Wilson besuchte die gleiche Schule wie Jonathan. "Ich bin meiner Gastfamilie sehr dankbar, dass sie die Haustür für einen Fremden geöffnet haben und mir so eine Riesen-Chance gegeben haben, andere Länder, andere Kulturen und auch andere Sitten kennenzulernen", richtet das deutsche Gastkind noch einmal ein Dankeschön über den großen Teich. Zu den anderen Sitten fällt ihm spontan die konsequente Nachtruhe um 22 Uhr ein. "Das ist Gewöhnungssache, aber man muss sich einfach darauf einlassen und wenn man Offenheit gegenüber dem Neuen zeigt, wird man oft belohnt", so Jonathan, der sich auch freut, eine Menge neues Wissen aus Amerika mitgebracht zu haben.

Andere Schüler auf ihr Austauschjahr vorbereiten

Er weiß, dass er einen Teil dieses Wissens dabei auch seiner Austauschorganisation Youth for Understanding (YFU) zu verdanken hat. Und so bezeichnet Jonathan Schmidt schon die erste Kennlernwoche, die die Organisation veranstaltet hat, als "Augenöffner". "Man lernt, dass es um mehr geht, als nur um Spaß, und auch, dass man persönliche Gefühle ab und an zurücknehmen muss, um Neues mitzubekommen", erklärt er. Künftig könnte er sich vorstellen, auch selbst ehrenamtlich im Namen von YFU andere Austauschschüler auf ihr Austauschjahr vorzubereiten. YFU gebe, so Jonathan, jungen Leuten die Möglichkeit, Botschafter zu sein.

Allerdings ist ihm auch klar, dass es ohne den Deutschen Bundestag für ihn nie ein Austauschjahr in Amerika gegeben hätte. Das Parlamentarische Partnerschaftschaftsprogramm (PPP) hat ihm die fianzielle Stütze geboten.

Und einiges von seinem Amerika-Aufenthalt wird Jonathan wohl dann in eineinhalb Wochen auch noch am Wolmirstedter Gymnasium erzählen. Denn dann geht es hier für ihn weiter mit dem Lehrstoff der elften Klasse.