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Landwirtschaft Milchpreise im freien Fall

Einer Fieberkurve ähnelt das Auf und Ab der Milchpreise. Derzeit erlösen
Landwirte mit 27 Cent pro Kilogramm Milch so wenig wie zuletzt im Jahr
2009. Nach Meinung des Kreisbauernverbandes krankt das System unter
anderem an den Niedrigpreisstrategien des Einzelhandels.

Von Siegmar Riedel 28.07.2015, 19:03

Klötze l Als angespannt und existenzgefährdend bezeichnet der Deutsche Bauernverband die Situation auf dem Milchmarkt. Nach vergleichsweise guten Jahren 2013 und 2014 befinden sich die Milchpreise derzeit erneut auf einer Talfahrt. Als Ursachen dafür hat die Bauernvertretung eine verhaltene Nachfrage als Folge eines russischen Importembargos und eine damit verbundene Kaufzurückhaltung anderer Staaten ausgemacht. "Aufgrund dieser Marktsituation ist eine rentable Milcherzeugung nicht mehr möglich und auch die Liquidität gefährdet", heißt es vom Bauernverband.

Das sehen die Milcherzeuger aus dem Altmarkkreis nicht anders. Während eines Pressegesprächs kritisierten Vorstandsmitglieder des Kreisbauernverbandes mit ihrer Geschäftsführerin Annegret Jacobs die zu erzielenden Erlöse bei der Milchproduktion.

Christian Schmidt, Vorsitzender des Fachausschusses Milch im Landesbauernverband und Vorstandsmitglied im Kreisverband, berichtete von Gesprächen mit Vertretern von großen Handelsketten. "Der Handel verzichtet zum Teil auf den Gewinn bei Milchprodukten, um Kunden mit niedrigen Preisen anzulocken", erläuterte Christian Schmidt. Das wirke sich unmittelbar auf die Marktpreise für Milch aus, die damit nicht mehr den realen Produktionskosten entsprechen würden. Der Milchproduzent von der Agrargenossenschaft Siedenlangenbeck fordert deshalb eine "gesellschaftliche Diskussion" zum Thema Milchproduktion und Preise.

Einen weiteren Aspekt der Preispolitik auf dem Milchmarkt, der sich auf die gesamte Gesellschaft auswirkt, brachte Annegret Jacobs ins Spiel. "Sind die Preise niedrig, fehlt den Landwirten das Geld für Investitionen", erklärte sie. Damit würde dem Kreislauf und damit dem Handwerk Geld entzogen.

Zwar freut es den Kunden im Supermarkt, wenn er für Milch, Butter, Joghurt und Co. nur wenige Cent bezahlen muss. Für viele Landwirte gefährdet diese Preispolitik jedoch die Existenz. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist von 1984 bis 2014 die Anzahl der Milcherzeuger in Deutschland von 369 000 auf 78 000 gesunken. Das entspricht einem Minus von 79 Prozent.

Unruhe in den Markt brachte auch das Auslaufen der Milchquote Ende März 2015. Eingeführt von der Europäischen Union im Jahr 1984, sollte sie die Einkommen der Milcherzeuger sichern und den Fortbestand von Betrieben garantieren. Sie legte fest, wie viel Milch ein landwirtschaftliches Unternehmen pro Jahr produzieren durfte. Verkaufte es mehr, wurden empfindliche Strafabgaben fällig.

"Tatsache ist, dass die Milchquote nicht zu stabilen Erzeugerpreisen führte und der Strukturwandel weiter vorangeschritten ist", informiert der Bauernverband, der den Ausstieg aus der Quotenregelung deshalb befürwortet. Doch mit dem Wegfall der Reglementierung ist der Milchmarkt wieder sich selbst überlassen und muss sich einpegeln. Landwirte freuen sich, dass ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit über die Produktionsmenge keine Grenzen mehr gesetzt seien, erklärt der Bauernverband. Die Betriebe würden sich wieder den regionalen Standortbedingungen anpassen können. Zusätzliche finanzielle Belastungen in der Zeit der Milchquote durch Strafabgaben, Kauf und Pacht von Quoten fallen weg. Allerdings wird die Freude darüber getrübt, wenn die Preise derart in den Keller rutschen, dass die Existenzen der Milcherzeuger gefährdet sind.