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Jübarer Verein Junge Archäologen der Altmark feierte 40-jähriges Bestehen / Dank an Mitglieder und Unterstützer 34 Fundpunkte in der Region geben Geschichte preis

13.03.2012, 03:11

Sieben Schüler gehörten der Arbeitsgemeinschaft "Junge Historiker" in der Stöckheimer Schule an, die sich am 18. März 1972 gründete. Daraus ging in der Wendezeit der Verein Junge Archäologen der Altmark hervor. Das 40-jährige Bestehen wurde am Sonnabend in Jübar gefeiert.

Von Anke Pelczarski

Jübar l Die bereitgestellten Stühle im Saal der Gaststätte Zur Linde in Jübar reichten nicht aus, so groß war der Andrang zur Festveranstaltung. Weitere mussten hineingetragen werden. Vorsitzender Hartmut Bock, der als Junglehrer die Arbeitsgemeinschaft ins Leben rief und sich auch heute noch mit viel Energie um archäologische Grabungen und deren wissenschaftliche Aufarbeitung kümmert, freute sich sehr darüber.

Er erinnerte an die wichtigsten Ereignisse des vergangenen Jahres: In Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie konnte ein Lehrpfad zu den Großsteingräbern bei Jübar eröffnet werden. Ein Bildband über die Geschichte Jübars entstand. Während des Grabungslagers bei Hohendolsleben sei ein frühmittelalterliches Körpergrab entdeckt worden. "Vielleicht können wir in diesem Jahr klären, ob sich dort einst ein Friedhof befunden hat", blickte Hartmut Bock voraus. Die Schülergruppe habe im November eine Exkursion nach Tangermünde unternommen. Und auch die Vorbereitung für die Festveranstaltung habe viel Zeit beansprucht.

Der Vorsitzende erinnerte daran, dass die Stöckheimer Gruppe im Jahr 1974 die Arbeitsgemeinschaft Junge Historiker aus Kleinau mit dessen Leiter Otto Mewes kennenlernte. "Wir haben uns bei der Grabung in Niedergörne gefunden", blickte er zurück. Zur Wendezeit hätten sich beide Gruppen zu den Jungen Archäologen der Altmark zusammengefunden.

Hartmut Bock nutzte den feierlichen Rahmen, um danke zu sagen: den treuen Mitgliedern, Unterstützern, Sponsoren und Partnern. Eine besondere Überraschung hatte er für Dr. Rosemarie Leineweber mitgebracht: Die einstige Mitarbeiterin des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie, die jetzt im Ruhestand ist, erhielt die Ehrenmedaille des Vereins mit Gravur in Silber und einen farbenfrohen Blumenstrauß. Sie hatte jahrelang den Kontakt zu den Jungen Archäologen gehalten, beraten, Fachleute zusammengeführt. Die Vereinsmitglieder bauen darauf, dass die Kooperation mit ihrer Nachfolgerin Dr. Barbara Fritsch ebenfalls gut funktioniert. Diese wurde mit Blumen begrüßt. "Die Medaille muss sie sich erst noch verdienen", fügte Hartmut Bock mit einem Schmunzeln hinzu.

Professor Dr. Harald Meller, Direktor des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, hatte seinen unterhaltsamen Vortrag mit den Worten "Bock auf Archäologie?" überschrieben. Er gab einen Überblick über aktuelle Forschungen im Land. So sei in Eulau im Burgenlandkreis ein ungewöhnliches Familiengrab entdeckt worden. "Mutter, Vater und zwei Söhne sind eng umschlungen begraben worden", beschrieb er. Dieser Fund sei heute im Landesmuseum zu sehen. Die Untersuchungen hätten ergeben, dass die Frau mit zwei Pfeilen ermordet worden sei. "Wir sind einen ungewöhnlichen Weg gegangen, haben den Chefprofiler des Bundeskriminalamtes eingeladen, der zum Aufklären des Falles beitrug", schilderte Harald Meller eine moderne Herangehensweise. Herausgestellt habe sich, dass wohl die Brüder der Frau Rache genommen haben, weil sie ihr Herz an einen Mann aus einer anderen Region verloren hatte.

Bei Pömmelte sind zwei Kreisgrabenanlagen entdeckt worden, die in die Zeit von Stonehenge datiert werden können. In den Opferschächten seien Menschen-, Tier-, Beil- und Keramikopfer gefunden worden. "Es ist der erste Fund solcher Kreisgrabenanlagen in Deutschland", sagte der Gast. Interessant seien auch die Forschungen um Königin Editha in Magdeburg gewesen. Im Gewerbegebiet Südhafen in Haldensleben seien Archäologen auf eine Burg gestoßen, die wohl aus dem Jahr 1076 stammt.

In die jüngere Zeit sei bei der Untersuchung des Schlachtfeldes von Lützen eingetaucht worden. Dort hätten sich im Jahr 1632 die kaiserliche Armee von Wallenstein und die Schweden duelliert. "Kugeln, die dort gefunden wurden, erzählen Biografien. Es ist genau nachweisbar, wer diese abgeschossen hat und was getroffen wurde", beschrieb Harald Meller. Das sei ungemein spannend. Die Denkmalpfleger wollen das Gelände "als Gedächtnisort sichern und vor Windrädern sperren", fügte er hinzu.

Der Gast verwies darauf, dass die Archäologen heute ein überzeugendes Image besäßen. Das zeige sich auch daran, dass die Leute an den Wochenenden am Landesmuseum für Vorgeschichte Halle Schlange stehen würden. Dort werde derzeit die Geschichte von Pompeji präsentiert. Aber auch der Stellenwert des altmärkischen Vereins sei hoch. Er zeichne für die Erforschung von bisher 34 Fundpunkten in der westlichen Altmark verantwortlich. "Sie sehen hier im Verein, dass junge Menschen an historische Erinnerungen herangeführt werden. Das ehrenamtliche Engagement ist sehr bemerkenswert und wichtig für die Identität der Region", lobte Harald Meller.

Dem schloss sich auch Landrat Michael Ziche an. Er hob die tolle Zusammenarbeit in Jübar hervor, die sich auch darin zeige, dass zur Festveranstaltung alle Vereine vertreten seien. Als Geschenk zum 40-Jährigen überreichte er 500 Euro vom Kreis.

Zu den Gratulanten zählte ebenfalls Werner Wienecke. Der 85-Jährige aus Stöckheim war einst Lehrer von Hartmut Bock, dann bis 1990 dessen Direktor an der Stöckheimer Schule. Als der Junglehrer die Idee einbrachte, sich mit Schülern intensiver mit Archäologie beschäftigen zu wollen, sei er nicht gleich begeistert gewesen. Aber Hartmut habe nicht lockergelassen, immer wieder darauf hingewiesen, dass die Forschung für die Schule wichtig sei, berichtete Werner Wienecke.

Vereinsmitglied Ingelore Fischer dankte dem Vereinsvorsitzenden für die 40 Jahre bei Grabungen, Exkursionen, Pflegearbeiten: "Es war eine wunderschöne Zeit. Ich hoffe, dass sie noch lange weitergeht." Im Anschluss gab es mehrere Vorträge. Mehr darüber in einer der nächsten Ausgaben.