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Tausende Helfer leisten Schwerstarbeit/Evakuierungen von Seniorenpflegeheimen Hochwasserlage an der Elbe spitzt sich weiter zu

07.06.2013, 01:22

Salzwedel (bvo/apu/ifr/tp/as/me). Tausende Freiwillige schippen in der Kiesgrube in Neu Tramm im Nachbarlandkreis Lüchow-Dannenberg seit Mittwoch im Drei-Schicht-System 24 Stunden täglich Sand in Jutesäcke - Millionen davon werden benötigt, um den Deich zwischen Hitzacker und Penkefitz um fast einen Meter zu erhöhen. Bereichsleiter Torsten Schulz-Widdecke gönnte sich gegen Mittag eine kurze Verschnaufpause, betonte aber, dass er und seine Männer von der Freiwilligen Feuerwehr Karwitz schon seit sechs Uhr morgens schippen - Palette um Palette. Trecker und Tieflader fahren die Sandsäcke in einem endlosen Strom aus dem Kieswerk an die betroffenen Deiche - die Straßen sind für normale Bürger inzwischen längst gesperrt. Weitere Freiwillige sind jederzeit willkommen.

In Dannenberg wurde die Turnhalle der Grundschule in einen Schlafsaal umgestaltet. Rund einen Kilometer entfernt, auf dem Schützenplatz, hat die Feuerwehr Dannenberg ihre Einsatzleitstelle eingerichtet. Hier sollte am nächsten Wochenende eigentlich das Dannenberger Schützenfest beginnen. Es wurde kurzerhand abgesagt, ebenso wie das Schützenfest in Hitzacker. Das Festzelt in Dannenberg stand aber schon und wurde blitzartig in eine Notunterkunft umfunktioniert. In der Nähe ist der Versorgungszug der Freiwilligen Feuerwehr Soltau untergekommen. Die Gulaschkanonen können 300 Mann rund um die Uhr versorgen.

Die Hochwasserlage im Landkreis Stendal spitzt sich zu. "Jetzt steigt die Elbe rapide an", sagte Landrat Carsten Wulfänger (CDU) gestern. Zu jenem Zeitpunkt standen die Pegel Tangermünde und Wittenberge bei 6,19 Metern, Warnstufe 2. "Für morgen früh sind 7 Meter prognostiziert, das ist dann ein Sprung auf Warnstufe 4", kündigte Wulfänger an. 200 Helfer sind auf dem Flugplatz dabei Sandsäcke zu füllen. Feuerwehrleute schippen neben THW-Helfern und auswärtigen Ehrenamtlichen.

"Wir haben 300000 Säcke zur Verfügung"

"Wir haben derzeit 300000 Säcke zur Verfügung und davon sind die schon abgerechnet, die bereits abgegeben wurden", informierte der Landrat und hatte noch einen dringenderen Appell. "Die Polizei musste zusätzliche Kräfte einsetzen, um die Deichtouristen unter Kontrolle zu bringen", sagte er. Es ist verboten, die Deiche zu betreten und wenn kein Einsehen herrsche, würden künftig auch Ordnungsgelder verhängt.

In Werder und Scharpenlohe bei Beuster bereiten sich die Einwohner auf den höchsten Wasserstand vor, den sie bislang erlebt haben. Es werden Fenster vermauert, Tiere in Sicherheit gebracht, Sandsäcke verlegt und Einrichtungsgegenstände möglichst hoch eingelagert. Dennoch: Angst empfindet kaum jemand. Zumindest die Alteingesessenen glauben, die auf sie zukommende Situation gut einschätzen und händeln zu können. Einwohner Rüdiger Schwesig: "Wir leben hier seit vielen Jahren mit dem wiederkehrenden Hochwasser." Deshalb kann der Werderaner dem Evakuierungsplan des Landkreises nichts abgewinnen. "Ich befürchte, die Menschen außerhalb des Deiches sind viel gefährdeter als wir. Darauf sollten sich die Verantwortlichen konzentrieren."

Sorgenvoller blickt da schon Ralf von Hagen auf die eigene Situation. Er, seine Familie und Helfer aus Beuster und Umgebung haben zwei Tage geschuftet, um die untere Etage des Wohnhauses und auch der Nebengebäude auf dem Anwesen auszuräumen.

"Es werden die gleichen Vorbereitungen getroffen wie 2002. Dazu gehört es auch, einen Teil der Möbel auf Stelzen aus aufgestapelten Steinen zu stellen. "Wir hoffen, dass das reicht, um schlimmen Schaden abzuwenden", so von Hagen.

Bei jedem stärkeren Elbehochwasser kommt es im Nordwesten des Landkreises Stendal zum Rückstau von Wasser durch die Seege (Niedersachsen) bis in den Zehrengraben, wodurch die Überschwemmung großer Landwirtschaftsflächen droht. Auch in Wohn- und Wirtschaftsgebäude drang das Wasser schon ein.

Darum wurde gestern der Zehrengraben an der Brücke bei Bömenzien mit sogenannten Big-Bags (großformatigen Sandsäcken) größtenteils verbaut. Das soll zu einer Verlangsamung des Rückstaus führen. Bis jetzt fließt das Wasser des Zehrengrabens noch in Richtung Seege und Elbe. Endgültig geschlossen werden soll das provisorische Stauwerk, wenn dort der Rückstau einsetzt.

Die Bewohner des Schollener Seniorenwohnparkes ziehen heute um. Die Förderschule "Am Lindenweg" in Havelberg wird in den nächsten Tagen ihr Zuhause sein. Auch die Bewohner des Sandauer Pflegeheimes sind gestern vorsorglich evakuiert worden. Sie kommen zumeist bei der Bundeswehr unter.

Im Altmarkkreis Salzwedel war die Lage gestern weiterhin entspannt. Der Krisenstab will am Montag wieder zusammentreten, wenn der Höhepunkt des Hochwassers erreicht ist. Die Ehrenamtlichen aus den Feuerwehren, die zur Amtshilfe an die Krisenherde geschickt worden sind, lösen sich ab. Die Koordination ihrer Einsätze erfolgt inzwischen von zentraler Stelle aus, informierte gestern Kreissprecherin Birgit Eurich.