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Polizei und Ordnungsamt verzeichnen in Barby so viele Sachbeschädigungen wie schon lange nicht mehrGraffiti-Plage der Schmierer und Frustrierten

Von Thomas Linßner 16.01.2015, 02:05

Das Ortsbild von Barby leidet unter Graffiti-Schmierereien, die in den zurückliegenden Wochen sehr zunahmen. Sogar vor der frisch sanierten Sporthalle am Friesweg machen die Sprayer nicht halt.

Barby l "Mut zur Warheit" steht an der Mauer des ehemaligen Zollamtes in der Schleiermacherstraße. "Es sind ja nicht die Intelligentesten, die das machen", kommentiert Polizeikommissar Bernhard Wessner den Rechtschreibfehler lakonisch.

"Auch wenn er keine Ahnung von Rechtschreibung hat, den Paragrafen kennt der Sprayer."

Der Regionalbereichsbeamte und sein Kollege fotografierten zu Jahresbeginn verschiedene Graffiti, die von unterschiedlichen Handschriften stammen. "Es ist nicht so einfach für uns, festzustellen, was neu und was alt ist", sagt Wessner. Denn ältere Sprayereien in Barby zu finden sei ebenfalls kein Problem.

Nach Ermittlungen der Polizei wurde "Mut zur Warheit" in der Nacht vom 28. zum 29. Dezember ebenso wie Buchstaben nahe der Post an die Wand gesprayt. Diese "Handschrift" finde man in Barby an mehreren Stellen. Auch am Buswartehäuschen auf dem Kirchplatz, das offenbar ein besonderer Ort für frustrierte Langeweile-Jugendliche ist. Denn in den vergangenen Jahren waren Sachbeschädigungen wie diese immer Heranwachsenden und Jugendlichen zuzuordnen.

Das Ordnungsamt der Einheitsgemeinde kommt kaum hinterher, die Sachbeschädigungen fotografisch zu dokumentieren und anzuzeigen. "Beliebte Stellen" sind der Schlosspark, wo seit längerer Zeit ein quietschbuntes Graffito sogar das denkmalsgeschützte "Prinzeßchen" verunziert. Auch vor dem Deichtor und sogar der frisch sanierten Sporthalle am Friesweg machen die Sprayer nicht halt. "Dort ist es eine ganz neue Eingangstür, die mit roter Farbe besprüht wurde", sagt Heike Wiermann vom Ordnungsamt.

Die jüngsten Fälle wurden in der Brauhausstraße registriert, wo sogar ein Hakenkreuz an einem Garagenkomplex zu sehen ist. Wie Anwohner berichten, seien diese erst im neuen Jahr verübt worden.

"Wenn Sie von Graffiti betroffen sind, lautet das allererste und wichtigste Gebot: Entfernen Sie die Farbschmierereien sofort! Denn: Untersuchungen haben ergeben, dass graffitibetroffene Stadtteile immer stärker mit Graffiti verseucht werden", rät die Simchen-Immobilien Verwaltungs GmbH auf ihrer Internetseite.

Was auf rauen Kratzputz-Hauswänden allerdings nicht so einfach ist. Laut Stadtverwaltung habe man nicht das Geld, die Schmierereien professionell entfernen zu lassen.

Früher war es fast unmöglich, die Straftäter illegaler Graffiti strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Weil die Farbschmierereien durch Überstreichen oder Abwaschen der Fläche wieder zu entfernen waren, konnten die Täter nicht wegen Sachbeschädigung angezeigt werden. Damit war auch eine zivilrechtliche Haftung schwer zu erreichen. Kurzum: Oftmals blieben die Eigentümer oder Kommunen auf den Kosten sitzen.

Nach Neuregelung des Sachbeschädigung-Paragrafen 303 im Juli 2005 können illegale Graffiti nun problemlos zur Anzeige gebracht werden. Die Sache wird von Polizei und Staatsanwaltschaft verfolgt und es werden entsprechende Ermittlungen aufgenommen. "In Barby taucht oft die Zahl 39 auf", sagt Kommissar Wessner. Damit sei das 39. Strafänderungsgesetz zu dem Paragrafen 303 gemeint. "Auch wenn er keine Ahnung von Rechtschreibung hat", so der Ermittler, "den Paragrafen kennt der Sprayer."

Die jüngsten Barbyer Graffiti passen in ein Schema, wie es auch die Pressestelle der Polizei erklärt: Frust, Hass auf die Gesellschaft, Perspektivlosigkeit seien neben dem Ziel, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, die Motive.

Im mindestens einem Fall gibt es in Barby einen Täterhinweis. Mehr möchte das Ordnungsamt dazu nicht sagen.