Soziallotsen für Asylbewerber Gesicht zeigen

Mit den Flüchtlingen zur Behörde, einen Arzttermin vereinbaren, die richtige Schule und einen Verein finden: Diesen Aufgaben wollen sich jetzt 26 Soziallotsen im Salzlandkreis stellen. Am Donnerstag gab es dafür von Landrat Markus Bauer die Berufungsurkunde. Und damit den Startschuss für ein einmaliges Projekt im Land.

Von Franziska Ellrich 30.05.2015, 03:16

Schönebeck/Staßfurt l Kommunikation ist am Donnerstagnachmittag das Schlagwort für den Landrat des Salzlandkreises Markus Bauer (SPD). "Wir wollen so viele Menschen wie möglich mitnehmen, sie miteinander verbinden." Bauer spricht im Bernburger Kreishaus von einer Weltsituation, die nicht einfach ist. "Aber die auch Chancen birgt." Er meint damit die Ankunft von hunderten Flüchtlingen im Salzlandkreis, die dringend eine Bleibe brauchen.

Es sind Menschen aus Syrien, Afrika, Palästina - Länder mit einer vollkommenen anderen Struktur als Deutschland. "Woher sollen sie wissen, dass es hier eine Schulpflicht oder Sportvereine gibt?", fragt Markus Bauer in den Raum. Vor dem Landrat sitzen mehr als 20 Bürger im Plenarsaal, die genau diese Fragen jetzt den Asylbewerbern beantworten wollen.

Insgesamt 26 Freiwillige wurden im Salzlandkreis zu sogenannten Soziallotsen berufen. Die Kreisverwaltung ist mit der Idee an die Kommunen herangetreten, und dort wurde nach Lotsen gesucht. Eine von ihnen ist die Schönebeckerin Cornelia Rehfeld. Sie arbeitet seit einem Jahr ehrenamtlich für den Schönebecker Verein Kaleb "Wiege", der vor allem Mütter unterstützt. In dieser Zeit hat Cornelia Rehfeld eine innige Beziehung zu vier Familien aus Afghanistan aufgebaut.

"Zwei der Mütter kamen hochschwanger zu uns, ich habe sie zum Arzt und zur Behörde begleitet", erinnert sich die frisch berufene Soziallotsin. Und genau so will sie weitermachen, immer ein offenes Ohr haben. Für Rehfeld ganz wichtig: der Weg zum Deutschkurs.

Wie man den Asylbewerbern die neue Sprache am besten vermittelt, weiß Adelheid Wölfel. Die Schönebeckerin ist Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache und arbeitet ehrenamtlich beim Deutschen Roten Kreuz. Ihr Weg zur Integration: "Wir besorgen den Asylbewerbern gern einen Kleingarten, da können die Männer anpacken, die Kinder sich austoben, und man lernt leicht die anderen Gartenbesitzer kennen."

Der Calbenser Roger Josef Tremanns weiß selbst, wie es sich anfühlt, fremd in einem Land zu sein. Er hat 22 Jahre nicht in Deutschland gelebt. Jetzt kann er sechs Fremdsprachen und will sich trotz Selbstständigkeit der Aufgabe als Soziallotse stellen. Sein Ziel: Die Anlaufstellen sortieren. "Da kommt plötzlich Post, sie sollen 8 Uhr morgens bei der Ausländerbehörde in Bernburg sein, aber wie man dahin kommt, steht nirgends."

Für ihren Einsatz sollen die Soziallotsen eine Entschädigung von 150 Euro pro Monat bekommen. So hat es der Kreistag beschlossen. "Beim Land kommt das Konzept sehr gut an", sagt Landrat Markus Bauer. Und geht davon aus, dass demnächst auch die finanzielle Unterstützung geklärt ist.

Karl-Heinz Klix würde auch ohne Entschädigung weiter als Lotse arbeiten. Seine Stichworte in Sachen Asylbewerber: Hilfe zur Selbsthilfe.

Der Staßfurter kümmert sich schon seit vielen Jahren um die Spätaussiedler aus Osteuropa. "Die neue Herausforderung sind die zwölf Herkunftsländer", sagt Klix. Und findet es wichtig, für jeden der Flüchtlinge einen individuellen Plan zu haben. "Vom ersten Tag an."