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Kunstradfahren Auf zwei Rädern zur Meisterschaft

Herzblut und jede Menge Freizeit investiert Kim-Marie Süßmilch aus Kleinmühlingen in ihr Hobby Kunstradfahren.

Von Kathleen Radunsky-Neumann 03.08.2015, 20:42

Kleinmühlingen l Fünf Minuten, die ein Leben verändern können. So fühlt sich Kim-Marie Süßmilch, wenn sie bei einem Wettbewerb mitmacht. Denn fünf Minuten hat die Kleinmühlingerin Zeit, um ihr ganzes Können unter Beweis zu stellen. Viel Zeit ist das nicht. Aber ausreichend, um jede Menge Konzentration und Körperbeherrschung an den Tag legen zu müssen. Für die 13-Jährige kein Problem. Sie ist geübt. Schließlich widmet sie sich bereits seit mehr als sieben Jahren ihrem liebsten Hobby. Kim-Marie Süßmilch ist Kunstradfahrerin. Engagiert ist sie im Radsportverein 1921 (RSV) in Kleinmühlingen. Dieser Verein könnte sogar als ihr zweites zuhause bezeichnet werden. Denn täglich - außer donnerstags - trainiert sie im Sportzentrum von Kleinmühlingen. Da geht sozusagen jede Menge Freizeit drauf.

"Für mich ist das wie eine Sucht", sagt die 13-Jährige. Aber eine positive Sucht. Bevor die junge Dame sich voll und ganz dem Kunstradfahren verschrieben hat, war sie Fußballerin. Passt das? Ein Mädchen, das sowohl eine eher männerdominierte und eine eher frauendominierte Sportart betreibt? Geht wohl, sagt Kim-Marie Süßmilch. Wobei sie nicht verschweigt, dass sie den Fußball, zumindest als Vereinssport, vor rund anderthalb Jahren an den Nagel gehangen hat. Prioritäten müssen eben gesetzt werden - in dem Fall zu Gunsten des Kunstradsportes.

"Es ist auch ein Kick", sagt die 13-Jährige. Das kann man nur glauben. Denn was die junge Dame in ihrer Trainingseinheit alles zeigt, lässt den Otto-Normal-Verbraucher, der mit Kunstrad sonst nichts am Hut hat, ganz schön staunen.

Der Lenker ist andersherum

Zum Warmwerden dreht die 13-Jährige erst einmal ein paar Runden durch die Turnhalle. Von Weitem fällt nicht auf, dass ihr Fahrrad kein gewöhnliches ist. Der Sitz ist etwas größer, breiter. Und auch der Lenker ist irgendwie andersherum gebogen. Kim-Marie Süßmilch hält das nicht davon ab, ihre Runden gemütlich weiter zu fahren als sei es das Normalste auf der Welt. Doch ihre Trainerin Sabine Nagel schaut bereits genau hin, was ihr Schützling hier treibt.

Und dann geht es los. Saß sie gerade noch normal im Sattel, steht die 13-Jährige plötzlich auf ihrem Lenkrad, während ihr Rad weiter im Kreis rollt. Ihre Arme hat sie weit von sich gestreckt. Gerade wie eine Eins. Der ganze Körper muss unter Spannung stehen in diesem Moment.

Dann setzt sie sich wieder in den Sattel und radelt weiter. Weiter im Kreis - als sei nichts gewesen. Erstaunlich. Doch nicht für Kim-Marie Süßmilch. Für sie ist es ein Leichtes. Sie scheint schwerelos zu sein wie sie auf ihrem Rad durch die Halle fährt. Der normale Fahrradfahrer hat schon Probleme beim Freihändigfahren. Die Sportlerin setzt einfach noch einen oben drauf. Statt des Sattels nimmt sie nun die Lenkerstange als Sitz. Das Vorderrad ist nach oben gezogen. Sie fährt also in dem Moment nur noch auf dem Hinterradrad. Die Füße hat sie trotzdem an den Pedalen und tritt sie weiter. Tempo verliert sie dabei also nicht. Auch ihre Körperspannung legt sie noch genauso an den Tag wie bei der Übung zuvor.

Ausdauer und Geduld gefragt

"Man braucht sehr viel Ausdauer und Geduld", erklärt die Trainerin am Hallenrand, während Kim-Marie weiter ihre Runden dreht. Wie oft sie an jenem Abend durch die Halle fährt, das weiß keiner. Braucht auch keiner zu zählen. Denn hier geht es darum, ob sie ihre Übungen schafft - die zurückgelegte Strecke ist zweitrangig. Denn genau diese Übungen müssen sitzen. Vor allem beim Wettbewerb.

Den größten, besser gesagt wichtigsten ihrer bisherigen Karriere hat die 13-Jährige vor einigen Wochen absolviert. Sie hatte sich in diesem Jahr nämlich bei den Landesmeisterschaften im Einer für die deutsche Meisterschaft qualifiziert. "Das ist etwas ganz Besonderes", schätzt Trainerin Sabine Nagel ein. Bis dahin schafft es nicht jeder.

Für ihre Wettbewerbskür hatte Kim-Marie Süßmilch fünf Minuten Zeit. In diesen 300 Sekunden hat sie Sprünge und Standübungen gezeigt. Ausgefahren - dieses Wort wählen die Kunstradsportler - hat sie mit ihrer Zusammenstellung 69 Punkte und machte damit den 27. Platz von 29 Startern. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, erklärt Sabine Nagel. Denn: "Die Kür gibt nicht mehr her." Das bedeutet, dass die Sportlerin noch einige schwierigere Übungen einbauen muss in ihre Kür, für die sie dann auch mehr Punkte erhalten kann. Doch alles zu seiner Zeit - bei all der Zielstrebigkeit im Sport darf am Ende nicht die Schule zu kurz kommen - eine Bedingung der Mama.

Nur der Handstand fehlt

"Es fehlt zum Beispiel noch der Handstand auf dem Rad", sagt Sabine Nagel. Bisher war Kim-Marie Süßmilch noch nicht sicher genug und genau in diesem Moment versucht die 13-Jährige den Handstand. So richtig will er auch an diesem Trainingsabend nicht funktionieren. "Das kriegen wir auch noch hin", zeigt sich die Trainerin zuversichtlich. Sie weiß, was ihr Schützling kann. Und sie kennt den Ehrgeiz, den Kim-Marie Süßmilch an den Tag legt. Da können auch blaue Flecken, Verstauchungen oder ähnliches die Sportlerin nicht bremsen, das weiß Sabine Nagel aus Erfahrung. Genau der Ehrgeiz und der Spaß am Sport allgemein sind es dann aber auch, die die junge Dame immer wieder zum Fußballspielen verleiten - egal, ob die Verletzungsgefahr steigt, berichtet die Trainerin mit einem Lächeln.