Musikprojekt Elf auf einen Streich

Von Daniel Wrüske 14.07.2015, 19:46

Staßfurt l Und mittendrin Tim! Der 13-Jährige wird diese erste Ferienwoche wohl so schnell nicht vergessen. Sein Englisch ist gefragt. Denn das Wohnhaus seiner Familie und Nachbarn in der Gollnowstraße ist zur Herberge für Teile des Blue-Lake-Chores geworden.

Da ist der Kasten-Schüler immer wieder als Übersetzer gefragt. Und nicht nur das - Tim ist der Hahn im Korb. Denn sage und schreibe elf Sängerinnen haben für fünf Tage bei Undine Dingethal, Christoph Kessner, Nicole Emmert und Torsten Müller ein Zuhause gefunden. "Es macht total Spaß, alles zu übersetzen", sagt Tim. Die Mädchengruppe bringt sich mit einem langgezogenen "Psssst!" zur Ruhe, wenn Tim vor ihr steht, und lauscht dann gespannt den Ansagen. "Sicherlich fallen einem nicht immer alle Worte ein. Aber wir können uns sehr gut verständigen", sagt der Junge, der demnächst die achte Klasse besucht.

Das Blue-Lake-Konzept geht an der Gollnowstraße auf - die Chorleute treffen auf Gastgeber in ihrer heimischen Umgebung, lernen Lebensgewohnheiten, Land und Leute kennen. Umgekehrt sehen die Staßfurter ihren Besuch als Bereicherung. "Das hat sich wirklich gelohnt", sagt Christoph Kessner. Über einen Aushang im Salzlandtheater ist er auf Blue Lake aufmerksam geworden. Wir wollten erst drei Jugendliche aufnehmen, unsere Nachbarn zwei." Weil aber noch Unterkünfte gefehlt hätten, entschied man sich, noch dichter zusammenzurücken. "Die Kinderzimmer sind als Schlafplätze eingerichtet", so Christoph Kessner. Und der Partykeller, der sonst Nachbarschaftstreffen, Proben oder Geburtstagen dient, ist Gemeinschaftsraum geworden. Gäste und Gastgeber essen hier gemeinsam.

Ansonsten bestimmen viele Proben und Konzerte das Programm der Sänger. Zuletzt Dienstag in Magdeburg. "Bei uns und den anderen Gasteltern kommen die Sänger ein bisschen runter, sie ruhen sich aus, und lernen sich kennen", sagt Undine Dingethal. Sie weiß, dass die Ensembleleute aus verschiedenen Staaten der USA stammen und über das Bildungsprogramm zusammengeführt wurden. "Eigentlich hatten wir als Gasteltern gar nicht so viel zu tun, wir waren einfach da und dabei!"

Entspannung pur hat jetzt auch ein Grillabend beim BBRZ in Rathmannsdorf geboten. Hier kamen der Chor, die Gast- eltern, der Förderverein des Salzlandtheaters als Blue-Lake-Koordinator in Staßfurt und BBRZ-Leute zusammen. "Wir wollen uns treffen und uns über die gemeinsamen Tage austauschen", sagt Theaterleiterin Sandy Gärtner. Auch die Eltern, bei denen Sänger wohnen, hätten so die Gelegenheit, sich einmal in gemütlicher Runde zu begegnen.

Teile des Jugendchores zeigten sich Montag aber auch spontan. Ein geplanter Ausflug an den Löderburger See musste wetterbedingt ausfallen.

Kurzerhand stellte ein Hecklinger Unternehmen einen Bus und die Sänger fuhren nach Leipzig. "Den Amerikanern ist die Stadt ein Begriff, und wenn wir doch in der Nähe sind, ist Leipzig für Musiker ein Muss", sagt Chorleiter Thomas Wirtz. Der Blue-Lake-Jugendchor hat sogar in der Leipziger Thomaskirche - der einstigen Wirkungsstätte Johann Sebastian Bachs - gesungen, berichtet der Dirigent. Er zeigt sich begeistert von den Tagen in Staßfurt und spricht für alle, wenn er sagt: "Wir hatten hier eine tolle Zeit und sind sehr aufgeschlossenen Menschen in den Konzerten und bei den Familien, aber auch bei den Organisatoren begegnet."

Heute findet der Besuch des Blue-Lake-Chores in Staßfurt sein Ende. Die Sänger reisen nach Paris, von wo aus sie zurück in die USA fliegen. Dort stehen dann noch einmal eine einwöchige Konzertreise an und ein Home-Coming-Concert (Heimkehrkonzert) im Blue-Lake-Camp an. Aber erst einmal ist Tim wieder gefragt. Denn zum Abschluss gibt es in Staßfurt eine Stadtführung. Der 13-Jährige ist wieder dabei. Ganz klar - als Dolmetscher!