Echte Vorwürfe?

Von Nora Stuhr 26.08.2015, 17:56

Anonyme Schreiben haben vor der Bürgermeisterwahl in Hecklingen für Aufsehen gesorgt. Darin wurden schwere Vorwürfe gegen Rathauschef Hans-Rüdiger Kosche erhoben. Außerdem wurden seine Wahlplakate mit dem Schriftzug "Hau ab!" beschmiert. Das hat eine Welle von Anzeigen ausgelöst. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt.

Hecklingen l Polizeisprecher Marco Kopitz spricht von einem "Anzeigen-Wirr-Warr" und einem "großen Wespennest". Der Fall ist ihm sofort bekannt. Was war geschehen? Nachdem im Juni dieses Jahres viele anonyme Flugblätter in Groß Börnecke und anderen Orten der Stadt Hecklingen im Umlauf waren, sah sich Hecklingens Bürgermeister Hans-Rüdiger Kosche mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Die Polizei stufte den Fall als kriminelle Machenschaft ein. Unter anderem wurde dem Stadtchef und Mitgliedern der CDU Korruption und Veruntreuung von Geldern nachgesagt. Vorgänge, Entscheidungen und Handlungen, die zum Teil Jahre zurückliegen, standen im Visier der Kritik.

Rathauschef zeigt üble Nachrede an

Gegen die Flugblätter hat sich Kosche rechtlich zur Wehr gesetzt und Anzeige wegen übler Nachrede erhoben. Das Ganze liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft. Dazu teilte der Sprecher der Behörde Armin Gebauer mit, dass Kosche im Haus auch als Anzeigenerstatter, also Geschädigter, geführt wird. "Zwei Verfahren laufen in diesem Zusammenhang noch. Es ist noch keine Schlussentscheidung getroffen", sagte er.

Derweil hat der Ortsverband der CDU Bördeblick Kosche zufolge ein linguistisches Gutachten in Auftrag gegeben, in dem die Schreibe der Flugblätter nach Stil und Duktus analysiert wurde, um Rückschlüsse auf den Verfasser zu ziehen. Zu den Ergebnissen äußerte sich Kosche während der Beratung im Stadtrat in der vergangenen Woche. Er deutete öffentlich an, dass der Schreibstil dem Gutachter zufolge darauf hindeutet, dass die anonymen Flugblätter aus der Feder von Anhängern der Wählergemeinschaft Hecklingen stammen.

Einen Tag später wollte sich der Stadtchef zum Ergebnis des Gutachtens gegenüber der Presse aber nicht mehr äußern.

Polizeisprecher Marco Kopitz informiert, dass das Ergebnis des Gutachtens derzeit bei der Polizei liegt. Es sei zur Staatsanwaltschaft weiter gereicht worden. Dort werde derzeit geprüft, ob die Analyse für weitere Ermittlungen zugelassen wird.

Die Wählergemeinschaft Hecklingen weist die Anschuldigungen deutlich zurück. "Solche Briefe sind nicht unser Stil", sagte der Vorsitzende Klaus Riederer. Kritik sei in den vergangenen Jahren immer öffentlich angesprochen worden. "Wir haben Hans-Rüdiger Kosche dabei immer in die Augen geschaut."

Hinzu komme, dass in dem Gutachten Flyer der WGH aus den Vorjahren mit den anonymen Briefen verglichen wurden. Die Flyer seien öffentlich für jeden zugänglich gewesen. Jeder hätte den Ausdruck und die Wortwahl kopieren können, distanziert sich Riederer für die WGH von den Anschuldigungen, auch wenn die Anhänger im Stadtrat zu vielen politischen Themen in der Vergangenheit eine andere Einstellung als der Bürgermeister vertreten hätten.

Anonyme Anzeigen gegen Kosche vom Tisch

Bei Polizei und Staatsanwaltschaft ist der Bürgermeister aber nicht nur als Geschädigter bekannt, sondern auch als Beschuldigter. Gegen ihn wurden mehrere anonyme Anzeigen erhoben. "Bei uns sind zwei anonyme Anzeigen mit dem Vorwurf der Veruntreuung von Geldern und wegen Korruption gegen Hans-Rüdiger Kosche eingegangen", informierte Marco Kopitz. Das Ganze sei von der Polizei weiter zur Staatsanwaltschaft geschickt worden.

Staatsanwalt Armin Gebauer erklärte, dass zwei Verfahren in diesem Zusammenhang registriert sind. "Diese beinhalten drei anonyme Anzeigen vom 12. Juni, 14. Juni und eine Anzeige mit Eingangsstempel vom 23. Juni sowie ein Flugblatt." Diese Verfahren wurden jetzt aber eingestellt. "Mangels hinreichenden Tatverdachts", begründet Gebauer.

Aber: Untersuchung der Kommunalaufsicht läuft

Unabhängig davon liegt der Staatsanwaltschaft ein weiteres Verfahren vor, das noch nicht abgeschlossen ist. Hierbei geht es um die Überprüfung der Vorwürfe gegen den Bürgermeister. Es handelt sich aber um keine Anzeige. Inhaltlich konnte Gebauer keine Angaben machen.

Nach Auskunft der zuständigen Dezernentin werde aber auf das Ergebnis der Landkreisverwaltung gewartet.

Aus der Pressestelle des Salzlandkreises heißt es dazu: "Der Kommunalaufsicht des Salzlandkreises liegen in der Tat mehrere anonyme Beschwerdeschreiben mit der Bitte um Prüfung vor. Hierin werden Vorwürfe gegen den Bürgermeister der Stadt Hecklingen, Herrn Kosche, und einzelne Verwaltungsmitarbeiter erhoben. Der Beschwerdeführer unterstellt Herrn Kosche unter anderem unerlaubte Absprache und Manipulation des Ausschreibungs-/Auswahlverfahrens bei der Vergabe der Spitzdacherneuerung der Oskar-Kämmer-Schule." In diesem Zusammenhang seien die entsprechenden Vergabeakte angefordert worden. "Die Prüfung durch die Kommunalaufsicht ist noch nicht abgeschlossen und wird auch noch einige Zeit in Anspruch nehmen", teilt Marianne Bothe aus der Pressestelle mit.

Der Hecklinger Rathauschef war zu einer aktuellen Stellungnahme dazu gestern nicht erreichbar.