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Staatssekretär Erben im Volksstimme-Gespräch : Land will Verbände per Zwang fusionieren

Von René Kiel 15.08.2009, 07:26

Das Innenministerium pocht darauf, dass der f nanziell angeschlagene Abwasserzweckverband ( AZV ) " Bodeniederung " in Groß Börnecke ( Stadt Hecklingen ), der seit Jahren für Negativschlagzeilen sorgt, mit dem Wasser- und Abwasserzweckverband " Bode-Wipper " ( WAZV ) Staßfurt zusammengeht.

Staßfurt / Hecklingen. " Wir werden darauf dringen, dass es dort einen Zwangsverband nach dem Wassergesetz mit zwei getrennten Abrechnungsgebieten unter Führung des WAZV gibt ", sagte der Staatssekretär des Innenministeriums Rüdiger Erben der Staßfurter Volksstimme.

Damit würde der AZV die Bedingungen der Teilentschuldungsverträge erfüllen. Danach muss der AZV im Rahmen einer Zweckvereinbarung mit einem anderen Verband eng zusammenarbeiten. Das gab es schon mal mit " Huy-Fallstein ". Dieser Vertrag war 2007 von dessen Geschäftsführer Dr. Carl Haffke aber einseitig aufgekündigt worden.

Er habe dem Umweltministerium empfohlen, zunächst aber erst einmal abzuwarten, bis die neuen Gemeindestrukturen im Bereich der " Bodeniederung " stehen. Dann gebe es mit den Städten Aschersleben, Staßfurt und Hecklingen sowie mit der Verbandsgemeinde " Egelner Mulde " nur noch vier Mitgliedskommunen, sagte der Staatssekretär.

Für die Zwischenzeit favorisiert Erben eine Zusammenarbeit beider Verbände auf der Basis einer nicht ausschreibungspf ichtigen

Zweckvereinbarung. Das heißt, der WAZV Staßfurt soll den AZV Hecklingen mit verwalten. " Die Zahl der Interessenten, die sich darum reißen würden, den AZV, Bodeniederung ‘ zu verwalten, dürfte sich in Grenzen halten ", ist der Staatssekretär überzeugt.

Die Liquidation des AZV und die Übernahme seiner Aufgaben durch den WAZV war im vergangenen Jahr beinahe perfekt gewesen. Doch am Ende verweigerten die Gemeinderäte von Borne, Wolmirsleben und Tarthun dem Vertragswerk ihre Zustimmung. Denn sie sahen angesichts ihrer prekären Haushaltslage keine Möglichkeit, die Altschulden des AZV in Höhe von zwölf Millionen Euro anteilmäßig zu übernehmen.

Ob man noch einmal so großzügig sein werde wie im vergangenen Jahr, wo das Innenministerium den AZV-Mitgliedskommunen zugesichert hatte, diese Altschulden innerhalb von sieben Jahren in Form von Liquiditätshilfen abtragen zu helfen, wisse er nicht, sagte Erben. " Das entscheiden wir nächstes Jahr. Die Dinge haben sich inzwischen grundlegend geändert ", gab der Verwaltungschef des Ministeriums zu bedenken.

Wie WAZV-Geschäftsführer Dr. Joachim Rosenthal in der jüngsten Verbandsausschusssitzung mitteilte, soll es bereits am kommenden Montag ein Treffen der beiden Verbandsführungen bei der Kommunalaufsicht in Bernburg geben. Zur weiteren Entwicklung bereite das Landesverwaltungsamt eine Anhörung der Kommunen vor. Dessen Frist soll bis Februar 2010 gesetzt werden, erfuhr Dr. Rosenthal aus dem Umweltministerium.

Köck : Betreibervertrag zum Jahresende lösen

Das Zusammengehen beider Verbände wird nach Einschätzung des Landtagsabgeordneten Uwe-Volkmar Köck ( Die Linke ) " eine Vernunftehe und keine Liebesheirat ". Das verrate schon ein füchtiger Blick in den Ehevertrag … Die handwerklichen Fähigkeiten des Bräutigams hätten es der Braut besonders angetan. Köck : " Doch statt in den Blaumann zu schlüpfen und sich mit der Rohrzange zu bewaffnen, um aus den von jedem eingebrachten Betrieb nicht nur einen größeren, sondern vor allem einen effzienteren und leistungsfähigeren zu machen, wird nichts. Gebraucht werden noch auf längere Sicht nur ein spitzer Bleistift und das Scheckheft, um den früheren Liebhaber der Braut auszuhalten. " Der tue auch was für das Geld, da könne man ihm ja nichts vorwerfen, so der Landtagsabgeordnete in Anspielung auf den privaten Betreiber, die WTE Betriebsgesellschaft Hecklingen.

Köck plädiert für ein vorzeitiges Auslaufen des Betreibervertrages zum 31. Dezember 2009. Um tatsächlich alle Synergien aus einer Fusion beider Verbände auch realisieren zu können, brauche der neue Trink- und Abwasser-Zweckverband auch die volle Verfügungsgewalt über die Kläranlage und die Leitungssysteme und nicht erst nach Auslaufen des Betreibervertrages im Jahre 2023.

So stünden in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwicklung mutige Entscheidungen an, ob und wie das Leitungsnetz und die Kläranlage sinnvoll an einen sinkenden Bedarf angepasst werden können.

Bräutigam, Braut, Liebhaber und der Heiratsvermittler – das Umweltministerium – gehören an einen Tisch, so Köck. Die einvernehmliche vorzeitige Beendigung des jetzigen Betriebsführungsvertrages wäre das beste Hochzeitsgeschenk, ist er überzeugt.

WTE müsse dann entsprechend abgefunden werden, das sei klar. " Der Betreiber WTE müsste für dieses Ansinnen eigentlich Verständnis aufbringen, denn er bietet selbst betriebswirtschaftliche Dienstleistungen für die gesamte Abwasserbranche an. Da das Entgelt aus dem Betreiben der Abwasserentsorgung für den AZV, Bodeniederung ‘ nur etwa ein Viertel des Umsatzes der WTE Betriebsgesellschaft ausmacht und die Firma in der Lage war, stabil Jahresgewinne zu erwirtschaften – der an die Muttergesellschaft abgeführte Jahresgewinn 2008 betrug 1, 6 Millionen Euro – dürfte dieser Schritt verständlicherweise nicht leicht fallen, aber verkraftbar sein. Darüber hinaus ist WTE Teil eines sich gegenseitig stützenden Gef echtes zahlreicher Töchter des vor allem in Osteuropa in den Bereichen Trink- und Abwasser sowie Abfallentsorgung sehr erfolgreich agierenden Konzerns EVN AG in Österreich ", so Köck.

WTE-Chef lehnt

Ansinnen strikt ab

Eine vorzeitige Auf ösung des Betreibervertrages lehnt der Hecklinger WTE-Geschäftsführer Michael Knust strikt ab. " Wenn der Landtagsabgeordnete so etwas vorschlägt, sollte er sich erst einmal richtig informieren. Der Betreibervertrag ist 1995 für eine Laufzeit bis zum Jahr 2023 vom Land genehmigt worden ", sagte er. Bei den genannten 1, 6 Millionen Euro handele es sich um keinen Gewinn, den man mit der Betriebsführung machen könne. WTE sei schließlich in zwölf Projekten in Deutschland und noch mal in der gleichen Größenordung im Ausland tätig.

Die Zahl seiner Mitarbeiter gab Knust mit 150 in Deutschland an. Hinzu kämen weitere 400, die von Hecklingen aus in den internationalen Projekten mit betreut würden.