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Die Firma L&C Stendal besetzt eine kleine Nische im hart umkämpften Möbelmarkt "Flop können wir uns nicht leisten"

Von Bernd-Volker Brahms 27.08.2014, 03:26

In der Möbelfabrik an der Lüderitzer Straße, die eine mehr als 120-jährige Tradition aufweist, werden vorwiegend schlichte aber hochwertige Stühle gebaut. Es wird auf Produktionsschlager früherer Zeiten gesetzt. Dabei schwingt immer auch der Bauhausstil mit.

Stendal l Der Kantinenstuhl "3101" wurde in Stendal seit Anfang der 1960er Jahre millionenfach hergestellt. Der VEB Stima produzierte das Mobiliar auch für den Export nach Westdeutschland. Der schlichte Stapelstuhl war ein Produktionsschlager.

Mit der Wende kam die Produktion in der Möbelfabrik nahezu zum Erliegen. "Keiner wollte mehr Stahlmöbel haben", erzählt Marita Schulze, die seit 1986 dabei ist und heute den Vertrieb leitet. Nach der Wende wurden drei, vier Jahre vorrangig Krankenhausmöbel produziert. Ab 1995 übernahm ein Finanzkonsortium die Traditionsfirma, die schon 1936 Mobiliar für den später abgestürzten Zeppelin "Hindenburg" geliefert hatte.

Mitte der 1990er Jahre entdeckten Designer den "3101" neu. Dieser wird seither unter dem Namen "Comeback" neuaufgelegt und macht seinem Namen alle Ehre. Er wird in Stendal mit bis zu 25000 Stück jährlich produziert.

Klassiker vergangener Tage werden nachgebaut

Zu besten Zeiten arbeiteten rund 1300 Mitarbeiter im Werk an der Lüderitzer Straße. Rund 200000 Stühle aber auch andere Möbelstücke verließen jährlich das Werk, dass seinen Anfang 1889 in der Hansestadt unter dem Namen L C Arnold nahm.

"Tradition ist das eine, Innovation das andere", sagt Marita Schulze. Möbelkenner würden sich oft sehr gut in Firmengeschichte auskennen und beim Kauf Wert darauf legen. Von daher sei die Tradition und die enge Verbindung zum Bauhaus "oftmals ein Türöffner", sagt Schulze. "Man verkauft letztlich auch Geschichten." Die Stendaler Firma hat mittlerweile ihre Nische im hart umkämpften Möbelmarkt gefunden. "Wir legen alle zwei Jahre eine neue Kollektion auf", sagt Schulze. Dabei handelt es sich großenteils um Stühle und Regale, die in leicht modifizierter Art nachgebaut werden.

"Wir haben keine Entwicklungsabteilung", sagt Schulze. Man arbeite mit externen Designern zusammen. Das Sortiment ist solide und wenig experimentell ausgelegt. "Einen Flop können wir uns nicht leisten", sagt Schulze. Als klassisch-gradlinig bezeichnet die Stendalerin den Stil. Es gibt eine Serienfertigung von Gestellen. "Holz und Polster werden zugekauft", erläutert Schulze. Eine Komplettproduktion könne nicht geleistet werden.

Die Stühle, die durch ihre Schlichtheit und Funktonalität bestechen, sind nicht ganz billig. 100 bis 300 Euro kosten einfache Stühle. Für einen Kufensessel aus der Arnold Bauhaus-Kollektion werden beispielsweise schon mal mehr als 800Euro fällig.

"Wir können einfache Lösungen anbieten", sagt Schulze. Gerade erst wurden einer großen Firma in Stuttgart 750 Stühle geliefert. Beispielsweise ist auch die Landesvertretung Sachsen-Anhalts in Berlin mit Stühlen aus Stendal ausgestattet.

Im Werk in Stendal, das in einem Teil der Gebäude von vor 124 Jahren arbeitet, sind 30Mitarbeiter beschäftigt. 20 in der Produktion sowie zehn im Vertrieb. Es ist ein Bruchteil dessen, was mal war, aber immerhin. Es gibt auf dem Gelände rund 100000Quadratmeter bebaute Fläche. Zahlreiche andere Firmen sind dort mittlerweile beheimatet. In der Arnoldschen Fabrikanten-Villa ist heute die Sozialstation-Süd untergebracht.