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Lokführerstreik: Fernverkehr komplett unterbrochen/Zusätzliches Personal hilft Reisenden Paul darf länger bei der Oma bleiben

Von Donald Lyko 07.11.2014, 02:18

Vom Zug-Fernverkehr ist Stendal seit gestern abgeschnitten, der Nahverkehr läuft mit erheblichen Einschränkungen. Auch auf dem Stendaler Bahnhof sind die Auswirkungen des Lokführer-Streiks deutlich zu spüren.

Stendal l Vereinzelt kommen Kunden zum Bäcker-Shop in der Bahnhofshalle, die sonst zum Alltagsbild gehörende kleine Schlange vor der Theke gibt es nicht. Auch in den anderen Geschäften geht es ruhiger zu - gerade die Fernreisenden, die sich eine Zeitschrift, ein belegtes Brötchen oder ein Getränk für die Fahrt holen, fehlen gestern Vormittag. Sie fehlen auch auf dem ICE-Gleis1, denn Fernzüge fahren dort nicht. Auf den anderen Gleisen kommen vereinzelt Züge aus dem Nahverkehr an und fahren ab.

Reisezentrum personell nicht aufgestockt

"Unsere Kollegen von DB Regio arbeiteten seit Mittwochnachmittag mit Hochdruck an Ersatzfahrplänen für den Nahverkehr", sagt Bahnsprecher Jörg Bönisch auf Nachfrage. Seine Einschätzung zur Lage: "Derzeit können wir etwa 20 Prozent der Leistungen im Vergleich zum Regelfahrplan erbringen. Insgesamt ist es auf den Bahnhöfen sehr ruhig, so dass wir davon ausgehen, dass sich die Mehrzahl der Reisenden informiert und für Alternativen entschieden hat." Auf dem Stendaler Bahnhof gibt es einige Aushänge. "In Stendal ist zusätzliches Personal als Reisenden-Lenker im Einsatz", erklärte Bönisch, das Personal im DB Reisezentrum wurde aber nicht verstärkt.

Das Reisezentrum im Stendaler Bahnhof ist gestern Vormittag für Carmen Lassak erster Ansprechpartner für ihre Frage: Wie kommen wir am Wochenende nach Frankfurt/Main? Wir, das sind sie und ihr vierjähriger Enkel Paul. Der verbringt gerade ein paar Tage bei seiner Oma in Stendal. Die wollte ihn, wie verabredet, heute zurück zu seinen Eltern bringen - mit dem Zug. "Die Mitarbeiterinnen haben mir einige Reisemöglichkeiten herausgesucht", berichtet die Stendalerin, ganz überzeugt ist sie aber nicht. Denn mit dem Kleinen scheint ihr die Fahrt, bei der sie mehrfach umsteigen muss, "etwas kompliziert". Vielleicht, sagt sie, fragt sie ihren Arbeitgeber, ob sie am Montag noch freinehmen kann - wenn dann hoffentlich die Fernzüge wieder fahren. Kleiner Trost bei all der Aufregung: Sie hat Enkel Paul noch etwas länger bei sich, worüber sich auch der Vierjährige freut.

Frank Schulz hat wenigstens das Glück, dass sein Zug von Stendal nach Tangerhütte fährt, er kommt also zur Arbeit. Zum Streik hat er eine klare Meinung: "Was die da veranstalten, ist nicht angebracht." Auch wenn er ein wenig Verständnis für das Anliegen der Lokführer hat, "kann man das nicht so auf Kosten der Kunden machen". Mit seinem Chef habe er abgesprochen, dass er später kommt. "Aber durch den Streik vertrödele ich viel Zeit."