1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Eine lukrative Einnahmequelle

Stadt kassiert jährlich rund 120000 Euro für Melderegisterauskünfte / Ab November neues Gesetz Eine lukrative Einnahmequelle

Von Bernd-Volker Brahms 19.06.2015, 03:09

Völlig legal gibt die Stadtverwaltung Auskünfte aus dem Melderegister, beispielsweise an Parteien, Banken, Energieversoger und Rechtsanwälte, heraus. Eine lukrative Einnahme für die Stadtkasse.

Stendal l Wöchentlich erhält die Stendaler Stadtverwaltung etwa 400 Anfragen zum Melderegister. Das heißt, dass die Verwaltung Daten zu den Einwohnern herausgibt, bei einfachen Anfragen sind dies der Name, die Adresse sowie ein möglicher Doktorgrad. Sechs Euro gehen dafür jeweils in die Stadtkasse. Ausführlichere Auskünfte über Geburtsdatum, Religion, Nationalität und Weiteres, bei denen die Verwaltung gegebenenfalls noch Nachforschungen anstellen muss, kosten bis hin zu 18Euro. Die Sätze richten sich nach der Gebührenordnung des Landes - also alles völlig legal. Als Rechtsgrundlage dient das Landesmeldegesetz.

Daten gehen automatisch an ARD/ZDF und Polizei

Insbesondere Parteien, Banken, Energieversorger, Rechtsanwälte, Vermieter und Inkassounternehmen sind scharf auf die Daten, wie de Verwaltung mitteilt. Darüber hinaus bestehen Verträge über "automatisierte Auskünfte" an den kommunalen IT-Dienstleister, den Beitragsservice ARD/ZDF, Deutschlandradio und die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord.

Dass sich das Geschäft mit den Daten für die Stadt lohnt, zeigen die Zahlen. Die Einnahmen fließen sehr konstant: 2013 waren es 120884,91 Euro, 2014 117783,63 Euro, und 2015 wurden bis Ende März 29580,19 Euro eingenommen.

"Viele Leute wissen das nicht", sagt Stadtrat Olaf Lincke (Piraten). Er hatte die Verwaltung um eine entsprechende Auskunft gebeten, inwiefern Menschen von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen. "Es geht mir um Transparenz", sagt Lincke. Nach Angaben der Verwaltung haben 2013 insgesamt 5151Personen - 12,64 Prozent der Bevölkerung - Widerspruch gegen die Herausgabe der Daten eingelegt (2014: 5143 Personen; 12,60 Prozent).

Neues Bundesmeldegesetz regelt bald einiges anders

Nach derzeitiger Rechtslage ist dieser Widerruf nur dann möglich "wenn durch Bekanntgabe der Anschrift eine Gefahr für Leib, Leben und ähnliche schutzwürdige Güter droht". Der Widerruf gilt nur für zwei Jahre und muss immer wieder erneut beantragt werden.

Allerdings könnte die städtische Einnahmequelle ab 1.November 2015 etwas weniger sprudeln, denn dann tritt das Bundesmeldegesetz in Kraft, das erstmals bundesweit einheitliche melderechtliche Vorschriften bündelt, bislang war dies Ländersache.

Bei Melderegisterauskünften für gewerbliche Zwecke muss künftig der Grund angegeben werden, die Auskunft wird dann auch nur für den Zweck erteilt. Für Zwecke der Werbung und des Adresshandels ist die Herausgabe der Daten dann nur noch mit Einwilligung der betroffenen Person möglich. Allerdings erhalten Sicherheitsbehörden dann länderübergreifend einen Online-Zugriff auf die Meldedaten, der rund um die Uhr möglich sein wird. Meldepflicht für Hotels, Krankenhäuser und Ähnliches werden vereinfacht.