Erster Erinnerungsabend in der Stendaler Petrikirche Angst und Hoffnung

Von Martin Rieß 07.10.2009, 06:58

Das erste Montagsgebet in Erinnerung an den Wendeherbst vor 20 Jahren hat gestern in der Stendaler Petrikirche stattgefunden ( die Volksstimme berichtete ). Im Anschluss an diese und an die weiteren drei Termine, jeweils montags ab 17 Uhr, finden Begegnungsabende statt. Beim ersten ging es um die persönlichen Erinnerungen an die Zeit von 1989.

Stendal. Bis Ende Oktober gibt es in Stendal wie vor 20 Jahren wieder Montagsgebete. Sie sind ein Teil der Aktion " Gesegnete Unruhe ", mit der die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland an den Wendeherbst 1989 erinnert. Was die Veranstaltungen in Stendal angeht, geht es nach den Gebeten in der St. Petrikirche allerdings im Anschluss nicht zur Demonstration auf die Straße, sondern in den Gemeinderaum auf der anderen Straßenseite. Dort stehen nach einem Imbiss Begegnungsabende auf dem Programm, bei denen die Besucher vergangene Ereignisse reflektieren und auch in die Gegenwart blicken.

Nun also der erste der vier Oktoberabende : Nach dem von der Stadtgemeinde gestalteten Friedensgebet hat Pfarrerin Daniela Schröder einen Abend moderiert, bei dem es um die persönlichen Erinnerungen der einzelnen Besucher an die Zeit vor zwanzig Jahren ging. Eine Zeit, die mancher als die wichtigste in seinem Leben nennt. Eine Zeit, bei der sich zu erinnern anderen die Stimme versagen lässt. Und natürlich eine Zeit, auf die andere wehmütig zurückblicken : Auf die Aufbruchsstimmung im Herbst 1989, auf die Hoffnungen, die seinerzeit von den Kirchen auf das ganze Land übergegriffen hatte. An diesem Abend werden die unterschiedlichen Gründe deutlich, warum die Menschen damals opponierten : Sorge um den Frieden spielte ebenso eine Rolle wie der Ärger über fehlende Demokratie oder der Frust über Pläne, die alten Städte ihrer historischen Bausubstanz zu berauben.

Doch auch an die Angst unter den Demonstranten und deren Angehörigen erinnern sich die Menschen im Gemeinderaum. Wo beispielsweise damals in der Stadt Einsatzkräfte mit Schlagstöcken und Wasserwerfer aufgezogen waren.

Vor diesem Hintergrund bringt Pfarrer i. R. Reinhard Creutzburg die Bedeutung der Kirche auf den Punkt : " Es war wichtig, dass die Kirche damals ihre Türen geöffnet hat, damit die Menschen hier ihre Meinung sagen konnten, was sie an anderer Stelle nicht gekonnt hätten. " Auf den Heimweg gab es für die Besucher übrigens ein kleines Segel mit : Als Anstoß, um darüber nachzudenken, woher der Wind heute weht, wohin die Wende die Menschen getrieben hat – getreu dem von einem Transparent zu Wendezeiten stammenden Titel " Wie weit geht die Wende – 360 ° ?"