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  7. Zukunft ohne Vergangenheit im "ehemaligen" Osten

Peter Ensikat liest aus seinem Erfolgsbuch " Populäre Irrtümer der DDR " Zukunft ohne Vergangenheit im "ehemaligen" Osten

Von Ulrich Hammer 29.09.2009, 04:58

Stendal. Peter Ensikat, Schauspieler, Kabarettist, Text- und Buchautor, ist auch bei seinen Lesungstouren geblieben, was er stets war : wortschatzreich, sprachgewandt, satirisch die Dinge anschauend und wiedergebend, wie sie sind. Mit einem Witz – " Unterschied zwischen Sozialismus und Kapitalismus " – beginnt er, hat sofort seine Zuhörer gepackt : " Im Sozialismus wurde erst verstaatlicht und dann ruiniert, der Kapitalismus ruiniert erst, um danach zu verstaatlichen. "

Eine Kurzwahlrede folgt : " Glaubt mir kein Wort !" Dann freut man sich bei Ensikat über seine gesellschaftliche Rundumschau. Kein Distrikt wird ausgelassen. Große Politik und Politiker : " Von Bismarck blieb der Hering, was bleibt von Müntefering ?" Wirtschaft, Bildungs-, Gesundheitswesen und Kultur, alles wird im Buch " Populäre Irrtümer der DDR " unter die satirische Lupe genommen. Und appropos Irrtum : " Das Gegenteil von einem Irrtum ist ein Irrtum ", zitiert er Hanns Eisler. Dass dabei seine – er sagt meine – DDR anders aussah als die von Honecker, Bohley oder Witt, versteht sich von selbst.

Einander kennen-

und liebenlernen

Nach der Wende wurden ja laut Westmeinung sogar die Himmelsrichtungen abgeschafft : " Osten ? Den haben wir abgeschafft !" Nun gibt es nur noch den " ehemaligen " Osten. Das ist Zukunft ohne jede Vergangenheit. Selbst im fernsten Westwinkel sollte man, glaubte man hier, uns kennen- und liebenlernen. Das mit dem Kennenlernen hat ja wohl auch geklappt. Westliche Meinungen gekontert von einem " Ostautor ". Dabei sind seine Bonmots stets realistisch bezogen und deutlich : "‚ Eine Hand wäscht die andere ‘ ist eben effektiver als ‚ Meine Hand für mein Produkt ‘. "

Erotik und FKK wurden behandelt als großer Irrtum, als sei das DIE Erotik der DDR gewesen. Haben Sie schon mal zwischen diesen Fleischmassen Erotik erlebt ? Dann schon eher im zunächst geduldeten, später nicht mehr offi ziell vorhandenen Puff, den es doch zumindest während der Leipziger Messe recht lukrativ für Devisen gab.

Kindesmisshandlungen als Folge der kollektiven Kindergartenerziehung mussten durch ihn ins Wortgericht, denn im Westen sind das ja höchstens bedauerliche Einzelfälle, hier Folgen diktatorischer Kollektivierungspolitik.

16 Millionen Opfer,

16 Millionen Täter

Fazit : Es gibt in der " ehemaligen " DDR 16 Millionen Opfer, die 16 Millionen Täter suchen und keiner fi ndet keinen, denn wo früher die Partei war, ist heute kein Genosse mehr.

Sagt es und verlässt unter herzlichem Beifall das Leserpodium, um im Foyer des Theaters der Altmark noch vielen Interessenten seine Bücher zu signieren : Peter Ensikat.