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38-jähriger Stendaler vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung freigesprochen Gericht glaubt angeblichem Opfer nicht

Von Wolfgang Biermann 08.12.2011, 04:21

Stendal l Das Landgericht Stendal hat gestern am Ende des sechsten Prozesstages einen in Stendal lebenden Iraker vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung und sexuellen Nötigung eines 14-jährigen Mädchens zu Lasten der Staatskasse freigesprochen.

Die Staatskasse muss auch die Entschädigung für die erlittene mehrmonatige Untersuchungshaft des Angeklagten tragen. Die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler folgte mit ihrem Urteilsspruch den gleichlautenden Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Die Aussage des vermeintlichen Opfers war "inkonstant, widersprüchlich und schlichtweg nicht nachvollziehbar", begründete Richter Galler den Freispruch. Zeugen hätten nicht mal ansatzweise bestätigt, was die Anzeigenerstatterin vor dem Gericht an Belastendem ausgesagt habe.

Wie berichtet, war der 38-Jährige angeklagt, in der Nacht zum 26. Juli dieses Jahres in einem Internetcafé in der Stendaler Innenstadt das Mädchen massiv sexuell bedrängt zu haben.

"Nach umfangreicher Beweisaufnahme hat sich nur ergeben, dass die daran Beteiligten in der Wohnung der Mutter einen fröhlichen Abend erlebt haben", hieß es dazu in der Urteilsbegründung. Demnach habe sich der Angeklagte mit dem Mädchen des Nachts, als der Alkohol alle war, auf den Weg ins Internetcafé gemacht, um Nachschub zu holen. Als beide wieder zurück waren, sei die Feier laut Richter Galler "ausgelassen und fröhlich fortgesetzt worden". Und auch am Morgen danach sei alles in Ordnung gewesen. Das angebliche Opfer hatte hingegen ausgesagt, dass sie noch am Abend der Mutter von der sexuellen Nötigung erzählt und die Nacht bei einer Freundin verbracht hätte. Doch das hatten weder die Mutter noch ein in der Wohnung anwesender Bekannter der Mutter als Zeugen bestätigt.

Und auch die Freundin wies gestern in ihrer Aussage die Behauptung der 14-Jährigen zurück. Einen guten Leumund bekam das vermeintliche Opfer auch nicht von den Geschwistern, zwei Mädchen und ein Junge. Mit der Wahrheit halte sie es nicht immer so genau, trinke zuweilen Alkohol und schwänze auch schon mal die Schule. Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft hielt eine sexuelle Nötigung dennoch nicht für ausgeschlossen. Aber: "Im Zweifel für den Angeklagten." Verteidiger Hartmut Pawlitzki sah hingegen die Aussage des Opfers als widerlegt an. "Sexuelle Übergriffe hat es nicht gegeben." Zwangsläufig sei der Angeklagte freizusprechen. Das sah auch die aus zwei Berufs- und zwei Laienrichtern besetzte Jugendkammer so.

"Nachdem alle denkbaren Beweismittel ausgeschöpft sind, ist eine Straftat nicht zu unterstellen. Dem muss zwingend der Freispruch folgen", schloss Richter Galler die Verhandlung.

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagte und sein Verteidiger Pawlitzki erklärten Rechtsmittelverzicht, sodass das Urteil rechtskräftig ist.