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Eduard Stapel bei Filmpremiere von "Unter Männern - Schwul in der DDR" auf der Berlinale Bismarker spielt wichtige Rolle in Berlin

Von Thomas Pusch 18.02.2012, 05:27

Heute Abend wird in Berlin der Teddy verliehen. Einer der Filme im Wettbewerb für schwule und lesbische Filme ist "Unter Männern - Schwul in der DDR". Eduard Stapel, der auch in dem Streifen zu sehen ist, war bei der Premiere.

Berlin/Bismark l Es war zwar nicht der rote Teppich am Berlinale-Palast, über den die Hollywood-Größen wie Brad Pitt, Angelina Jolie oder Meryl Streep stolzieren, aber auch Bismarks Ortsbürgermeister Eduard Stapel schritt über einen roten Bodenbelag. Nicht in seiner Funktion als Ortsteilchef, sondern als Darsteller in dem Film "Unter Männern - Schwul in der DDR". Der hatte im Rahmen der Berlinale im Kino International Premiere.

Vor ein paar Jahren hatte ihn der Regisseur Ringo Rosener angesprochen, ob er Lust hätte in einem neuen Projekt mitzuwirken. Stapel hatte und folgte der Einladung nach Berlin. "Dort erfuhr ich, was die genaue Idee war", erzählt er nach dem Premiereabend in seinem Büro im Bürgerhaus, das nicht nur wegen einer defekten Heizung so gar nichts vom Glamour der Berliner Filmfestspiele hat. Um schwules Leben in der DDR sollte es gehen, erzählt von sechs Männern. Ihm gefiel die Idee und er sagte zu.

"Von meinen persön- lichen Erfahrungen ist in dem Film nichts enthalten, das finde ich schade"

Im vergangenen Jahr rief ihn Rosener erneut an und sagte, dass die Förderung des Films nun gesichert sei. Ein Filmteam kam im Frühjahr und im Sommer vergangenen Jahres nach Bismark, um verschiedene Einstellungen zu drehen. "Von meinen persönlichen Erfahrungen ist in dem Film nichts enthalten, das finde ich schade", sagt Stapel. Allerdings nicht aus persönlicher Eitelkeit, sondern weil ihm die Kamerafrau leidtut, die das schwere technische Gerät zu den einzelnen Aufnahmen schleppen musste. Aber beim Schneiden müsse eben alles zueinander passen.

Der 58-Jährige spielt aber dennoch eine Rolle. Vor allem mit seinem Aufruf, dass endlich Schluss gemacht werden müsse mit der Diskriminierung von Schwulen und der Schilderung der Schwierigkeiten, die Homosexuelle in der DDR auch mit der Staatssicherheit hatten. Im ausverkauften Kinosaal hatten dann andere die Lacher auf ihrer Seite. Etwa der mittlerweile 80-jährige Kunstprofessor, der erzählte, wie er schüchterne männliche Aktmodelle zum Ausziehen überredete. "Nun habt euch nicht so mädchenhaft", war ein Satz, der sofort zog.

Sich vor Publikum zu präsentieren war für Stapel nichts Neues. Vor gut 20 Jahren war er Teil eines Theaterstücks mit dem Titel "Männerbiographien in der DDR: Ich bin schwul". Und das ganz zufällig. Als der Schauspieler, der ihn darstellte ausfiel, fragte ihn Regisseurin Vera Oelschlegel, ob er sich nichts selbst spielen könnte. "Und dann hatten wir 50, 60 Vorstellungen", ist ihm von der anfänglichen Skepsis zwei Jahrzehnte später nichts mehr anzumerken.

Dennoch war die Berlinale natürlich etwas Besonderes. Angefangen beim Limousinen-Shuttle vom Bahnhof zum Kino bis zur Premierenfeier. Die verließ Stapel allerdings so ganz unglamourös recht früh. Wie bei den Kassenschlagern gab es nach der Vorstellung Interviews mit Machern und Zeitzeugen. Jürgen Lemke, Autor des Buches "Ganz normal anders", sagt in dem Film, dass Stapel so etwas wie der Parteisekretär der Schwulenbewegung in der DDR war. "Da wurde drüber diskutiert, ob man das drinlassen sollte", erzählt der Bismarker Ortsbürgermeister, "aber ich finde es ganz sinnvoll, wie sollte man sonst die damalige Situation erklären?"

Der Film ist für den Teddy nominiert. In dem Wettbewerb werden schwule und lesbische Filme ausgezeichnet. Über die Erfolgschancen sei zwar nicht diskutiert worden, aber Stapel findet den Film "echt gut", geradezu "spitze".

",Schwule Sau\' ist das meistgebrauchte Schimpfwort auf den Schulhöfen, das muss sich ändern."

Bevor er im Fernsehen läuft, der MDR gehört zu den Förderern, wird er ab April in deutschen Kinos zu sehen sein. Und dann hofft Stapel, dass nicht nur das Leben der Schwulen in der DDR verstanden, sondern auch über die heutige Situation Homosexueller nachgedacht wird. ",Schwule Sau\' ist das meistgebrauchte Schimpfwort auf den Schulhöfen", sagt er, "das muss sich ändern."

Denn auch trotz Wowereit, Westerwelle, Kerkeling sei Schwulsein immer noch nicht in der Gesellschaft akzeptiert. Mit Vertretern des Thüringer Kultusministeriums habe er in Berlin beispielsweise darüber diskutiert, dass sich etwas an den Lehrplänen ändern müsse. Homosexualität im Aufklärungsunterricht sei lediglich eine Kürübung. Anders als in der DDR könnten sich Schwule jetzt zwar recht frei organisieren. Es gebe rund 1000 Schwulen Lesben- und Schwulenvereine, vielfältige Freizeitangebote von Saunen über Clubs bis zu den schwulen Philatelisten. Das nehme der Bewegung allerdings die Kraft, die sie hätte, wenn sie unter einer gemeinsamen Fahne antreten würde.