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Landeszentrum Wald will Bewirtschaftung und Holzverkäufe in Wernigerode übernehmen Stadtwald auf dem Prüfstand

Von Julia Bruns 15.10.2014, 03:13

Soll der Wernigeröder Stadtwald künftig extern bewirtschaftet werden? Mit dieser Frage haben sich die Mitglieder des Bauausschusses beschäftigt. Eine Antwort darauf fanden sie jedoch nicht.

Wernigerode l Er ist grüne Erholungsoase, Touristenattraktion und Wirtschaftsfaktor zugleich: der Wernigeröder Stadtwald. Unter der Leitung von Michael Selmikat sorgen sich Försterin Ursula Möller, drei Waldarbeiter und eine Sekretärin um 2000Hektar Wald. Das könnte sich ab dem 1.Januar2015 grundlegend ändern: Die Stadtverwaltung will einen Vertrag mit dem Landeszentrum Wald abschließen, um die Bewirtschaftung auszulagern. Darüber diskutierten die Mitglieder des Bauausschusses intensiv.

"Wir wollen die Bewirtschaftung optimieren", sagte Hauptamtsleiter Rüdiger Dorff. Um 100000 Euro pro Jahr zu sparen, werde das Personal reduziert. Einzig Michael Selmikat und Ursula Möller werden weiter im Forstamt beschäftigt, sollte der Stadtrat am 6.November der Auslagerung an das Landeszentrum zustimmen. Drei Waldarbeiter und die Schreibkraft werden in andere Abteilungen der Stadtverwaltung versetzt, gekündigt werde keinem Mitarbeiter, versicherte Rüdiger Dorff.

"Dieser Wald muss sich rechnen, und das werden wir hinkriegen", versprach Dietmar Specht, der Leiter des Landeszentrums Wald.

"Dieser Wald muss sich rechnen, und das werden wir hinkriegen."

Dietmar Specht, Landeszentrum Wald

Michael Selmikat soll nach den Plänen der Stadtverwaltung Revierleiter in Wernigerode bleiben. Unterstützen soll ihn Egbert Thiele vom Forstamt Wippra, dem zuständigen Betreuungsforstamt für den Wernigeröder Wald. "So weit ich das beurteilen kann, hat Selmikat gute Arbeit geleistet", resümierte Specht. "Aber 2000 Hektar Stadtwald sind ein hohes Maß, und wir müssen ihn von bestimmten Aufgaben befreien, damit er nicht überfrachtet wird." Sein Vorschlag: Selmikat soll ab 1. Januar die Planung, Vorbereitung und Überwachung der Holzernte übernehmen. Zudem werde er die Vergabe der Begehungsscheine für die Jagd koordinieren. Ursula Möller sei derweil für die Pflege und Wartung der Wege und Loipen zuständig.

Eine weitere Neuerung betrifft die Holzverkäufe. Sie sollen nicht mehr vom Stadtforstamt, sondern vom Landeszentrum geleitet werden. Specht zufolge analysiere sein Mitarbeiter Egbert Thiele ständig den Holzmarkt, fahre regelmäßig nach Österreich und in die Schweiz, um Informationen einzuholen. Er handele die Preise aus und lege der Verwaltung unterschriftsreife Verträge vor. "Wir liefern Ihnen die besten Angebote", versprach Specht. "Die Entscheidung, ob verkauft wird, liegt aber allein bei der Wernigeröder Verwaltung."

Andere Kommunen wie Haldensleben würden dank dieser Zuarbeit schwarze Zahlen schreiben. "Spätestens im Herbst 2015 können wir in Wernigerode über konkrete Zahlen reden", so Specht.

Die Vorlage der Verwaltung stieß im Ausschuss auf Kritik. "Sie ist zu dünn, wenn man bedenkt, was zu entscheiden ist", bemängelte Siegfried Siegel (SPD). Es gehe letztlich um Personalfragen. "Michael Selmikat wäre dann Alleinunterhalter", so Siegel. Frank Diesener (Haus Grund) würde gerne den genauen Vertrag sehen.

"Wenn die Arbeit von Herrn Selmikat wirklich so gut gewesen ist, warum reden wir überhaupt darüber, die Bewirtschaftung auszugliedern?", wollte CDU-Stadtrat Matthias Winkelmann wissen. Forstchef Michael Selmikat meldete sich während der Debatte nicht zu Wort. Volksstimme-Informationen zufolge hatte er in der Vergangenheit eine Abmahnung erhalten. "Wir haben disziplinarisch untersucht, was ihm vorgeworfen wurde und daraus unsere Schlüsse gezogen", sagte Hauptamtsleiter Dorff auf Nachfrage, ohne konkreter zu werden. Wie die Volksstimme berichtete, hatte die CDU-Fraktion dem Forstamtsleiter Schluderei beim Holzverkauf und anderen Abrechnungen vorgeworfen. Zudem ahndete die Staatsanwaltschaft einen Verstoß gegen die Hygienevorschrift mit einer Geldstrafe und stellte daraufhin das Verfahren gegen Selmikat ein. Er hatte im September 2012 einen Hirschkadaver an einen Wildhändler verkauft.

Die Debatte zur Ausgliederung der Waldbewirtschaftung beendete der Ausschussvorsitzende Vorsitzende Christian Härtel (Linke): "Es ist noch zu früh, um ein Votum abzugeben." Mehrheitlich wurde entscheiden, die Abstimmung auf die Sitzung am 3. November zu vertagen.

Am morgigen Donnerstag beschäftigt sich der Finanz-ausschuss mit der Waldbewirtschaftung. Die Sitzung beginnt um 17.30Uhr in der Ratswaage.