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Befreiung vor 70 Jahren Wo Granaten krachten wird heute gefeiert

Vor genau 70 Jahren kehrte der von Deutschland in die Welt getragene
Krieg in den Harz zurück. US-amerikanische Truppen befreiten am 17.
April 1945 Hasselfelde und am 19. April Elbingerode.

16.04.2015, 01:15

Elbingerode (gbr/bfa) l Die Apriltage gelten als Schicksalstage im Harz. Denn in jenem Monat heute vor 70 Jahren ist der von Deutschland entfachte Zweite Weltkrieg im Harz blutig und mit vielen Zerstörungen zu Ende gegangen.

Von Westen her näherten sich US-Amerikanische Truppen. Die Alliierten befreiten Harzort für Harzort. In Hasselfelde fielen in den letzten Kämpfen zahlreiche Amerikaner, auch Deutsche verloren quasi fünf Minuten vor Schluss noch ihr Leben.

In Elbingerode begann das Ende oder der neue Anfang heute vor 70 Jahren um die Mittagszeit des 17. April 1945. Erste Artilleriegranaten schlugen zu dieser Zeit im Stadtgebiet ein. Sie töteten die Geschwister Gerd, Lydia und Horst Rux. Insgesamt starben 22 Elbingeröder durch den zwei Tage andauernden Beschuss. Das 16. US-Infanterieregiment rückte aus Richtung Königshütte an.

Weitere Granaten schlugen bei diesem Beschuss im Sägewerk Hellweg und in den Holzbetrieb Matthies im Mühlental ein. Später brannten das Kaufhaus Edert, die Druckerei Eppers, die Bäckerei Klaue und das Geschäftshaus von Albert Eppers in der Pfarrstraße. Dort, wo nach 1990 oft der Festumzug bei Elbingerodes Stadtfesten entlang zieht. Insgesamt wurden am Kriegsende 15 Wohnhäuser voll und weitere 20 schwer zerstört. Zu den Opfern gehörten damals auch Hauptbrandmeister Richard Saatzen, Oberbrandmeister Karl Haupt und Löschmeister Erich Becker von der Elbingeröder Feuerwehr. Sie wollten das brennende Konsumgebäude retten und wurden von Granaten getroffen.

Am folgenden Tag, 18. April, ging der Beschuss weiter. Einwohner und verwundete Soldaten aus dem Lazarett im Mutterhaus suchten Schutz in Bunkern am Kahlenberg, in der Susenburger Straße, am alten Hauptbahnhof und im Bomshai-Stollen. Am 19. April erreichten amerikanische Kampfeinheiten gegen 7 Uhr Elbingerode und besetzten kämpfend die ganze Stadt.

Eine kampflose Übergabe wie in anderen Orten hat in Elbingerode NSDAP-Kreisleiter Detering verhindert. Er verschanzte sich nach dem Fall der Kreisstadt Wernigerode (11. April) in Elbingerode und drohte dort dem Lazarett-Chefarzt Dr. Christof Gründler sowie Bürgermeister Friedrich Hennig, die Elbingerode kampflos übergeben wollten, mit Erschießung. Detering befahl die sinnlose Verteidigung. Dem kam der 21-jährige Leutnant Helmut op de Hipt nach. Dessen Kampfgruppe, darunter versprengte Soldaten und Hitlerjungen, wurde kämpfend in Richtung Büchenberg abgedrängt, wo sie sich auflöste. Detering selbst erschoss sich bei Ankunft der Amerikaner.

Neben den Opfern durch Beschuss starben damals 177 Elbingeröder, Soldaten und Zivilisten. Diesen Opfern und 66 Soldaten, die bei den Kämpfen um Elbingerode fielen oder im Lazarett an Verletzungen starben, wurde auf dem Elbingeröder Friedhof ein Mahnmal errichtet. Es trägt die Aufschrift "Ehre den Opfern - den Lebenden Mahnung".

Wieviele Amerikaner in den Kämpfen von Elbingerode, Königshütte oder Tanne starben, ist weitgehend unbekannt. An sie erinnert in der Region wenig. An die Kämpfe in Hasselfelde erinnert ein Gedenkstein unweit vom Kurpark.