1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wernigerode
  6. >
  7. Großfeuer - Badesaison fällt ins Wasser

Flammen vernichten Techniktrakt des Wernigeröder Waldhofbads / Blitzschlag als Ursache ermittelt Großfeuer - Badesaison fällt ins Wasser

04.05.2012, 03:15

Der Techniktrakt des Wernigeröder Waldhofbads ist in der Nacht zu gestern durch einen Brand verwüstet worden. Acht Feuerwehrleute sind dabei durch austretendes Chlorgas leicht verletzt worden. Die Ursache ist ein Blitzschlag. Der Sachschaden liegt wohl im sechsstelligen Bereich.

Wernigerode l "Ich bin gegen 1.30 Uhr von einem lauten Knall wach geworden", sagt Klaus-Dieter Schulle. "Als ich aus dem Fenster schaute, sah ich dann, dass nebenan im Waldhofbad ein Dach eingestürzt war." Schulle wohnt direkt neben der Anlage, auf der in der Nacht zu gestern der Brand ausgebrochen war. "Angst um mein Haus hatte ich nicht, schließlich liegt zwischen den Flammen und meinem Grundstück noch ein Schwimmbecken", so der Wernigeröder.

Rückblende: Am Morgen gegen 0.55 Uhr hatten Beamte einer Funkstreife Rauch über dem Komplex an der Waldhofstraße bemerkt. Als die Polizisten nachschauten, entdeckten sie eine meterhohe Feuersäule, die sich durch das Dach des Versorgungstraktes fraß.

Nach dem sofort ausgelösten Großalarm eilten insgesamt 90 Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren Wernigerode, Silstedt, Reddeber, Minsleben, Benzingerode, Darlingerode und der Hauptamtlichen Wachbereitschaft Wernigerode mit elf Fahrzeugen zum Ort des Geschehens.

Laut Polizeirat Peter Pogunke bildete sich um 1.30 Uhr Chlorgas. Die Chemikalie war im Gebäude als Granulat gelagert und mit dem Löschwasser in Berührung gekommen. Der Sprecher des Halberstädter Harzreviers: "Aus diesem Grund wurde gegen 2.10 Uhr der ABC-Trupp der Feuerwehr Wernigerode eingesetzt." Kurz nur hatten dessen Spezialisten Überschreitungen der zulässigen Chlorgaswerte gemessen. Pogunke: "Es bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für die Anwohner rund um das Waldhofbad."

"Jeder hat gewusst, was zu tun ist und wen er ansprechen muss."

Volker Friedrich, Ordnungsdezernent

Gleichzeitig liefert der Pressesprecher die zu dieser Zeit vermeintlich "schlüssige" Ursache. Demnach soll ein 51-Jähriger gegen 20 Uhr in einem Technikraum seine Arbeit aufgenommen haben. Dabei setzte er einen Gasbrenner mit offener Flamme ein, den er vermutlich kurz vor Ende seiner Tätigkeit unbeaufsichtigt gelassen hatte. Nach eigenen Angaben war der Mann aus dem Bad Schandauer Ortsteil Waltersdorf (Sachsen) um 0.30 Uhr duschen gegangen. Pogunke auf Nachfrage zum schnellen Ermittlungserfolg: "Er hat sich uns gegenüber sehr kooperativ verhalten."

"Die gesamte rechte Gebäudehälfte und der Uhrenturm sind weg", bilanziert Volker Friedrich. Zudem hatte etwa ein Drittel des Quertrakts mit den Umkleidekabinen "in voller Ausdehnung gebrannt." Wernigerodes Ordnungsdezernent hat den fünfeinhalbstündigen Löscheinsatz fast die gesamte Zeit über miterlebt. Er zollt den Kameraden dafür uneingeschränktes Lob. Friedrich: "Jeder hat gewusst, was zu tun ist und wen er ansprechen muss." Besondere Anerkennung gebührt allerdings Stadtwehrleiter Frank Häusler, "der den Einsatz hervorragend geführt hat".

Acht Brandbekämpfer sind nach Aussagen des Dezernenten mit dem Chlorgranulat in Berührung gekommen. Es hatte ihnen buchstäblich "die Stiefel weggeätzt". Die Männer wurden leicht verletzt in das benachbarte Harz-Klinikum eingewiesen. Auf eigenen Wunsch sind sie allesamt am Morgen wieder entlassen worden.

"Es war nicht so brisant, wie es hätte sein können", zeigt sich Volker Friedrich erleichtert. Sechs in einem Nebenraum lagernde Chlorgasflaschen sind völlig unversehrt geblieben. Lediglich die in einem Fass gelagerten etwa 20 Kilogramm Granulat wurden durch das Wasser aktiviert.

Nach Rücksprache mit seinen Kollegen vom Bau geht der Ordnungsdezernent von einem Sachschaden in sechsstelliger Höhe aus. Bislang ist unklar, ob der durch das Feuer vernichtete Flügel des im Sommer 1937 eingeweihten und unter Denkmalschutz stehenden Waldhofbades abgerissen werden muss.

"Die Saison fällt komplett ins Wasser. Eigentlich hätte sie zu Himmelfahrt am 17. Mai beginnen sollen", sagt Ralf Schult. Auch der Leiter des städtischen Teams Badeanlagen hat in der Nacht ohnmächtig mit ansehen müssen, wie das Fachwerk ein Raub der Flammen wurde. Schult: "Die Fachfirmen haben im Moment alle Hände voll zu tun." Im Übrigen ist der bauliche Schaden nur die eine Seite. Hinzu kommen die Kosten für die vom Feuer vernichtete teure Technik. Ralf Schult: "Ein Filter kostet allein 40 000 bis 50 000 Euro."

"Wir müssen sehen, wie wir zu Geld kommen", ergänzt Volker Friedrich. Dann gilt es, unter anderem Ausschreibungsfristen einzuhalten. Zudem ist völlig offen, ob und wann die Versicherung zahlt. Wenn alles ohne Zeitverzögerung läuft, dann könnten die Arbeiten frühestens im September beginnen.

Noch am Nachmittag tasten sich Feuerwehrleute und Ursachenermittler der Kriminalpolizei durch den Schutt. Inzwischen steht auch fest, dass die an das Gelände angrenzende Holtemme nicht durch Löschwasser verunreinigt worden ist. Kreis-Umweltamtsleiterin Christine Werner war selbst vor Ort. Aus ihrer Sicht verlief die Zusammenarbeit mit Polizei und Feuerwehr ebenfalls "problemlos und gut".

Kurz nach 16 Uhr erfährt der Fall eine jähe Wendung. Laut Volker Friedrich haben die Brandursachenermittler "ziemlich eindeutig" die Elektroanlage als Ursache für das Feuer eingrenzen können. Der Ordnungsdezernent: "Sie halten einen Blitzschlag für sehr wahrscheinlich."