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Wolmirstedts Bürgermeister Martin Stichnoth (CDU) blickt auf die Zukunft der Stadt Alle Leistungen müssen auf den Prüfstand

17.01.2015, 01:00

Was Wolmirstedt im vergangenen Jahr erlebte, was derzeit bewegt und 2015 erwartet wird, darüber sprach Gudrun Billowie mit Bürgermeister Martin Stichnoth.

Herr Stichnoth, was prägte das Jahr 2014?

Ich erinnere mich gern an die Refraserv Open in der Halle der Freundschaft und es war schön, dass die Ohreclassic wieder durch Wolmirstedt gefahren ist. Die Aktionen mit dem Hochwasseraktionsbündnis liefen gut und es ist toll, dass es mit dem Deichbau genauso läuft, wie es besprochen wurde.

Die Kita-Eröffnung in Glindenberg hat mich persönlich sehr gefreut. Auch das Fest zum 20. Geburtstag des OK-Live-Ensembles mit der Wahl der Heidekönigin auf der Schlossdomäne war super. Leider hat es Wolmirstedt nicht mit einem Beitritt zum Tourismusverband gedankt.

Persönlich haben Sie sich immer die Wirtschaftsförderung auf die Fahnen geschrieben. Wie läuft es damit?

Wir arbeiten mit Hochdruck daran, neue Gewerbegebiete auszuweisen. Ein Schwerpunkt ist die Herauslösung eines Gewerbegebietes aus dem Landschaftsschutzgebiet nördlich von Mose. Damit wollen wir die Nähe zur künftigen A14 nutzen. Wie wichtig solche Entscheidungen sind, erfahren wir auch im Unternehmerbeirat.

Weiterhin behalten wir die Entwicklung der Innenstadt im Blick und vermitteln zwischen Geschäftsleuten und Vermietern.

Sie haben im vergangenen Jahr die Verträge mit zwei Vereinen gekündigt, mit dem "Stern Elbeu" und "Webers Hof". Das kam für die Vereine ziemlich überraschend. Wäre es nicht besser gewesen, vorher zu reden?

Mit den Elbeuern fand ein persönliches Gespräch im Sommer auf dem Sportplatz statt. Sie haben gedacht, danach kommt noch was. Die Vertragskündigung mit Weber´s Hof ergab sich aufgrund der nicht geleisteten Jugendarbeit. Hierzu legitimierte allein schon ein Stadtratsbeschluss.

Die Vereine dachten, es folgen Gespräche, aber die Kündigung kam...

Irgendwann müssen wir handeln. Zum einen ist das Geld nicht mehr in der Höhe vorhanden, zum anderen handelt es sich um Altverträge, welche schwer abrechenbar sind. Auch wird der Stadt durch die Aufsicht vorgegeben, klare Vertragsmodalitäten zu schaffen.

"Stern Elbeu" ist noch bis zum 31. März sicher. Der Vertrag mit Webers Hof ist ausgelaufen, ein neuer nicht zustande gekommen. Der Vorstand von Webers Hof hat die Senioren vor die Tür gesetzt. Hätten Sie als Bürgermeister nicht im Vorfeld vermitteln können?

Ich habe davon aus der Zeitung erfahren, hätte mir aber ein Gespräch mit dem Vorstand gewünscht. Seitens der Stadt wurde die finanzielle Zuwendung für die Seniorenarbeit nicht gekürzt oder gestrichen. Wenn der Verein mehr Geld braucht, muss er einen Antrag stellen. Der wäre in den Ausschüssen und im Stadtrat beraten worden.

Wie kommt die Kuh vom Eis?

Montag wird es Gespräche mit dem Ortsbürgermeister, den Ausschussvorsitzenden und dem Vorstand von Webers Hof geben.

Die Stadtkasse ist klamm. Müssen sich auch andere Vereine auf Kündigungen ihrer Verträge einstellen und wie kann das öffentliche Leben trotzdem weiterlaufen?

Jede Gemeinde lebt von und mit ihren Vereinen. Was die Höhe der Zuwendungen angeht, so müssen wir uns an dem orientieren, was der Stadthaushalt leisten kann. Gemeinsam mit dem Stadtrat werden wir sämtliche Ausgaben und Verträge im Hinblick auf die Leistungen der Stadt überprüfen. Wolmirstedt bekommt weniger Landeszuweisungen und muss eine höhere Kreisumlage zahlen. Der Stadtrat hat sich gegen Steuererhöhungen ausgesprochen. Höhere Schulden wollen wir auch nicht.

Ich setze also auf Menschen oder Unternehmen, die in der Stadt etwas machen wollen. Das "Fest der Nachbarn" der AWG war zum Beispiel ein voller Erfolg. Für 2015 planen die Feuerwehr und der gemischte Chor ihr 130- beziehungsweise 150-jähriges Jubiläum

Sie haben 2013 die Verwaltungsstruktur im Rathaus geändert. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?

Die Veränderung der Verwaltungsstruktur ist ein Prozess. Damit wurde mehr Verantwortung auf die Mitarbeiter delegiert. Das ermöglicht kurze Wege und schnellere Entscheidungen zugunsten der Bürger.

2014 sind Ausschüsse und Stadtrat beinahe jeden Monat zusammengekommen. 2015 gibt es nur noch vier Beratungsfolgen im Jahr. Fürchten Sie nicht, dass der Gesprächsfaden reißt?

Gar nicht. Die Verwaltung arbeitet mit dem Stadtrat zusammen, besonders eng mit dem Stadtratsvorsitzenden Alfons Hesse (CDU) und seinen Stellvertretern Christina Laqua (SPD) und Detlef Horstmann (Linke). Der Stadtrat hat ja nicht nur die Aufgabe, die Verwaltung zu kontrollieren, sondern soll die Entwicklung des gesamten Stadtgebietes im Blick behalten. Im vergangenen Jahr hat es 92 Sitzungen gegeben, das ist einfach nicht händelbar. Beschlussvorlagen müssen fristgerecht versandt, Sitzungen fristgerecht bekanntgemacht werden. Qualität und rechtssichere Vorlagen dürfen nicht in Frage gestellt werden.

Sollte es jedoch eine wichtige Angelegenheit geben, kann der Stadtrat jederzeit eine zusätzliche Sitzung einberufen.

Welche Entwicklung rückt demnächst in den Fokus?

Wir müssen unter anderem das Sportstättenkonzept anfassen und schauen, wie wir dieses umsetzen. Wolmirstedt hat sehr gute Sportvereine. Diese mahnen schon lange, ein Auge auf die Entwicklung unserer beiden Stadien zu legen.

Bleiben Sie dabei, die 1,1 Millionen, die im Haushalt als Rückstellungen für eventuelle Rückforderungen im Zusammenhang mit der Jahnhalle geparkt sind, wieder in den Haushalt zu führen?

Ja. Mir liegt gegenwärtig nichts vor, was mich von dieser Aussage abbringen könnte. Ich warte auf die Aussage des Landesverwaltungsamtes.

Der Hausärztemangel droht. Haben Sie Hoffnung auf Besserung?

Wir haben eine Arbeitsgruppe gegründet. Leider hat an der ersten Sitzung nur ein Arzt teilgenommen, andere sagten ab. Ich kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen, wo die Entwicklung hingeht.

In Wolmirstedt werden bald rund 100 Asylbewerber untergebracht. Was wünschen Sie sich von den Wolmirstedtern?

Eine vernünftige Willkommenskultur, Akzeptanz und Toleranz. Aber da bin ich wirklich optimistisch.

Das Stadtentwicklungskonzept ist erstellt. Wie geht es weiter?

Wir müssen gemeinsam mit dem Stadtrat schauen, auf welche Punkte wir den Fokus legen und aus den vielen Maßnahmen diejenigen heraussuchen, die wir erfolgreich und zeitnah bearbeiten können.

Sie sind sehr umtriebig, oft in anderen Gemeinden unterwegs...

Meist als Kreistagsmitglied. Es hat mich beeindruckt, mit derart vielen Stimmen in den Kreistag gewählt zu werden. Ich nehme die Aufgabe sehr ernst, im Sinne aller meiner Wähler und meiner Stadt. Der Landkreis ist in meinem Wahlkreis Träger der allgemeinbildenden Schulen, der Musikschule oder der Volkshochschule. Wir bedauern, dass das Landratsamt weggeht, aber ich stehe dafür, dass Anlaufstellen der Fachdienste Soziales, Gesundheit und Jugend erhalten bleiben. Räume werden wir finden.

Welche Vision haben Sie für Wolmirstedt?

Wolmirstedt und die Ortsteile bald mit leistungsstarkem Internet zu versorgen und die erfolgreiche Umsetzung aller gefassten Beschlüsse des Stadtrates. Und, dass alle hier lebenden Menschen ihre Stadt ein bisschen mehr lieben, achten und sauberhalten.