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Schlossgarten Zerbst Baumfällung: Unabwendbar? Nötig? Nochmals diskutieren?

Von Thomas Drechsel und Judith Kadow 22.02.2011, 10:23

Die Douglasien vor der Stadthalle wurden gestern nicht gefällt. Zerbster äußerten sich entrüstet über das Vorhaben. Bauausschussvorsitzender Helmut Seidler (FFZ) bekräftigte die Notwendigkeit, die Bäume zu fällen. Bürgermeister Helmut Behrendt verwies auf den Stadtrat: Dort sei über die Umgestaltung im Schlossgarten zu diskutieren.

Zerbst. "Wir haben uns über diese wunderschön gewachsenen Bäume schon sehr oft gefreut. Ich protestiere energisch gegen Pläne, sie zu entfernen." Rolf Siegesmund aus Zerbst findet, "im Schlossgarten wäre, "wenn man wirklich konsequent ist, die Nuthe komplett umzuverlegen. Dann wäre der Hauptzugang in die Stadthalle weg. Wer kann das wollen?"

Auch Doris Roisch aus Zerbst ist "strikt gegen diese Abholzerei. Wann hört das auf, dass im Schlossgarten alle Bäume und Wege weggebaut werden sollen?" Eine Frage, die der Bau- und Stadtentwicklungsausschussvorsitzende und SPD-Mitglied Helmut Seidler (Freie Fraktion Zerbst) sicherlich mit einem Verweis auf den Denkmalrahmenplan für den Schlossgarten beantworten würde. "Der Plan ist 2008 einstimmig vom Stadtrat verabschiedet worden. Jetzt werden die Dinge vorbereitet, die Maßnahmen werden absehbar. Dazu zählt auf jeden Fall das Beseitigen dieser beiden Dou- glasien, die irgendwann vor 60 Jahren dort hingesetzt wurden, aber nie in den Park als solchen hineingehört haben."

Zugleich erklärte Seidler auch, dass diese beiden Bäume wohl die letzten wären, die der Wiederherstellung der historischen Gestalt des Gartens im Wege stehen. "Sind sie gefällt, dann sind die Vorarbeiten für die Neutrassierung des neu anzulegenden Weges am ehemaligen Westflügel des Schlosses abgeschlossen", so Seidler. Derzeit arbeitet der Dessauer Landschaftsarchitekt Uwe Merz am Bauplan dieses Verbindungsweges zwischen Katharinaweg und Katharina-Denkmal. Der Plan muss dem Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege zur Burteilung vorgelegt werden.

Nicht nur der Weg

Seidler - und mit ihm der Bau- und Stadtentwicklungsausschuss - haben mehr vor in diesem Bereich. In diesem Jahr sollen der Plan für den neuen Verbindungsweg sowie eine Planung für die Sicherung der Orangerie-Ruine erfolgen. Mit insgesamt 180 000 Euro aus den Mitteln des Stadtsanierungsprogrammes sollen dann 2012 der Verbindungsweg neu errichtet und ausgestattet, die Umfassungsmauer der Orangerie gegen weiteren Verfall gesichert und auch die Ersatz-Brücke vom Corthums Weg her finanziert werden.

Wie der Fachausschuss hinter verschlossenen Türen am 1. Februar erfuhr, soll nicht nur die Brücke selbst neu errichtet, sondern auch der Weg von hier hinüber zum neuen Verbundungsweg ordentlich angelegt werden. 2013/14 schließlich soll die Tribüne entfernt werden. Als Ersatz sind hier bisher zwei oder drei Stufen als Rasenhang, dazwischen eine oder zwei Ebenen, vorgesehen. Die Grundmauern des ehemaligen Schloss-Mitteltraktes mit dem Corps de Logis sollten keinesfalls freigelegt werden, weil für dann tatsächlich nötige Stabilisierungsmaßnahmen keine Mittel vorhanden seien.

All dies sei, so Seidler gestern und bereits am Sonntagnachmittag gegenüber der Volksstimme, "den Mitgliedern des Bau- und Stadtentwicklungsausschusses sehr wohl bekannt. Ich finde es daher sehr merkwürdig, wenn eine aktuell bevorstehende Einzel-Maßnahme, wie es das Fällen der beiden Douglasien darstellt, durch eine Spontan-Demo verhindert wird. Besonders ärgerlich ist ja, dass Mitglieder des Fachausschusses unter den Demonstranten waren."

Dem widerspricht Stadtrat Sebastian Siebert (SPD). "Vom Fällen der Bäume war mit keiner Silbe gesprochen worden. Natürlich hätte ich Widerspruch erhoben. Aber Herr Seidler hat mal wieder konkrete Dinge im Alleingang vorbereitet. Wir mussten auf die Notbremse steigen. Ich werde das Thema am Mittwoch im Stadtrat zur Sprache bringen."

"Ob das sein muss?"

Schwer in die Bredouille geraten ist der Zerbster Bürgermeister Helmut Behrendt (FDP). "Ich habe das Protokoll der Sitzung des Bau- und Stadtentwicklungsausschusses gelesen und festgestellt, dass über das gesamte Thema Schlossgarten ausgiebig geredet wurde. Dann gab es einen Rundgang mit Frau Schilling vom Grünflächenamt und Herrn Seidler durch den Schlossgarten, wo mir alle bisherigen und die nächsten beabsichtigten Schritte erklärt wurden. Dabei ging es auch um die Douglasien. Ob das wohl sein muss, hab ich gefragt. Aber: Immerhin hat der Fachausschuss das behandelt. Also hab ich mich dem nicht widersetzt, aber ich stehe nicht mit dem Herzen dahinter", erklärte Behrendt gestern.

Am Sonntag wurde er von den Protesten und dem von Dienstag auf Montag vorgezogenen Fäll-Termin überrascht. "Ich wäre auch hingegangen und hätte mit den Leuten gesprochen, aber ich wusste nichts von dem Treffen." Um vollendete Tatsachen zu vermeiden, hat er am Sonntag gegenüber Baudezernent Andreas Fischer sein Einverständnis zur Fällung zurückgenommen und den Fäll-termin aussetzen lassen. "Jetzt gibt es nur eines: Jede Einzelheit muss beraten werden. Ich glaube, der Stadtrat hat die Sache damals, als der Plan beschlossen wurde, insgesamt zu leicht genommen."