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Landgericht Dessau-Roßlau Brandstifter aus Zerbst muss für 78 Monate in Haft

Von Andreas Behling 10.05.2011, 04:30

Ein Angeklagter aus Zerbst wurde gestern im Landgericht Dessau wegen Brandstiftung und auch wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung bestraft. Dem Antrag auf nachträgliche Sicherungsverwahrung wurde nicht entsprochen.

Dessau/Zerbst. Ob der nochmalige mehrjährige Aufenthalt im Gefängnis einem Mann aus Zerbst hilft, ein Mensch zu werden, dem die Rechtsnormen der Gesellschaft innig ans Herz wachsen? Die 8. Strafkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau beantwortete diese Frage gestern mit mehr als leichten Zweifeln. "Man fragt sich wirklich, was Sie in ihrem Leben noch vorhaben", wandte sich die Vorsitzende Richterin Siegrun Baumgarten direkt an den 33-Jährigen.

Augenblicke zuvor hatte sie ihm das Urteil verkündet. Wegen schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung wurde dem Zerbster eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren auferlegt. Mit der Entscheidung wich die Kammer sowohl von den Anträgen der Anklagebehörde als auch der Verteidigung in einem auffallenden Maß ab. Staatsanwalt Frank Pieper hatte vor allem aufgrund der erheblichen Vorstrafen zwölf Jahre Haft gefordert. Rechtsanwalt Detlef Grube, lediglich die gefährliche Körperverletzung für erwiesen sehend, hielt hingegen ein Jahr und zehn Monate Gefängnis für angemessen.

In der Begründung des Urteils meinte die Vorsitzende, dass nur wenige Punkte zu Gunsten des Angeklagten in der Waagschale landeten. Für die Tat in der Nacht vom 28. auf den 29. Oktober vorigen Jahres, als er einen im Regionalzug nach Magdeburg reisenden 31-Jährigen erst übel beschimpfte und danach mit einer Schnapsflasche schlug, müsse man ihm allerdings einen freiwilligen Rücktritt vom ursprünglich angeklagten Versuch einer schweren räuberischen Erpressung zubilligen. Zudem habe er sich zu der Attacke in einem erheblich alkoholisierten Zustand und wohl doch einigermaßen spontan entschlossen. Andererseits sei "das Maß der Einwirkung" als erheblich einzuschätzen: Das Opfer trug vom Schlag eine heftig blutende Kopfplatzwunde davon.

Schwerste Schäden rief der 33-Jährige bereits am 3. August 2010 hervor, als er seine Mietwohnung an der Haselopstraße in Brand setzte. Dass er diese Tat beging, stand zur vollen Überzeugung des Gerichts fest. Wie der Staatsanwalt sah die Kammer keinen Grund, an den Ermittlungsergebnissen der Kriminaltechnik und den Zeugenaussagen zu zweifeln. Der Angeklagte sei wegen der Kündigung durch die Bau- und Wohnungsgesellschaft mbH Zerbst frustriert gewesen und habe aus Rache gehandelt, sagte Pieper. Aus seiner Warte hielt das Alibi des Zerbsters keiner Überprüfung Stand. Es sei möglich gewesen, das Feuer zu legen und sich dann zu Fuß in die Notaufnahme des Klinikums zu begeben, fügte er hinzu.

"Als er ihnen einen Behandlungsschein und eine Quittung über zehn Euro zeigte, war das damals für die Polizisten verwunderlich. Sie hatten nämlich gar nicht danach gefragt", so der Staatsanwalt weiter. Zudem sei der Mann von Nachbarn beobachtet worden, wie er mit zwei anderen Personen Gegenstände aus der inzwischen versiegelten Wohnung trug. Später habe sich der Angeklagte damit gebrüstet, man könne ihm gar nichts, denn alle Beweise seien weggeräumt, erinnerte die Vorsitzende Richterin.

Entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft sah die Kammer im Übrigen davon ab, nach verbüßter Haft die nachträgliche Sicherungsverwahrung des Zerbsters anzuordnen. "Sie darf nur als allerletztes Mittel, wenn kein anderes Strafmaß mehr dem Schutz der Allgemeinheit dient, zum Tragen kommen. In diesem Fall wäre sie indes unverhältnismäßig", führte Richterin Baumgarten aus. Vom Zerbster gehe aktuell "keine verfestigte Gefährlichkeit" aus, stellte sie klar. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht.