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Jäger in Genthin haben Betrieb des Schießstandes wieder aufgenommen In Hüttermühle dürfen nur noch Schützen mit Waffenschein schießen

Von Anja Keßler 23.05.2011, 04:47

Die Jäger von Genthin versuchen, den Weg zurück in die Normalität zu finden. Seit Kurzem kann wieder auf dem Schießstand in Hüttermühle geschossen werden.

Hüttermühle. Es ist Anfang Mai, die Jagdsaison beginnt. Auch auf dem Schießplatz Hüttermühle kommen die Jäger, um ihre Waffen einzuschießen. An diesem Sonnabendvormittag veranstalten die Mitglieder des Ihleburger Schützenvereins ein Trapp-Pokalschießen. Der Hegering Parchen lädt zum jagdlichen Schießen. Und auch ein paar Burger Jäger sind gekommen, um ihre Waffen für die neue Saison vorzubereiten.

Einen Blick auf alles hat Peter Hertel. Seit wenigen Wochen ist der 51-jährige Genthiner der neue Schießwart in Hüttermühle. Sein Vorgänger kam bei einem Überfall Anfang März um. Ein psychisch kranker Mann aus Brandenburg hatte den Schießwart und zwei Gastschützen erschossen und sich nach einer anschließenden Flucht selbst das Leben genommen.

Die Jägerschaft in Genthin stand unter Schock. Und auch heute, gut zwei Monate nach dem Ereignis fällt es den Jägern und Sportschützen schwer, darüber zu sprechen. Hertel nennt es den Vorfall. Wenn das Gespräch in die Richtung führt, werden seine Augen leer und der kräftige Mann wirkt auf einmal kleiner. Das fröhliche Lachen verschwindet aus dem Gesicht und die Hände suchen Halt. "Ich mach es gern hier, aber die Umstände", sagt Hertel. Aber der vorherige Schießwart hätte gewollt, dass es weitergeht, ist sich Hertel sicher.

Seit vielen Jahren ist das Schießen Hertels Leidenschaft. "Ich war Jüngster in der GST", sagt Hertel. In der Jägerschaft ist er seit 2000. An den Wänden im Aufenthaltsraums des Schießstandes hängen unzählige Fotos und Urkunden, die davon zeugen, dass die Jäger aus dem Jerichower Land sowohl im Einzel- als auch im Mannschaftsschießen auf Landesebene erfolgreich sind.

"Mal sehen, wie lange es so weitergeht"

Wenn Hertel über das Schießen spricht, leuchten die Augen. Dabei ist es gar nicht der Umgang mit der Waffe, sondern der sportliche Aspekt, der ihn fasziniert. Das Ziel ins Visier zu nehmen und auf eine Holztafel in 50 oder 100 Metern zu treffen, das reizt ihn. "Es ist so schön, wenn man früh um vier der einzige im Wald ist", gerät Hertel ins Schwärmen. "Man geht fünf- mal die Woche in den Wald, dreimal sieht man was und einmal im Monat trifft man."

Sein erster Tag auf dem Stand als Schießwart sei "komisch" gewesen. Das Gefühl an den Tatort eines Verbrechens zu kommen, fällt wenigen leicht. Zunächst waren die Jäger von einem Unfall ausgegangen, als sie die drei Menschen fanden. Peter Hertel muss schlucken, als die Gedanken in die Vergangenheit gehen. Die Untersuchungen hätten keine Mängel auf dem Schießstand ergeben. Der Landkreis als zuständige Aufsichtsbehörde hat keine Auflagen erlassen.

Trotzdem hat die Jägerschaft eine einschneidende Änderung vorgenommen: In Hüttermühle dürfen nur noch Mitglieder von Jägerschaften oder Schützenvereinen, die sich mit einem Waffenschein ausweisen können, schießen. Damit ist eine Einnahmequelle weggebrochen. Feierten früher Firmen Feste und schossen Pokale aus, dürfen jetzt nur noch Schützen zur Waffe greifen. "Andere Schießstände halten sich mit dieser Einnahme von Privaten über Wasser", erklärt Hertel. In Hüttermühle bezahlen die Schützen drei bis fünf Euro. "Mal sehen, wie lange es so weitergeht", sagt Hertel, der darauf verweist, dass die Anlagen wie eine Trappmaschine mehrere Tausend Euro kosten. Der Schießwart, der hauptberuflich als Hausmeister arbeitet, ist für die Instandhaltung, Ordnung und Sicherheit des Standes verantwortlich. Im Gegenzug zahlt die Jägerschaft ein Gehalt, die Renten- und Krankenversicherung.

Hertel öffnet im Gegenzug jeden Dienstag, Donnerstag und Freitag von 15 bis 19 Uhr sowie am Sonnabend von 9 bis 13 Uhr die Anlage. Am Sonnabend kommen etwa 40 Schützen auf das Gelände. Die Waffen knallen im Stand und im Gelände. Gesprochen wird kaum. Auf den Tischen im Aufenthaltsraum liegen Wachstücher mit Reh-, Fuchs- und Waldmotiven. Auf Listen werden die Namen der Schützen eingetragen. Alles läuft normal. Zumindestt versuchen die Jäger, den Weg nach dem "Vorfall" zur Normalität zurück zu finden.