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89-Jährige stellt in der Sudenburger Feuerwache aus "Für die Kunst ist man doch nie zu alt"

Von Marco Papritz 01.03.2014, 02:24

Magdeburg l In der Galerie "Da oben" in der Feuerwache ist die Ausstellung von Jutta Tönnies feierlich eröffnet worden. Die 89-Jährige tritt den Beweis an, dass die künstlerische Verwirklichung keine Frage des Alters ist.

Donnerstagabend, Feuerwache. Einen freien Platz in der bestuhlten Galerie im Obergeschoss des Hauses sucht man vergebens. Zahlreiche Weggefährten und Mitglieder des Malkurses von Bernd Bluhm haben sich eingefunden. Um Jutta Tönnies hat sich eine Traube von Gästen gebildet, die ihr Glückwünsche überbringen. "Ich bin die alte Frau Tönnies", stellt sie sich schmunzelnd vor, ehe sie Platz nimmt und Bernd Kurt Goetz die 89-Jährige vorstellt. "Als sie geboren wurde, ist mit der Zählung der gebührenpflichtigen Rundfunkempfänger begonnen worden", so der Kabarettist. Als Jutta Tönnies sechs Jahre alt war, sei die erste Fußballweltmeisterschaft ausgespielt worden, "in diesem Jahr ist es die 20.", verdeutlicht er das Alter der Künstlerin.

Mit 63 Jahren schied Jutta Tönnies aus dem Magdeburger Opernchor aus. Gesangsunterricht hat sie unter anderem bei Erich Böhlke, der bis 1939 als Intendant und bis 1944 als Generalmusikdirektor der Städtischen Bühnen Magdeburg tätig war. Nach der Musik kam die gestaltende Kunst. "Ich musste einfach etwas machen und weiterhin kreativ tätig sein", sagt die Seniorin im Gespräch. Und: "Malen macht einfach Spaß und verbindet." 1988 unternimmt sie erste Schritte in einem Gestaltenden Malzirkel und bildet ihr Talent bei Künstler Bernd Bluhm in der Sudenburger Feuerwache weiter. Sind es zunächst realistische Motive, um den Einstieg in diese Form der Kunst zu finden und sich steigern zu können, widmet sich Jutta Tönnies heute der nicht gegenständlichen Malerei. Bernd Kurt Goetz: "Sie malt aus dem Gefühl heraus, aus der Seele." Und: "Der Pinselstrich ist voller Freiheit und voller Könnerschaft." Den Farben spricht Goetz eine vornehme Zurückhaltung zu, was beispielsweise das Bild "Faltenwurf" widerspiegelt.

Zunächst bringe sie die Farbe auf und schaue dann, wohin der Weg sie führe, beschreibt Jutta Tönnies. Bis zu dreimal pro Woche führt ihr Weg zum Malzirkel. Aktuell schränke ihr Gesundheitszustand sie ein. "Da bemerke ich erst, was mir fehlt und wie viel mir die Malerei bedeutet." Denn das Malen ermögliche ihr "viele andere Menschen kennenzulernen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. So ein Austausch ist einfach herrlich." Einfach nur zu Hause zu sitzen sei ihre Sache nicht.

"Dass sie sich während ihrer Zeit als Opernchorsängerin immer wieder auf neue Stücke einlassen musste, kommt ihr beim Malen zugute: Jutta Tönnies ist sehr offen und dankbar für jeden Hinweis", sagt Bernd Bluhm über seine älteste Schülerin. Aber sie habe auch ihre eigenen Vorstellungen, wie sie etwas umsetzt. Getreu dem Motto der Malgruppe, kein Abbild zu schaffen sondern eine eigene Sicht auf die Dinge. "Jutta Tönnies hat eine bemerkenswerte Entwicklung genommen", so Bluhm. Dienstags und donnerstags jeweils von 17 bis 19 Uhr betreut er den Zirkel. Ihr Beispiel solle auch andere animieren, so die 89-Jährige schmunzelnd: "Für die Kunst ist man doch nie zu alt."

Die Galerie "da oben" in der Halberstädter Straße 140 ist von Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Unter Telefon 60 28 09 kann sich über die Gruppe informiert werden.

www.feuerwachemd.de