1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Magdeburg
  6. >
  7. Kranke Romy muss auf eine Odyssee

Medizinische Hilfe in Magdeburg Kranke Romy muss auf eine Odyssee

Eine junge Mutter schildert ihre Odyssee, um medizinische Hilfe für ihre
am Norovirus erkrankte Tochter zu finden. Obwohl sie direkt an der
richtigen Klinik wohnt, muss sie erst durch die halbe Stadt - nur um von
dort vom Rettungswagen zurückgefahren zu werden.

Von Stefan Harter 22.12.2014, 02:11

Magdeburg l Manchmal liegt das Glück so nah und ist doch so fern. Im Fall von Katrin Klemmer wäre das Glück die schnelle Behandlung ihrer sechs Monate alten Tochter Romy gewesen, als sie vor knapp vier Wochen am Norovirus erkrankt war. Weil das für Erwachsene zwar nicht schön, aber kaum lebensbedrohlich ist, für Babys wie Romy aufgrund des Flüssigkeitsverlusts jedoch schon, wollte sie medizinische Hilfe in der direkt gegenüber ihrer Wohnung liegenden Universitätsfrauenklinik. Dort ist seit gut einem Jahr eine Station speziell für die Versorgung von unter dreijährigen Kindern untergebracht. Doch dort verwies man Romys besorgte Eltern an die zentrale Notaufnahme in der Leipziger Straße. Am Sonntagmorgen gegen 3 Uhr meinte man dort zunächst, dass es dem Kind gut gehe und schickte die junge Familie wieder nach Hause.

Nachdem Romy aber bis zum Morgen weiter gebrochen hatte, fuhren sie wieder in die Notaufnahme. Jetzt erkannte die Ärztin die Gefahr der Dehydrierung und ordnete die stationäre Aufnahme an - in der Säuglingsstation vor Katrin Klemmers Haustür. Doch um dorthin zu kommen, musste sie nun - nach der Aufnahme - auf einen Rettungswagen warten, die Fahrt im eigenen Auto ist aus Versicherungsgründen untersagt. Mit Zugang am Kopf, aber ohne Tropf mit lebensrettender Flüssigkeit wartete Katrin Klemmer mit Romy anderthalb Stunden auf den Rettungswagen.

Dann endlich auf der Station angekommen, ging die Kette kritikwürdiger Ereignisse für die beiden weiter. Als sie von den Ärzten angewiesen wurde, ihr Baby nicht mehr zu stillen, wollte sie gerne mit einer Milchpumpe die Muttermilch abpumpen. Doch im ganzen Haus war für sie keine aufzutreiben gewesen, erzählt sie. Glücklicherweise hatte sie eine eigene zu Hause. Dass die Klingel in ihrem Zimmer defekt war und sie nach der Schwester laut rufen musste und dass eine Urinprobe verschwand, setzte der ganzen Misere die Krone auf. Um ihr wimmerndes Kind in den Schlaf zu bringen, holte sie sich Romy schließlich in das für sie bereitgestellte Bett. Doch die Nachtschwester forderte sie in barschem Ton auf, das zu unterlassen. Sie wolle ihre letzten Tage noch in Freiheit verbringen, habe sie ihr gesagt. Nach 36 Stunden ohne Schlaf und in großer Sorge war das für Katrin Klemmer zu viel. "Da gehen wir nicht wieder hin. Das nächste Mal fahren wir gleich nach Olvenstedt", steht für sie fest.

Professor Gerhard Jorch, Leiter der Uni-Kinderklinik, bestätigt auf Nachfrage, dass in der Tat Notfälle insbesondere im Nacht- und Wochenenddienst am Standort Leipziger Straße aufgenommen werden, weil dort die Kinder-Notfallambulanz rund um die Uhr betrieben wird. "Wenn sich dann nach der Aufnahme herausstellt, dass das Kind am Standort Gerhart-Hauptmann-Straße besser behandelt werden kann, wird es zum geeigneten Zeitpunkt dorthin verlegt", erklärt er weiter.

Die Säuglingsstation musste umziehen, weil die Kinderchirurgie wieder in die Kinderklinik integriert wurde. Viele Patienten kamen ohnehin von der Frauenklink, sagt Jorch. Eine Versorgung von Kindern in nur einer Kinderklinik wäre denkbar, aber in naher Zukunft wohl nicht realisierbar, obwohl einiges dafür sprechen würde, so der Klinikleiter. Ob tatsächlich zu wenig Milchpumpen vorhanden waren oder die Zimmerklingel defekt war, müsste im konkreten Fall untersucht werden. "Ich bin gerne bereit, mit der Familie über die Einzelheiten zu sprechen. Sachliche Patientenkritik ist die beste und dazu noch preiswerteste Form der Beratung", sagt Jorch.